Heaven Shall Burn und Trivium
live in Düsseldorf
Konzertbericht
Das letzte Release von HEAVEN SHALL BURN „Of Truth And Sacrifice“ erschien am 20. März 2020 und damit zu einem ausgewählt schlechten Zeitpunkt. Ihre angemessenen Live-Premieren konnten viele Songs des ambitionierten Doppelalbums aus bekannten Gründen bisher nicht feiern. Doch die Saalfelder haben ihre Wut konserviert, ihre alten Wegbegleiter von TRIVIUM über den Ozean geholt und mit OBITUARY eine kaum zu überschätzende Todesstahl-Legende sowie mit MALEVOLENCE einen Haufen Junger Wilder der Stunde als Support gewinnen können. Ein fetteres Package kann man sich für die triumphale Rückkehr in die Hallen wohl kaum wünschen.
All eyes on MALEVOLENCE
In der Düsseldorfer Mitsubishi Electric Halle geht es an diesem Freitagabend bereits um kurz nach sechs Uhr am Abend rund – keine ganz dankbare Aufgabe für die Sheffielder Sludge-Metal-Dampfhämmer von MALEVOLENCE, die den Opener machen. Doch da Angriff ja bekanntlich die beste Verteidigung ist, fordert Shouter Alex Taylor direkt mal den größten Circle Pit des Abends – und wird mit einem durchaus eindrucksvollen Ergebnis belohnt. Das aktuelle Album der Jungs „Malicious Intent“ tauchte 2022 völlig zurecht in so mancher Metal-Bestenliste auf, und Power, Groove, aber auch die melodischen Momente funktionieren live ganz hervorragend. Zu Konan Halls Reibeisenstimme in bester CROWBAR-Manier flammen an diesem Abend sogar eine ganze Menge Feuerzeuge auf. Trotz kurzer Setlänge von nur 30 Minuten dürften MALEVOLENCE an diesem Abend auch den einen oder anderen TRIVIUM-, HSB-, oder OBITUARY-Fan für sich eingenommen haben. Diese Band hat gerade ein Momentum und scheint wirklich das allerbeste daraus zu machen.
Setlist MALEVOLENCE:
01. Malicious Intent
02. Life Sentence
03. Self Supremacy
04. Still Waters Run Deep
05. Higher Place
06. Keep Your Distance
07. On Broken Glass
Kurze Pause, kurzer Merch-Check, kurzes Stirnrunzeln, weil HEAVEN SHALL BURN ihre Shirts für 30, TRIVIUM jedoch für satte 40 Euro verkaufen. Über die Hintergründe für diese Merch-Politik lässt sich nur mutmaßen, aber auf einer Co-Headliner-Tour macht so etwas zumindest keinen sonderlich guten Eindruck.
OBITUARY mit einer Club-Show in der großen Halle
In der Halle wird derweil an ein Batman erinnernder Schriftzug an einen der Vorhänge projiziert. OBITUARY werden gerufen, OBITUARY kommen. Die Death-Metal-Legenden aus Florida spielen eine Club-Show, aber vor einer nahezu ausverkauften Mehrzweckhalle. Das ist anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, dann aber sehr charmant. Es gibt keine nennenswerten Ansagen. Zwischen den Songs nur halblautes Geflachse der Bandmitglieder, die mit eineinhalb Metern Abstand zu den Mikros ihre Biere ansetzen. Dann eine gekeifter Halbsatz und weiter geht es mit der nächsten Südstaaten-Walze. Besonders beeindruckend: Donald Tardy, der oben ohne, aber mit der legendären OBITUARY-Camouflage-Cap auf dem langhaarigen Haupt die Becken und Felle verdrischt, als sei „Slowly We Rot“ gerade frisch erschienen. Klar, OBITUARY liefern keine Breakdowns und kein Material für die nächste „Wall Of Death“ – dafür aber das musikhistorische Fundament, auf dem alle anderen beteiligten Bands dieses Abends zumindest mit dem einen oder anderen Zeh stehen.
Setlist OBITUARY:
01. Redneck Stomp
02. Sentence Day
03. A Lesson In Vengeance
04. Visions In My Head
05. Circle Of The Tyrants
06. The Wrong Time
07. I’m In Pain
08. Dying Of Everything
09. Don’t Care
Farbenfroh, on point, TRIVIUM
Die folgende Umbaupause ist etwas länger und hinter dem Vorhang scheint einiges im Gange. Wenig später werden die Lichter zu den laut mitgegrölten Tonfolgen von IRON MAIDENs „Run To The Hills“ gedimmt. Auf dem Höhepunkt der Spannung heißen TRIVIUM das Publikum schließlich mit dem Einstiegsriff von „Rain“ willkommen. Matt Heafys Hemd ist genau so bunt wie das in üppigster Shogun-Ikonografie gehaltene Bühnenbild. Alex Bent trommelt sogar in einer eigenen Pagode. Vor allem aber haben TRIVIUM einen eindrucksvollen Backkatolog mitgebracht und jede Menge Bock, diesen endlich wieder live vor europäischem Publikum zu präsentieren. Das Nebeneinander von ausufernden und durchaus technischen Thrash-Epen wie „Amongst The Shadows & The Stones“ oder „The Sin And The Sentence“ und eingängigen Hymnen wie „Strife“, „Down From The Sky“ oder „The Heart From Your Hate“ ist live ein besonderer Trumpf von TRIVIUM und sorgt für eine ungeheuer dynamische Show. Das allein würde aber natürlich nicht reichen, wenn hier nicht an allen Positionen absolute Ausnahmemusiker am Werk wären, die ihre Saitenduelle und Trommelorgien mit einer schlafwandlerischen Sicherheit und trotz höchster Bewegungsintensität vortragen würden.
Klar, man möchte nicht genau wissen, wie vielen Crowds Matt Heafy erzählt, sie seien die beste der laufenden Tour. Dafür kann der sehnige Fronter die Ansagen mittlerweile fast komplett auf Deutsch bestreiten, was ordentlich Sympathiepunkte einbringt. Ebenso wie die nun seit zwei Jahrzehnten andauernde Bandfreundschaft mit HEAVEN SHALL BURN, die TRIVIUM mit dem Old-School-Banger „Pillars Of Serpents“ zelebrieren (anlässlich der Tour wiederum von HEAVEN SHALL BURN gecovert und auf einer gemeinsam Split-EP veröffentlicht). Am Ende hätte man TRIVIUM vielleicht sogar noch länger zugehört, aber ein Grollen in der Ferne kündet von schwerem Geschütz, das da heranrollt …
Setlist TRIVIUM:
01. Rain
02. Forsake Not The Dream
03. Strife
04. Amongst The Shadows & The Stones
05. Pillars Of Serpents
06. Down From The Sky
07. The Sin And The Sentence
08. No Way Back Just Through
09. To The Rats
10. Heart From Your Hate
11. In Waves
12. Pull Harder On The Strings Of Your Martyr
Ein Grollen in der Ferne
HEAVEN SHALL BURN lassen erst gar keine Umbaupausenmusik laufen. Stattdessen wabert 25 Minuten ein fiebriger Bass hinter einem gewaltigen Vorhang, auf dem ein martialischer Panzerkreuzer abgebildet ist. HSB ist Krieg, oder so.
Die Thüringer starten eher ungewöhnlich mit dem episch walzenden „My Heart And The Ocean“, untermalt von eindringlichen Sea-Shepherd-Visuals. Für alle, die es kompromissloser mögen, folgt „Bring The War Home“ auf dem Fuß. Marcus Bischoff hat seit Corona die Haare schön (lang), aber das Hemd ist blutrot und bald schweißnass, wie eh und je. Sehr bald ist es, als wären sie nie weggewesen. Wenn da nicht die eine oder andere doch sehr emotionale Ansage wäre, oder erneut Matt Heafy, der die Bühne (mit einer offenbar von Alexander Dietz geborgten Zweitgitarre) betritt, um gemeinsam mit HEAVEN SHALL BURN den Titeltrack eines seiner, laut eigener Aussage, Lieblingsalben „Whatever It May Take“ zu performen. Irgendwie ist das alles besonders, aber irgendwie auch wie immer – im absolut positivsten Sinne. HEAVEN SHALL BURN waren lange weg, aber sie kommen mit der größten Solo-Headlinershow ihrer Karriere zurück.
In der Halle ist sowieso ab Sekunde eins die Hölle los. „Endzeit“ löst eine „Wall Of Death“ in der ersten Welle aus, die selbst für HSB kein Alltagsgeschäft ist. Aber auch vorher gibt es bei Songs wie „Voice Of The Voiceless“ und „Behind A Wall Of Silence“ absolut keine Verschnaufpause zwischen Circle Pits und der nächsten Pyro-Hookline. Kurz vor Ende des Sets tritt traditionell Maik Weichert als politisches und intellektuelles Herz der Band ein einziges Mal ans Mikro, um Danke zu sagen und zu Wachsamkeit aufzurufen. Die Message: Wer seinen inneren Wertekompass pflegt, wird sehr schnell merken, dass imperialistische Angriffskriege, Faschismus und Dörfer für Konzernprofite abbaggern nicht cool und absolut bekämpfenswert sind. Seid gute Menschen.
Und dann ist da noch Nele. Marcus Bischoff entdeckt das kleine Mädchen kurz vor dem Closer „Tirpitz“ zusammen mit ihrem Vater in der ersten Reihe und holt sie auf die Bühne, wo sie die letzten Minuten des Sets die blonden Haare kreisen lässt wie die restliche verschwitzte Männerbande auf der Bühne auch. Bischoff und Nele im abschließenden Funkenregen ist was fürs Herz. The kids are alright und HEAVEN SHALL BURN sind es auch.
Setlist HEAVEN SHALL BURN:
01. My Heart And The Ocean
02. Bring The War Home
03. Übermacht
04. Voice Of The Voiceless
05. Hunters Will Be Hunted
06. Whatever It May Take
07. March Of Retribution
08. Thoughts And Prayers
09. Behind A Wall Of Silence
10. Profane Believers
11. Black Tears
12. Awoken – Endzeit
13. Numbing The Pain
14. Tirpitz
Interessante Alben finden
Auf der Suche nach neuer Mucke? Durchsuche unser Review-Archiv mit aktuell 37234 Reviews und lass Dich inspirieren!
Heaven Shall Burn, Trivium, Obituary und Malevolence auf Tour
21.11.24 | While She Sleeps - Live 2024While She Sleeps, Malevolence, Resolve und ThrownLKA Longhorn, Stuttgart |
22.11.24 | While She Sleeps - Live 2024While She Sleeps, Malevolence, Resolve und ThrownBatschkapp, Frankfurt/Main |
22.11.24 | Sepultura - European Farewell Tour 2024Sepultura, Jinjer, Obituary und Jesus PieceColumbiahalle, Berlin |
Alle Konzerte von Heaven Shall Burn, Trivium, Obituary und Malevolence anzeigen » |
Kommentare
Sag Deine Meinung!