Hellseatic 2024
A Heavy Music Odyssey
Konzertbericht
Lange Zeit war es unsicher, ob das Hellseatic 2024 seine dritte Ausgabe feiert. 2021 und 2022 lockte das Festival auf dem Gelände der Wollkämmerei in Bremen-Nord nicht genug Besucher an, um wirtschaftlich zu sein. Deswegen pausierte es 2023 und kehrte mit einem neuen Konzept zurück. Vom Norden Bremens ging es mitten ins Zentrum in den Schlachthof, der fünf Minuten Laufweg vom Hauptbahnhof entfernt ist. Auf den beiden Bühnen der Location traten, mit leichten Überschneidungen, abwechselnd Bands auf – dazu gab es ein Rahmenprogramm auf dem Magazinboden, einer kleinen Bühne im Turm des Schlachthofs.
Auf dem Außengelände des Schlachthofs finden wir Merchandise, zwei Foodtrucks mit Burgern, Bratwurst und Pommes – auch vegan, aber wenig für Allergiker – und Getränke in allen Farben und Formen. Da mangelt es an nichts, nur eine niedrigprozentige Alternative zu Bier, wie Cider, gibt es nicht. Der Schlachthof ist an den beiden Tagen ins Hellseatic verwandelt und das Gesamtkonzept stimmt. Trotzdem ist auch in diesem Jahr nicht sicher, ob die Besuchermenge und der generierte Umsatz für einen Break-Even-Punkt reichen.
Die Voraussetzungen sind optimal: 28° Celsius und Sonnenschein verleiten dazu, ein Getränk mehr auf dem schmucken Außengelände einzunehmen. Doch in den Hallen spielen allerlei Vertreter der „Heavy Music“, sodass wir uns trotz Kaiserwetter mehr drinnen als draußen aufhalten.
Hellseatic – die Bands vom Freitag
Freitag startet die Hellseatic-Sause mit PENETRACTOR pünktlich zum Feierabend um 16 Uhr. Sie treten in der kleineren Halle, dem Magazinkeller auf, der eine begrenzte Publikumskapazität hat. Auch zu dieser frühen Stunde finden sich einige Headbanger ein, die dem soften Post-Hardcore der Band lauschen. Der Cleangesang überwiegt und die Stimmung ist ruhig, man genießt das erste Getränk und rockt sich warm. So kann ein Festival starten.
Die große Bühne in der Kesselhalle des Schlachthofs eröffnen MMTH. Sie spielen Instrumental Rock und kommen aus Aurich und Bremen. Die Bühne ist in rot und blau getaucht und MMTH gleichen die fehlenden Vocals mit ordentlich Atmosphäre aus. Der psychedelische Anteil verleitet dazu, sich einen legalen Joint zu drehen und nach dessen Genuss auf den Stufen der Kesselhalle zu sitzen und zu lauschen. Die leichten Shoegaze-Anteile runden den Gig ab. Da ein Beamer im Einsatz ist, hätte eine Naturdoku als Unterstützung zur entspannenden Darbietung gepasst.
Mit PARK+RIOT wird es politisch im Magazinkeller. Die Band spricht sich gegen Grenzen, Krieg und Oligarchien aller Arten aus. Das Hellseatic-Team buchte sie erst am vorigen Tag. Musikalisch fühlen sie sich im Hardcore und Punk wohl: Das Duo besteht aus einem Gitarristen und einem Schlagzeuger, die sich die Gesangsaufgaben teilen. Die Band interagiert viel mit dem Publikum und geht sogar so weit, dass sie das Schlagzeug gegen Ende mitten in den Pit verfrachten. Anschließend gibt es einen Circle Pit um das Drumkit herum, bei dem der Gitarrist mitläuft. Jetzt ist jede letzte Person aufgewärmt, was nicht nur an den Saunatemperaturen im Magazinkeller liegt.
MOOR lassen ihre Mischung aus Doom-, Death- und Black Metal langsam angehen, sodass die Kesselhalle mehr Ort der Entspannung ist und im Magazinkeller die Eskalation stattfindet. Die Hamburger bringen drei Gitarren an den Start und bauen mit ihren langen Songs eine beeindruckende Soundwand auf. Besonders auffällig ist die starke Performance von Schlagzeugerin Elinor Lüdde.
Bei AUßERWELT ist der Magazinkeller voll. Der Black Metal der Truppe trifft einen Nerv und das zurecht, denn es ist der bisher stärkste Auftritt des Tages. Neben den genreüblichen Screams verwenden die Münsteraner einen starken Cleangesang, der die langen Stücke bereichert. Immer wieder wechseln sich post-metallische ruhige Passagen mit fetten Blasts ab, sodass Haare fliegen und genug Zeit zum Ausrasten ist. Neben einem Ritt durch die bisherige Diskografie, die aus mehreren EPs besteht, stellen AUßERWELT ein neues Lied namens „Breath“ vor. Wir sind gespannt und hoffen auf ein baldiges Debütalbum.
Die Gigs von EF und AGRICULTURE fallen leider dem Abendessen zum Opfer, da dies allergiebedingt im glücklicherweise nur fünf Minuten entfernten Zuhause eingenommen wird.
Als wir zurückkommen können ULTHA, die in einem ähnlichen Genre wie AUßERWELT zuhause sind, in der Kesselhalle wenig beeindrucken. Sie spielen monotonen, intensiven Black Metal und hüllen die ganze Bühne in Nebel. Leider sind Gesang und Keyboard zu leise, sodass zwei wichtige Komponente des Sounds schwächer rüberkommen, als sie sollten. Dennoch punkten ULTHA mit starken Drums, atmosphärischen Zwischenspielen und einer guten Performance, die zum Stil der Band passt.
Bei 24/7 DIVA HEAVEN, die nach dem Ende von ULTHA bereits laufen, ist die Publikumskapazität des Magazinkellers erreicht, sodass wir von der Seite ein wenig lauschen. Die Berliner Band scheint mit ihrem Mix aus Punk und Grunge viele Anhänger und Anhängerinnen zu haben.
Den Headliner stellen am Freitag MONKEY3 aus der Schweiz. Die ebenfalls instrumentale Band findet sich zwischen Stoner- und Progressive Rock wieder und spielt zu ihren Stücken Videos auf einer mitgebrachten, runden Leinwand ab. Der Gig ist mit 90 Minuten recht lang und dank Hitze, Freitagsmüdigkeit und diversen Kaltgetränken stellt sich eine gewisse Erschöpfung ein. Die Gruppe agiert hochprofessionell und Ansagen gibt es keine. Der Gig ist sehr atmosphärisch und eignet sich gut zum Tag ausklingen lassen. Danach pilgern einige Seelen noch zur Aftershowparty in den Magazinkeller, doch für uns geht es nach Hause, ordentlich ausschlafen für Tag 2.
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