Hell over Hammaburg
Festivalbericht 2016
Konzertbericht
SKEPTICISM
Wenn es eine Zahl gibt, die die Schwere des Auftritts von SKEPTICISM zu beschreiben vermag, dann sind das 150 Kilo. So viel wiegt nämlich die Orgel von Eero Pöyry und die Stage Hands, die dieses Monster auf die Bühne schleppen durften, freuen sich wahrscheinlich heute noch über diesen nächsten Schritt zum kommenden Bandscheibenvorfall. Mit solch gewichtigen Argumenten ausgestattet ist es für die finnischen Funeral Doomer ein Leichtes (no pun intended), die richtige Atmosphäre für ihre Grabesklänge zu zaubern. Dumm nur, dass sich gefühlt die Hälfte der Festival-Besucher mehr um die vielerorts als Geheimtipp gehandelten (DOLCH) schert, die parallel im Marx transzendieren, als sich einen der ganz seltenen Live-Auftritte SKEPTICISMs zu geben. Denn der ist für alle Feinschmecker exquisiten Funeral Dooms die reinste Gaumenfreude. Trotz völliger Aussparung von „Stromcrowfleet“ in der Setlist bringen die fünf in Smokings gekleideten Herrschaften den großen Saal mit großen Melodien und noch größerer Finsternis zum Trauern. Sakral, erhaben und furchtbar niederschmetternd, so schön kann Funeral Doom auch live sein.
MG?A
Angesichts der sich überschlagenden Lobhudeleien allerorts für MG?A wäre es nicht verwunderlich, würden sie den Headliner-Slot bekleiden. Dass es „nur“ zum Co-Headliner reicht, geht aber völlig in Ordnung angesichts der Tatsache, dass die Underground-Band der Stunde schlechthin trotz vollem großen Saal (noch) nicht so mitreißt, wie es die folgende letzte Band des Festivals DEMON können. Die polnischen Senkrechtstarter, die trotz 15-jähriger Existenz erst seit dem 2012er „With Hearts Toward None“ Auftritte absolvieren, kultivieren in schwarze Gesichtsmasken und (wer hätt’s gedacht) schwarze Kapuzen gekleidet nämlich nicht nur die gepflegte äußerliche Abschottung, sondern geben sich auch in der Performance distanziert. Klar, das Musikalische steht außer Frage, ist drückend eingängig auf den Punkt wie auf Konserve und entfaltet mit der Mixtur aus Blast-Geschredder und melodiös-treibender Double-Bass-Verwüstung eine enorm hypnotische Wirkung. Dennoch wird der gute Querschnitt durch die eigene Diskographie komplett emotionslos und statisch intoniert, als spielten MG?A gegen eine unsichtbare Wand, die Band und Publikum trennt. Kann man jetzt natürlich in den Habitus einer Black-Metal-Band verfrachten aber ein wenig mehr Magie wäre auch nicht fehl am Platz.
HEMELBESTORMER
HEMELBESTORMER sind eigentlich die perfekte Rausschmeisser-Band, um das zwei Abende lang konstant hochgehaltene Energie-Level runterzufahren: langsam, heavy und man muss sich nicht auf den Text konzentrieren. Als Ersatz für die kurz vor dem HELL OVER HAMMABURG aufgelösten GRIFTEGARD gebucht, sind die rein instrumental doomenden Post Rocker aus Belgien auch visuell auffällig unterwegs: statt Worten am Mikro gibt es auf dem Backdrop Bewegtbilduntermalung als Begleitung zu den überlangen Kompositionen. Sieht zwar alles nach NEUROSIS aus und hört sich nach CULT OF LUNA an, aber zumindest gibt es sound- und spieltechnisch nichts zu meckern. HEMELBESTORMER sehen sich zu später Stund keiner überwältigenden Menge mehr gegenüber und die Resonanz aus dem Publikum geht kaum über rhythmisches im Takt nicken hinaus, das Quartett lässt sich davon aber nicht beeindrucken und zockt sein Set sicher runter. Guter wenn auch wenig aufsehenerregender Abschluss im Marx.
DEMON
War bei MG?A die Hütte noch proppevoll, findet nur gut die Hälfte den Weg zurück in den großen Saal, als der Headliner das Ende des diesjährigen HELL OVER HAMMABURG einläutet. Die parallel im Marx aufspielenden und stilistisch völlig anders getakteten HEMELBESTORMER ziehen wohl kaum Fans ab und so kann sich DEMON-Sänger Dave Hill dann auch einen kleinen Seitenhieb auf das nicht so rege Interesse an einer der altgedientesten NWOBHM-Bands nicht verkneifen, als er den Gig zeitlich auf „nach der Schlafenszeit“ verortet. Zahlenmäßig mögen DEMON ihren Anheizern also eindeutig unterlegen sein, in Punkto Intensität kann jedoch keine Band des Wochenendes den alten Recken das Wasser reichen – Sprechchöre hat hier an diesem Wochenende noch keine Band geerntet. DEMON sind die einzigen, die lauthals begrüßt, abgefeiert und auch wieder verabschiedet werden, von der Mitsing-Frequenz ganz zu schweigen. Obwohl ihr Auftritt am Samstag Abend der erste seit drei Jahren ist, zockt der Fünfer sein Set ganz cool und lässig aus dem Handgelenk, wie es sich für eine Band gehört, der nach 37 Jahren Bandgeschichte DEMON wohl keiner mehr erklären muss, wie man das Publikum zum Abgehen animiert. Mit super-klarem und kraftvollem Sound, stimmlich und an den Instrumenten top geben die alten Männer ein Best-Of ihres Katalogs zum Besten, wobei die Songs der ersten zwei Scheiben „Night Of The Demon“ und „The Unexpected Guest“ besonders euphorisch aufgenommen werden. DEMON mögen nicht zu den größten Namen im klassischen Heavy Metal gehören aber sie entpuppen sich als würdiger Headliner des vierten HELL OVER HAMMABURG und rocken den Saal in Grund und Boden. Und das ganz ohne schwarze Kapuzen.
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