Kaugummi ist mega Tour 2023
Heavysaurus
Konzertbericht
Der Nacken schmerzt leicht, die Füße sind angenehm plattgestanden, in der Lederjacke hängt Hallenmief. Ein Pulk langhaariger Typen mit grau mellierten Bärten zieht an mir vorbei.
Zugegeben, die Ohren klingeln nicht und ich bin stocknüchtern, aber ansonsten kann ich das, was ich hier erlebe, als solides Post-Konzert-Feeling bezeichnen. Ich schreite durch die Türe des LCB nach draußen – in, äh, das gleißend helle Licht eines leicht verregneten Sonntagmittags in der Fußgängerzone von Wuppertal Barmen. Die Zweijährige schickt sich an, auf meinem Arm ein Nickerchen zu machen, der Fünfjährige ist völlig aus dem Häuschen, zeigt Passanten unaufgefordert sein neu erworbenes Bandshirt und verkündet, dass er jetzt „für immer jeden Tag auf ein Konzert gehen“ will. Was ist hier los?!
Galerie mit 14 Bildern: Heavysaurus - Kaugummi ist Mega Tour 2023 in Wuppertal
Kaugummi ist mega!
Na, die Dinos wurden freigelassen! HEAVYSAURUS haben im Bergischen Land Einzug gehalten und den ausverkaufen Live Club Barmen ordentlich zum Beben gebracht.
Abgesehen von der Startzeit um 13:30 Uhr unterscheidet den Gig auf den ersten Blick nicht viel von einem durchschnittlichen Metal-Konzert. Lederjacken, Bandshirts, ausgelassene Stimmung – wären da nicht zahllose Kinder zwischen zwei und zehn Jahren, die sich, mal wild, mal sichtlich verunsichert durch die Menge schlängeln. HEAVYSAURUS sind der deutsche Ableger eines gleichnamigen finnischen Bandprojektes und haben es sich zum Ziel gesetzt, kindgerechten Metal auf die Bühne zu stellen – oder, wie Front-Dino MR. HEAVYSAURUS es ausdrückt: „…dafür zu sorgen, dass eure Kinder später nicht Helene Fischer hören, denn das wäre schrecklich!“ MUFFI PUFFI (Bass), KOMPPI MOMPPI (Schlagzeug), RIFFI RAFFI (Gitarre), MILLI PILLI (Keyboards) und MR. HEAVYSAURUS (Gesang) erfüllen ihre Mission mit großem Erfolg, denn Shirts vorheriger Touren und die Textsicherheit der Kleinen lassen keinen Zweifel, dass der wild kostümierte Fünfer bei Zielgruppe und Eltern bestens ankommt. Auf der „Kaugummi Ist Mega“-Tour wird dann auch gleich der aktuelle Silberling „Retter Der Welt“ gefeiert – wenngleich die Fans die Songs vermutlich vorwiegend per Spotify oder Toniebox hören.
Elternverbot im Moshpit
Zugegeben, im Vorfeld plagten mich durchaus helikopterige Sorgen: Schafft die Band es, einen Fünfjährigen für ganze 70 Minuten zu fesseln? Brauchen wir einen Babysitter für die kleine Schwester, oder kann die mit? Wie sollen die Kinder in einem Raum voller Erwachsener die Bühne sehen? Und ist das nicht viel zu laut? Viel zu unübersichtlich?
Doch beim Betreten der Halle ist schnell klar: HEAVYSAURUS machen nicht einfach eingängigen Heavy- bis Powermetal mit knuffigen Texten über Süßigkeiten, gespickt mit ein paar kindgerecht umgedichteten Coverversionen. Sie schaffen vielmehr, ein echtes Konzert für Kinder zu spielen, mit Allem, was dazu gehört! Da, wo die Eltern sonst im Moshpit stehen, gibt es hier den Kinderbereich und dort ist Elternverbot angesagt. Das garantiert freie Sicht auf die Bühne und Platz zum Wackeln. Gleichzeitig ist so genügend Raum, dass jüngere oder schüchterne Kinder am Rand der Zone bei ihren Eltern stehen oder den Auftritt auf volljährigen Schultern verfolgen können. Von Getränkeverkauf bis Security machen alle einen großartigen Job, feuern zurückhaltende Kinder an, sich ohne Elternteil vor die Bühne zu trauen, kümmern sich geduldigst um Mini-Metaller, die ihre Mama nicht mehr finden – und um langhaarige Zweimetertypen, die total nervös sind, ob sie den Ole jetzt da vorne echt ganz allein lassen können.
Ein echtes Feuerwerk
Mit dem Eröffnungskracher „Kaugummi it mega“ geht dann sofort sie Post ab. Viele Kinder kennen den Text und sind offenkundig nicht zum ersten Mal dabei. Nicht wenige starren aber auch zunächst völlig fasziniert die opulenten Dino-Kostüme der Band an. (Helikoptersorge abgehakt: Nein, nicht gruselig, sondern so mega, wie Kaugummi!) Es soll – in Abweichung zu sonstigen Konzertberichten – gar nicht alles, sondern nur so viel verraten werden: HEAVYSAURUS holen die kurze Horde mit Hingabe und Kreativität ab. Von Feuerwerk, über fliegende Bonbons zu riesigen Luftballons wird geliefert, was Vor- und Grundschulherzen höher schlagen lässt. Die vergleichsweise kurzen Songs und humorvollen Ansagen dazwischen bedienen die Aufmerksamkeitsspanne der Zielgruppe ebenso, wie das Gemüt der Eltern, denn auch „Team Erziehungsberechtigt“ wird bestens unterhalten. Was den Nachmittag mit den Dinos aber wirklich besonders macht, ist, dass sie ihrer eigentlichen Mission gerecht werden. Sie begeistern die Kinder an erster Stelle für ihre Musik, ohne aufgesetzt „hart“ oder krampfig zu wirken und das dürfte daran liegen, dass in den Kostümen am Ende eben Musiker stecken, die tun, was sie können und lieben. Also ja, die Band schafft es, 70 Minuten packendes Programm zu liefern, und ja, auch die kleine Schwester ist begeistert und traut sich am Ende zum Tanzen zu ihrem Bruder nach ganz vorne.
Und so kommt es, dass ich 20 Minuten nach der letzten Zugabe irritiert in den hellen Frühjahrsmittag stapfe. Dass es „nur“ ein Kinderkonzert war und der Rest vom Tag noch vor uns liegt, hätte ich fast vergessen. Das Konzert mit HEAVYSAURUS wird uns indes noch lange im Gedächtnis bleiben und ich bin mir ziemlich sicher, dass wir nicht zum letzten Mal live mit den Dinos gefeiert haben.
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Da der Spruch ja in Deutschland vorbelastet ist, sage ich mal „to each his own“. Klar, man sollte Metal nicht zu ernst nehmen, sage ich ja selber immer wieder, aber.. nun ja. Ist ja nicht verboten und gegen harmlosen Spaß kann man eigentlich nichts haben.