Hell Over Hammaburg 2020
Der Wind der Vergangenheit
Konzertbericht
Hell over Hammaburg – Tag 1 – Graue Häuser, flammende Herzen
Hamburg empfängt seine Besucher an diesem Tag trist und regnerisch. Charakterlose Hochhäuser flankieren den Weg vom Hauptbahnhof zur Markthalle, in der das Hell over Hammaburg stattfindet. Wären nicht die zahlreichen Farbtupfer in Form von Kutten und Bandshirts, könnte so auch die Eröffnungsszene eines dystopischen Romans aussehen. Vielleicht drückt auch die langsam steigende Corona-Panik die Stimmung. Findet das Festival überhaupt statt? Veranstalter Wolf-Rüdiger Mühlmann weist daraufhin, dass 99,9% von Deutschland nicht infiziert sind und dazu auch die Markthalle gehöre. Das Spektakel kann also steigen.
TRAVELER
Der Einlass klappt reibungslos, sodass die Halle bereits gut gefüllt ist, als TRAVELER den höllischen Reigen eröffnen. Die Opener werden wie ein Headliner empfangen. Sprechchöre rufen den Namen der Band und feuern die Jungs aus Kanada zu einer energievollen Performance an. Es sind nicht nur die Hits von TRAVELER, wie „Behind The Iron“, welche das Publikum bei Laune halten. Es ist es auch das Charisma der Band, allen voran das von Frontmann Jean-Pierre Abboud, das die Band souverän durch den ersten Slot des Festivals marschieren lässt, auch wenn nicht jeder Takt perfekt sitzt. (MT)
(DOLCH)
(DOLCH) sind eine Band, die stetig in Bewegung ist. Nach den beiden, im Untergrund euphorisch aufgenommenen, Demos, einer unterschätzen EP und dem Album „Feuer“ (2019) kann immer noch nicht vollends überblickt werden, in welche Richtung der künstlerischen Gestaltung (DOLCH) als nächstes abzweigen werden. Fakt ist jedenfalls, dass (DOLCH) immer besser und individueller werden. Dennoch verbleibt genügend Platz in der Setlist für die starken und einprägsamen Songs der Demos, wir denken insbesondere an „Bahrelied“, „Licht“ und „Das Auge“.
Die mit Kuttenträgern bevölkerte Markthalle honoriert nach TRAVELER diese eigenständige Geschlossenheit mit einer ebenso vollen aber weniger lauten Anwesenheit. Stärker könnte der Kontrast zum Opener jedenfalls kaum sein, denn das Fundament von (DOLCH) bleiben repetitive Rhythmen, mystischer Gesang und eine zentnerschwere Atmosphäre. Katharsis! (SW)
JOSEPH THOLL
Nachdem die Düsternis von (DOLCH) aus der Halle gewichen ist, betritt mit JOSEPH THOLL ein Musiker die Bühne, der ins Licht strebt. Der Frontmann von VOJD ist bekannt für seine mitreißenden Vocals. In seiner Hauptband verleiht er dem klassischen Heavy Metal dadurch eine leidenschaftliche Note, mit seinem Solo-Projekt gibt er sich deutlich direkter emotionalem Hard Rock hin. Dass der Gesang aber auch nicht immer perfekt ist, tut dem Charisma von JOSEPH THOLL keinen Abbruch. Das immer noch zahlreich vertretende Publikum, folgt den musikalischen Ausführungen des Schweden. Auch wenn das Solo-Material noch keine ganze Spielzeit zu füllen vermag, ist die Show nicht nur kurzweilig und unterhaltsam, sondern ein wohltuender musikalischer Farbtupfer. (MT)
VEMOD
Das Hell over Hammaburg scherrt sich wenig um einen dramaturgischen Ablauf im Lineup. „Der Mühlmann macht halt was er will“ bemerkt ein Konzertbesucher lakonisch. Was wären (DOLCH) für ein grandioses Intro für VEMOD gewesen. Geschenkt! Denn VEMOD bedürfen keines spezifischen Ablaufs, um ihre Kunstfertigkeit auszuspielen. Die Norweger sind, ebenso wie (DOLCH) Meister der Atmosphäre, bedienen sich dafür aber anderer Stilmittel. VEMOD nehmen sich Zeit ihren Sound aufzubauen, steigern sich post-rockig-kaskadierend, treiben unermüdlich zum Höhepunkt und lassen dabei Stunden zu Minuten werden. Es gibt kaum eine Band des Genres, die Black Metal und Post-Black Metal authentischer und stilsicherer verschmelzen lässt. Ein starker Auftritt einer der spannendsten Bands der letzten Dekade, der sich auch durch die hohe Leistungsdichte bei den Musiker auszeichnet. (SW)
ARGUS
Dass eine Band wie ARGUS zwischen VEMOD und NIFELHEIM auftritt, wäre vor fünfzehn Jahren noch undenkbar gewesen. Heutzutage liegt dies aber nicht nur im Bereich das Möglichen, sondern trifft auch den Nerv des Publikums. Zwar hat sich die Halle während des Auftritts der Norweger ein bisschen geleert, aber im wesentlichen sind es die gleichen Nasen, die auch den Jungs aus Pennsylvania um Sänger Butch Balich lauschen. Den epischen Heavy Metal mit einem Schuss Doom feiert schließlich auch fast die gesamte Halle ab. Die Stunde Spielzeit füllen ARGUS mühelos mit ihren Hits, darunter auch Klassiker wie „The Damnation of John Faustus“ und „Durendal“, die von den Fans frenetisch abgefeiert werden. Insgesamt ist ein Großteil der Halle äußerst textsicher und zeigt sich dankbar über den mitreißenden Auftritt der Band. (MT)
NIFELHEIM
NIFELHEIM nennt sich der gotteslästernde Headliner des ersten Abends. Optisch eine Mischung aus RUNNING WILD, MANOWAR und BATHORY – allesamt in den stilprägenden Phasen Anfang der 80er – fahren die Altmeister nicht nur musikalisch groß auf. Nieten überall, sogar an Stellen, wo sonst keine Sonne scheint. Diese wilde Horde Uruk-Hai ist nicht zum Spaß nach Hamburg gereist und verbreitet kübelweise schwärzesten Black Metal mit mehr als nur Old-School-Feeling. Die Hobbits fressen wir später.
NIFELHEIM SIND Old-School, denn die Herren sind seit 30 Jahren mit dieser Musik unterwegs und müssen sich vor Hipstern, Southern-Rockern und Dolchen nicht fürchten. Wer, wie ein anonym bleiben wollender Konzertbesucher, von Poser Metal spricht muss seine schwarzmetallischen Hausaufgaben machen, nachsitzen und zwei Liter Kunstblut saufen. Purer Kult! (SW)
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