Hell Over Hammaburg 2023
Der große Festivalbericht
Konzertbericht
Der zweite Tag startet deutlich entspannter als der Freitag. Jeder Besucher hat sein Festival-Bändchen und ab 14.30 Uhr öffnen sich die Tore der Markthalle. Die circa 60 Minuten bis zur ersten Band lassen sich mit einem kalten Getränk oder auch einem Kaffee gut überbrücken. Heute werden zwei Bühnen bespielt. Der Start erfolgt im großen Saal mit WHEEL aus Nordrhein-Westfalen. Das Quartett ist nicht zu verwechseln mit den gleichnamigen Prog-Metallern aus Helsinki.
WHEEL und Epic Doom eröffnen den zweiten Tag des Hell Over Hammaburg 2023
Galerie mit 13 Bildern: Wheel - Hell Over Hammaburg 2023Menschen, welche sich zum Beispiel auf dem Keep It True oder dem Headbangers Open Air herumtreiben, dürfte der Name WHEEL geläufig sein. Das Quartett ist im Billing der diesjährigen Jubiläumsausgabe des Headbangers Open Air und war auf dem Keep It True Rising zu erleben. Epische Töne zwischen Doom und Metal um Sänger Arkadius Kurek gibt es für das Publikum, welches den großen Saal am Nachmittag bereits gut frequentiert.
2021 veröffentlichten die Herren mit „Preserved In Time“ ein starkes Album. Kollege Markus Endres merkt an, dass sich im Doom gerne etwas Zeit gelassen wird. WHEEL benötigten acht Jahre für den Nachfolger von „Icarus“. Der Nachfolger von „Preserved In Time“ wird jedoch schneller verfügbar sein, verrät Gitarrist Benjamin Homberger nach dem Konzert.
Musikalisch wird es melancholisch und episch. Der Fokus des Quartetts liegt auf dem 2021er Release mit „When The Shadow Takes You Over“, „After All“, „Hero Of The Weak“ und „Aeon Of Darkness“. Die Songs haben genretypisch eine gewisse Überlänge, sodass Wheel gerade einmal sieben Tracks in ihrem 45-minütigen Set präsentieren können. Insgesamt ein sehr starker Auftritt der Band, welcher die Anhängerschaft von episch-melancholischen Klängen abholt.
KARLOFF eröffnen die Bühne im Marx
Galerie mit 9 Bildern: Karloff - Hell Over Hammaburg 2023Aus Oldenburg kommen KARLOFF, welche den Job als Opener für die kleine Bühne im Marx übernehmen. Die Dekoration mit zwei überdimensionierten Glühlampen wirft die erste Frage am Nachmittag auf. Wem soll hier ein Licht aufgehen?
Pünktlich um 16.30 Uhr geht die Musik los. Das Trio lärmt sich mit einem speziellen Black’N Roll-Style vorwärts. Viele verschiedene Einflüsse, von Punk bis Heavy Metal, kommen aus den Boxen. Im Gegensatz zu WHEEL sind die Nummern kurz und knackig mit Laufzeiten von circa drei Minuten. Etwas nervend ist die ständige Einnebelung der Bühne, welche neben der Bühne gleich den ganzen Saal vernebelt. Das 2021er Release „The Appearing“ zockt das Trio in seiner Gänze und sorgt vor der Bühne für munteres Headbangen. Nicht filigran, aber intensiv, ist die Eröffnung der zweiten Bühne im vollbesetzen Marx auf dem Hell Over Hammaburg 2023.
IMHA TARIKAT haben in ihrer Entwicklung in den vergangenen drei Jahren einen großen Sprung gemacht
Galerie mit 13 Bildern: Imha Tarikat - Hell Over Hammaburg 2023Mehr Geschwindigkeit kommt mit IMHA TARIKAT rein: Nachdem sie 2020 noch im Marx ihr zweites Album „Sternenberster“ vorgestellt haben, sind sie nun auf der Hauptbühne. Angesichts des Sprungs und der damals schon unbestrittenen Qualitäten nur folgerichtig. Nun treten sie in Konkurrenz zu KARLOFF und bereiten den Hamburger:innen damit die ärgste Überschneidung des Wochenendes. Trotzdem bekommt die Band einen warmen Empfang. Das Publikum haben sie im Gegensatz zu vor drei Jahren schon auf ihrer Seite.
Vor allem ist es so zu erklären, dass der Frontmann heute wesentlich gelöster wirkt und sich auch von technischen Problemen nicht aus der Fassung bringen lässt. Obwohl die Gitarren im Mix unterrepräsentiert sind, bekommen die Besucher:innen nicht nur einen ekstatischen Ritt durch die Diskografie, sondern darüber hinaus eine eindrucksvolle Vorstellung der beeindruckenden Entwicklung, die das Duo in den vergangenen drei Jahren genommen hat.
YXXAN verleihen dem ausverkauften Festival Underground-Atmosphäre
Galerie mit 10 Bildern: Yxxan - Hell Over Hammaburg 2023Wer die Befürchtung hat, dass das Festival nicht mehr genug nischige Bands hat, dürfte mit YXXAN besänftigt werden: Die Schwed:innen haben bislang nur zwei Demos herausgebracht, stecken also noch in der Blüte ihres Schaffens. Der Tontechniker kann diesen Vibe gut reproduzieren, denn durch den dünnen Sound und die stark verzerrten Saiteninstrumente klingt der Auftritt tatsächlich wie eine Demoaufnahme. Entsprechend rumpelig fällt der Black Metal aus, den sie spielen. Der ist durchweg solide, aber nicht unbedingt mitreißend. Doch der Funke springt nicht über, sodass die Anwesenden im Verlauf der Dreiviertelstunde immer mehr Bewegungsfreiheit gewinnen. Für die verbliebenen ist es enttäuschend, dass sie statt der angekündigten 45 Minuten nur 30 Minuten bekommen.
STYGIAN CROWN und der gerissene Gurt am Bass
Galerie mit 17 Bildern: Stygian Crown - Hell Over Hammaburg 2023Aus Los Angeles kommen STYGIAN CROWN mit Sängerin Melissa Pinion. Nach WHEEL die zweite Band, welche die Hörerschaft auf dem Hell Over Hammaburg 2023 in episch-doomige Gefilde entführt. Das selbstbetitelte Debütalbum aus dem Jahr 2020 sorgte dafür, dass STYGIAN CROWN bereits im Herbst 2022 auf dem Hammers Of Doom zu sehen waren. 45 Minuten haben Pinion und ihre Mitstreiter für ihr Set. Bei einem Albumrelease, welches eine Laufzeit von 51 Minuten hat, erklärt sich das Set fast von selbst.
Bereits während des ersten Songs reißt Jason Thomas der Gurt an seinem Bass. Das hindert Thomas aber nicht daran weiter den Bass zu bearbeiten. In der Hocke, mit dem Bass auf dem Oberschenkel, performt er weiter. In der Pause versucht er einen neuen Gurt. Der Versuch ist leider nicht erfolgreich. Thomas sitzt mit dem Bass auf dem Schlagzeugpodest und liefert seinen Part zu dem heutigen Konzert.
Da zum Auftakt des heutigen Festivaltages mit WHEEL bereits eine Epic-Doom-Band auf der Bühne stand, bietet sich der Vergleich der beiden Konzerte an. Hier unterliegen STYGIAN CROWN am heutigen Tag. Pinion und ihre Mitstreiter bringen mit Songs wie „Trampled Into The Earth“ oder „Flametongue“ nicht ganz die Magie ihres Debütalbums auf die Bühne. Da die Band erst seit fünf Jahren existiert, ist hier auf jeden Fall noch Luft nach oben. Dazu kommt der bereits geschilderte Vorfall bezüglich des Bassisten, der sich nicht an der Bühnenshow beteiligen kann. Wer auf flotte, episch-doomige Klänge steht, der sollte das Debütwerk von STYGIAN CROWN antesten und sich den Namen merken. Die Band arbeitet an dem Release des zweiten Albums.
MORNE liefern raue Töne
Galerie mit 13 Bildern: Morne - Hell Over Hammaburg 2023Aus Boston kommen MORNE und haben das Glück, sich das Publikum nicht mit einer parallelen Veranstaltung im Marx teilen zu müssen. Der große Saal ist mehr als ordentlich gefüllt, als sich das Quartett auf die Bühne begibt.
Nach Epic Doom wird es rauer und härter. MORNE liefern eine Mischung aus Sludge und Post Metal. Bereits seit fast 20 Jahren ist MORNE aktiv und hat bisher vier Studioalben veröffentlicht. „To The Night Unknown“ ist bereits fünf Jahre alt. Anschließend wurden zwei Live-Werke und eine Kompilation auf den Markt gebracht, sodass Zeit für ein neues Studiowerk wäre.
Sänger Miłosz Gassan keift mit seinem Organ kräftig von der Bühne, die Saitenarbeit ist druckvoll und bereits nach den ersten Tönen von „To the Night Unknown“ wächst das Interesse an MORNE im Publikum. „Scorn“, „Night Awaits The Dawn“ und „Shadowed Road“: Das Quartett konzentriert sich beim Set auf das 2018er Release. Da die Nummern eine gewisse Überlänge haben, schaffen es gerade einmal sechs Songs in das 50-minütige Set. Eigentlich sollten MORNE 60 Minuten spielen. Nach 50 Minuten verschwinden die Herren jedoch von der Bühne. Trotzdem haben MORNE mit ihrem Auftritt den ein oder anderen Fan neu hinzugewonnen.
Der Geheimtipp des Festivals – HEXENBRETT
Galerie mit 13 Bildern: Hexenbrett - Hell Over Hammaburg 2023Mit am meisten Spannung wird der Auftritt von HEXENBRETT erwartet. Ihr kurz nach der Pandemie erschienenes Album „Zweite Beschwörung: Ein Kind zu töten“ schlug hohe Wellen. So überrascht es nicht, dass die Bewegungsfreiheit der Arme schon eine Viertelstunde vor Beginn stark eingeschränkt ist. So haben die Besuchenden die Möglichkeit, eine an einem Rohr erhängten BABY born-Puppe zu sehen.
Schließlich kommt das Quartett zu „Sadist“ mit betont trashigen, nicht zueinander passenden Masken auf die Bühne. Und lieferte ihren angeschwärzten Heavy Metal, den sie trotz aller Theatralik ganz für sich selbst sprechen lassen. Er kommt gut an bei dem Publikum, welches das Album schon kennt. Und bevor die letzte Band spielen sollte, scheint es ganz so, als ob HEXENBRETT die besten Chancen haben, in den nächsten Jahren aus dem Marx auf die große Bühne zu wechseln, wie zuvor schon VISIGOTH, DOLCH oder CHAPEL OF DISEASE.
DESASTER glänzen mit Spielfreude
Galerie mit 22 Bildern: Desaster - Hell Over Hammaburg 2023Das Hell Over Hammaburg 2023 biegt so langsam auf die Zielgerade. Die Thrasher sind heute noch nicht auf ihre Kosten gekommen. Das ändert sich mit DESASTER, den angeschwärzten Thrash-Haudegen aus Koblenz, welche sich seit 1988 durch die Clubs lärmen.
Von der ersten Sekunde an strahlt Markus „Infernal“ Kuschke eine Spielfreude aus, als würde es kein Morgen geben. „Learn To Love The Void“ (“Churches Without Saints”, 2021) eröffnet die Sause. Die Haare fliegen vor der Bühne und spätestens mit „Devil’s Sword“ geht die schwarze Thrash-Party ab.
„Nekropolis Karthago“, „Damnatio Ad Bestias“ und „Satan’s Soldiers Syndicate“: Das Quartett legt kräftig nach und der Moshpit tobt. Das ist aber erst ein Vorgeschmack auf das, was die Herren noch im Köcher haben. Nach „Churches Without Saints“ wird aus allen Rohren gefeuert: „Hellbangers“, „Teutonic Steel“ und „In A Winter Battle“: Die ehrwürdige Markthalle wird kräftig durchgeschüttelt, hält aber auch heute den Versuch die Bude abzureißen souverän stand.
Ein DESASTER-Edel-Fan aus Schweden, Samme Johansson, begibt sich zu „Metalized Blood“ mit auf die Bühne und legt mit Guido „Sataniac“ Wissmann ein beachtliches Duett aufs Parkett. Nach „Metalized Blood“ gönnen sich die Protagonisten eine Verschnaufpause, kommen nach wenigen Sekunden aber zurück und ballern ein „Speak English Or Die“ auf die abgehende Meute. DESASTER werden völlig verdient abgefeiert und zeigen den jungen Bands, wo der angeschwärzte Thrash-Metal-Hammer hängt.
Der Lückenfüller ertränkt zwischen den Kultbands
Galerie mit 10 Bildern: Drowned - Hell Over Hammaburg 2023Den Death-Metal-Veteranen DROWNED fällt zum Abschluss des Tages die Rolle des Lückenfüllers zu: Bei den Überschneidungen mit DESASTER und HIGH SPIRITS ist es wenig verwunderlich, dass die Größe des Publikums über den Verlauf des Auftritts stark variiert. Das Trio legt bei ihrer Show aber sowieso wenig Wert auf Interaktionen: Fast keine Ansagen, stoisches vor sich hin bangen. Und das ist die beste Art diese schweren, aber jedoch nicht zähen Songs zu präsentieren. Wegen des Verzichts auf Solis klingen sie auch in Triobesetzung sehr fett. So ist der treue Fankern nach 70 Minuten nicht nur bedient, sondern auch heiß auf die neuen Songs.
„High Spirits, High Spirits“ und der musikalische Abschluss des Hell Over Hammaburg 2023
Galerie mit 24 Bildern: High Spirits - Hell Over Hammaburg 2023Während im Marx DROWNED lärmen, wird die Bühne für den heutigen Headliner präpariert. HIGH SPIRITS aus Chicago, die One-Man-Band von Chris Black, sorgt zum Ende des Festivals für gemäßigte Klänge nach MORNE, DESASTER oder HEXENBRETT. Unterstützt wird Black von Scott Hoffman und Mike Bushur an den Saiten, Bob Scott am Bass und Drummer Ian Sugierski.
Pünktlich um 22.30 Uhr geht das Licht aus und das Quintett greift zu den Instrumenten. Der Opener „When The Lights Go Down“ gefolgt von „This Is The Night“ und „Restless“ machen sofort gute Laune. Als Poser fällt vor allem Bassist Scott auf, der ständig am Bühnenrand umherläuft mit einem Plektrum im Mundwinkel, welches er immer wieder ins Publikum befördert. Ansonsten ist Black der Unterhalter und spätestens zur Mitte der Show halt es „High Spirits, High Spirits“ durch den Saal. Nach „Going Up“ zum Ende der 75-minütigen Show ist es dann soweit und Publikum und Band singen lauthals den Namen der Band und des Songs. Nach „Don’t Look Down” verlassen die Herren die Bühne, sind wenige Sekunden später für die Zugabe zurück. „Thank You“ könnte kaum passender sein. Der Dank geht an die Bands, die Mitarbeiter der Markthalle und das Orga-Team, ein großartiges Festival in der schönsten Lokation Hamburgs neigt sich dem Ende entgegen. „Night In Black“ beendet den musikalischen Part und das Konzert von HIGH SPIRITS, welches sich zu den vielen gelungenen Gigs des Festivals einreiht.
Die Menschen lassen den Abend bei einem Absacker im Foyer Revue passieren. Dann ist irgendwann nach Mitternacht das Hell Over Hammaburg 2023 Geschichte. Wer auf ein gemischtes Billing steht, auch offen für die ein oder andere Band ist, welche eventuell nicht 100% den Geschmacksnerv trifft, der sollte sich das Hell Over Hammaburg 2024 vormerken. Der 1. und 2. März 2024 ist der Termin in der Hamburger Markthalle. Die Early Bird-Tickets sind bereits vergriffen.
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