Hells Pleasure Open Air
Hells Pleasure Open Air
Konzertbericht
Von leichtem Kater geprägt starte ich also in den Festivalsamstag, eher missmutig als motiviert: Der Schädel brummt (was sich natürlich nur mit NOCH MEHR ALKOHOL bekämpfen lässt *seufz*) und es sieht verdammt nach Regen aus. Dem übrigen Publikum scheint es dabei ähnlich zu ergehen, wenn man sich einmal die Masse derer anschaut, die zusammengesunken in ihren Campingstühlen vor sich hinvegetieren. Nunja, was soll’s, einmal die äußerst schmackhafte Bratwurst, die durch den angenehmen Preis irgendwie noch besser zu schmecken scheint, einverleibt und gleich geht es schon etwas besser. Nachdem man sich beim Veranstalter einen neuen Presseausweis geben lässt, da der alte natürlich Vortags im Suff verloren gehen musste (vielen Dank für den äußerst freundlichen und reibungslosen Ablauf an dieser Stelle) kann es mit EARTH FLIGHT in Runde Zwei des HELLS PLEASURE Open Airs gehen….
Samstag, 21.07.2007
EARTH FLIGHT
Dass es für eine Band immer schwer ist den zweiten Tag eines Open Airs zu eröffnen erfahren die Nürnberger an diesem Samstag am eigenen Leib: Kaum jemand hat sich vor der Bühne vorgefunden und die Reaktionen auf die gebotene Mischung aus Heavy / Doom Metal und Hard Rock bleiben außer dem üblichen Anstandsapplaus eher verhalten. Der Sound ist dabei, überraschenderweise, relativ gut und tönt dick aus den Boxen. Und obwohl das Quintett in dieser Formation erst seit 3 Jahren zusammen musiziert erscheint es überraschend professionell und geht sehr gut mit den lauen Publikumsreaktion um. Nun gut, mein Fall war es nicht, aber EARTH FLIGHT haben, zumindest für ein paar Nasen, den Tag relativ gelungen eröffnet.
DEFLORATION
Dass die Lokalmatadoren mit ihrem Auftritt die Regenzeit einleiteten (soweit ich mich erinnern kann regnete es ab diesem Moment wirklich durchgehend) schien offenbar Fans der Band nicht im geringsten zu stören, und so begeisterte der Fünfer um Ex- IMPENDING DOOM Schreihals Uwe Rödel zwar immer noch relativ wenige Leute, wenngleich die Reaktionen wesentlich frenetischer waren als noch bei EARTH FLIGHT. Der gebotene, streckenweise an alte DEICIDE erinnernde groovige Death Metal war dabei für mich eine willkommene Ablenkung zu den eher seichteren Tönen des Openers. Besonders positiv im Gedächtnis blieb mir dabei der extrem variable Gesang. Man merkte vor Allem in dieser Hinsicht der Band ihre Erfahrung an. Insgesamt also ein den Umständen entsprechend (Es war wirklich größtenteils tote Hose vor der Bühne) guter Auftritt, der es schaffte, zumindest ein paar Leute wieder auf den Damm zu bringen, hehe.
DOOMSHINE habe ich mir dann zugegebenermaßen gespart. Es heißt allerdings dass die Schwaben trotz kleinen Gitarrenunfalls einen wirklich guten Gig abgeliefert haben sollen, und dass der gebotene Doom Metal des Debütwerks zu begeistern wusste. Die Publikumsreaktionen, die bis zu unserem Pavillon rüberschallten verstärken diesen Eindruck vermutlich.
EURE ERBEN
Das Trio EURE ERBEN, dem Einen oder Anderen vielleicht noch unter dem Namen DARKNESS bekannt, schafften es im folgenden dann leider überhaupt nicht meinen musikalischen Nerv zu treffen, und so verlasse ich schon nach guten 15 Minuten das Geschehen. Zu schwachbrüstig und aufgewärmt kommt mir der gebotene Thrash Metal aus den Boxen, da haben mir die Jungs unter alten Namen wesentlich mehr zugesagt. Den wenigen Anhängern scheint’s jedoch zu gefallen, und die Gesichter der Bandmitglieder zeugen auch keineswegs von Frustration. Und wenn beide Seiten zufrieden gestellt sind ist ja eigentlich alles in Butter, selbst wenn mir EURE ERBEN nur ein müdes Lächeln entlocken konnten…
HELRUNAR
Ich weiß, ich begehe an dieser Stelle vielleicht einen Fehler, aber ehrlich gesagt konnte ich mit den Pagan/Black Metal Mannen von HELRUNAR nie wirklich etwas anfangen. Dass eine Menge Leute dies anders sehen, und die Band sich mittlerweile eine recht große Anhängerschaft erspielt hat ist beim Betrachten der Menschenmenge offensichtlich: Bislang hat die Bühne an diesem Samstag noch nicht einen derartigen Andrang gesehen. Die Mischung aus Stücken des „Frostnacht“- Albums und auch älterer Songs kommt dabei richtig fett aus den Boxen. HELRUNAR dürfen sich also bislang zumindest was die Publikumsreaktionen und den Sound angeht als Gewinner des Samstags betrachten. So wird beispielsweise „Älter Als Das Kreuz“ von den Fans regelrecht abgefeiert, und die Band scheint ebenfalls sichtlich erfreut über das Geschehen zu sein. Wie gesagt, mein Fall ist es nicht, aber es wäre an dieser Stelle unfair, der Band ihre Qualität abzusprechen.
OPERA IX
Die Italiener gingen dann allerdings, zumindest für meinen Geschmack, überhaupt nicht. Zu schmalzig und belanglos erschien mir der keyboardlastige „Bombast“- Black Metal des Quintetts. Dass es mehreren Leuten ähnlich zu ergehen schien bewies die Tatsache, dass ich nicht der Einzige war, der sich nach einigen Minuten schon wieder aus dem Staub machte…Bei aller Liebe, aber die noch vorhandene Energie wollte ich lieber in die kommenden Bands investieren, und die hatten es in sich.
DESASTER
Über eine Band wie DESASTER brauch man eigentlich nicht viele Worte verlieren: Zigmal hab ich die Koblenzer schon gesehen, und jedes Mal reißt mich die Band aufs Neue vom Hocker. Der kultige Vierer funktioniert mittlerweile quasi von Alleine, Songs wie „Divine Blasphemies“ oder das gefeierte „Metallized Blood“ waren nur Anhaltspunkte eines gewohnt superben und energiegeladenen Auftritts, der wieder einmal die Masse wie magisch anzog und einfach Spaß machte. Es ist wirklich schwer, dieser Band live das Wasser zu reichen…
SECRETS OF THE MOON
Mit dem grandiosen „Ordinance“ starteten die Osnabrücker in ihr 50-minütiges Set und hinterließen in meinen Augen einen eher durchwachsenen Eindruck. Klar, SOTM sind einfach eine Klasse für sich, und auch live hat man sich bisher eigentlich meist immer im guten bis herausragenden Bereich bewegt. Aber heute will der Funke bei mir irgendwie nicht überspringen. Viel zu hektisch scheinen mir die Jungs um S.Golden zu Werke zu gehen, was kleine Verspieler mit sich zieht und streckenweise etwas Atmosphäre verlieren lässt. Das Hauptaugenmerk lastet beim Set dabei wieder einmal auf dem aktuellen Album „Antithesis“: Außer einem von METALLICAS „Am I Evil“ eingeleiteten „Carved in Stigmata Wounds“ Medley finden sich eigentlich nur neue Songs wieder wenn ich mich recht erinnere. Schade, denn das Vorgängerwerk ist nun wirklich nichts, wofür sich die Band schämen sollte, im Gegenteil. Über das grandiose „Seraphim Is Dead“ findet man also zum Schlusspunkt mit „Lucifer Speaks“, welche beide wesentlich besser rüberkommen als die erste Hälfte des Auftritts. Fazit: Ich habe SECRETS OF THE MOON schon wesentlich besser gesehen, was an dieser Stelle allerdings nicht heißen soll dass der Gig wirklich schlecht war. Man hatte eben streckenweise den Eindruck, dass die Band versuchte jemandem etwas zu beweisen, und das brauchen sie nun wirklich schon lange nicht mehr!
MORTUARY DRAPE
Da es sich mittlerweile komplett eingeregnet hatte, war die Lust auf die italienischen MORTUARY DRAPE zugegebenermaßen eher mäßig, und ich beschränkte mich darauf, einen kurzen Blick auf das durchgedrehte Quintett zu werfen. Eigentlich war es wirklich schade, dass durch das beschissene Wetter dieser in meine Augen wirklich sehr gute Auftritt geschmälert wurde. Zwar fanden sich immer noch relativ viele Leute vor der Bühne vor, es schien allerdings so, als ob sich die meisten Leute bereits mental auf SHINING vorbereiten wollten und so eher zaghaft auf den Death-Metal-lastigen Black Metal der 1986 gegründeten Band reagierten. Die Band schien dies allerdings nicht wirklich zu stören und zog ihr Programm ohne Rücksicht auf Verluste durch, was mit reichlich Applaus belohnt wurde. Schade, hier wäre bei besserem Wetter mehr drin gewesen.
SHINING
Dass sich der Grossteil des Publikums hauptsächlich wegen der Selbstmordinstitution aus Schweden nach Pößneck begab zeigte sich spätestens beim Soundcheck. Die (äußerst nervigen) „Nicklas“ beziehungsweise „Kvarforth“ Rufe eines offenbar noch relativ jungen Fans wurden dann endlich vom „Halmstad“ Intro übertönt („Identity“ ist ein großartiger Film im Übrigen) und es konnte mit „Vemodets Arkitektur“ in das Set gestartet werden. Dass es sich bei Kvarforth um einen regelrechten Blickfang handelt, muss wohl nicht weiter erläutert werden. Irgendwie war es schon nahezu putzig wie sich der übel zugerichtete (Die Show am Vortag muss wohl relativ blutig gewesen sein) seine Alkoholika plus Rasierklinge griffbereit auf den Bühnenrand legte, um sich jederzeit an den Utensilien laben zu können. Musikalisch gab es nichts zu meckern: Die Band war hervorragend eingespielt, und dass der Gesangsmeister auch live eine dermaßen variable Leistung erbringt, die Mark und Bein erschüttert, hätte ich so nicht für möglich gehalten. Überschattet wurde der Auftritt dann gleich bei Beginn des zweiten Songs, denn die gesamte Stromversorgung gab auf einmal ihren Geist auf, sodass sämtliche Bandmitglieder plus Zuschauer erst einmal für eine knappe halbe Stunde nebst Dauerregen im Dunkeln tappte. Sympathisch war dabei wie professionell die Band diesen Zwischenfall wegsteckte und danach wieder sofort die vorher erzeugte Atmosphäre wiederherstellen konnte. So hatte man also neben den Songs des aktuellen Album auch ein paar „Schmankerl“ der Marke „Svart Industriell Olycka“ oder „Submit To Self-Destruction“ an Bord. Kvarforth kam allmählich in Fahrt, das Blut floss schön weiter, die ersten Hälse der übrigen Bandmitglieder wurden abgeleckt und er schickte ein Stoßgebet nach dem anderen zu „Gott in den Himmel“. Alles in Allem also ein überaus erfolgreicher Auftritt, der den Regen für die Auftrittszeit vergessen machte und mit SHINING als Headliner des Open Airs das Festival absolut abrundete. Thumbs Up!
FAZIT
Das HELLS PLEASURE Open Air stellte sich im Nachhinein als kleines aber größtenteils wirklich feines Festivals heraus. Bis auf die Tatsache, dass es sehr befremdlich war trotz gezahltem Pfand seine Becher nicht mit auf den Zeltplatz mitnehmen zu dürfen lief auch in der Organisation eigentlich größtenteils alles glatt. Es wäre natürlich erfreulich, wenn das überschaubare Ambiente des Pößnecker Festivals beibehalten werden würde, sollte uns beim nächsten Ableger allerdings ein ähnlich geiles Line-Up erwarten könnte ich mir vorstellen, dass sich der Umfang noch um einiges steigert. Der Ausflug und der Stress hat sich jedenfalls definitiv gelohnt. Gerne wieder! Und wenn bei der Heimfahrt sogar die A4 halbwegs frei ist, kann man doch eigentlich nur versöhnlich zurückblicken, oder?
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