Headbangers Open Air 2024
Der große Festivalbericht

Das Wetter hat sich in der Nacht verändert. Schon nach dem Gig von SODOM tröpfelte es vom Himmel. Bis circa 12 Uhr regnet es immer wieder. Fast zur eigentlichen Anfangszeit der Livemusik zeigt sich aber die Sonne. Dafür gibt es ein Problem mit IRON CURTAIN. Der Flug aus Spanien nach Hamburg ist kurzfristig ausgefallen. Die alternative Route geht über Köln und mit dem KFZ über Nacht nach Hamburg. IRON CURTAIN werden am Samstag um 10.45 Uhr spielen. Der Auftakt obliegt somit der polnischen Band HELLHAIM.

HELLHAIM (13:05 Uhr)

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Das Schöne an kleinen Festivals ist, dass sich nahezu unbekannte Bands mit einem beherzten Gig Fans erspielen können. Die Gunst der Stunde nutzen HELLHAIM mit einem Speed und Heavy-Metal-Mix. Wer zum Beispiel STALLION kennt und sich das Gebräu als dunkle Variante mit einer leichten VENOM-Attitüde vorstellt, der ist bei HELLHAIM. Bereits die Dekoration zieht die Blicke auf sich. Diverse Totenschädel sind auf der Bühne zu sehen, unter anderem rund um die Drums.

Was die Herren dann auf die Bretter legen, ist aller Ehren wert. Die Truppe liefert eine unglaubliche Energie, die sich auf die Fans vor der Bühne überträgt. Es wird gemosht am frühen Mittag und die Haare fliegen. Immer mehr Menschen kommen zur Bühne und sehen sich HELLHAIM an. Die Truppe wäre auch was für eine Tour durch kleine Clubs, wo die Intensität zwischen Fans und Band noch stärker zum Vorschein kommt. Was für ein Start in den zweiten offiziellen Festivaltag.

ROADHOG (14:15 Uhr)

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Ebenfalls aus Polen kommen ROADHOG, die musikalisch einen hervorragenden Gig liefern. Es geht um klassisches Metall, weniger schnell und weniger energetisch. Bereits drei Longplayer haben die Herren in ihrer 12-jährigen Karriere veröffentlicht. Das aktuelle Werk nennt sich „Gates To Madness“ und stammt aus dem Jahr 2022.

Bei dem Sound kommen einem Bands wie SCANNER oder AMBUSH in den Sinn. Gut nach vorne gehendes Songmaterial und eine solide Show gibt es auf die Ohren und Augen. Insgesamt bleiben ROADHOG aber im Schatten von HELLHAIM. Daran ändert auch die Unterstützung von HELLHAIM-Sänger Mateusz Drzewicz bei einem Lied nichts. Die Label-Kollegen haben die Messlatte mit ihrem Auftritt ganz weit nach oben gelegt. Eventuell hätten die beiden Bands ihren Slot tauschen sollen.

SPELL (15:25 Uhr)

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Vor dem Beginn des Gigs zünden die Protagonisten zwei Bunde Räucherstäbchen an. Es kündigen sich andere Klänge an als bei den beiden polnischen Bands. Eine düstere Attitüde in Richtung Gothic, dazu schräge Klänge zwischen Heavy Metal, Hard Rock, Doom und Gothic. SPELL sind speziell und gewöhnungsbedürftig mit elektronischen Einspielungen und den hohen Vocals. Der Funke will nicht so auf das Publikum überspringen, wie bei den beiden Bands davor. Die Magie ihres Albums „Tragic Magic“ können die Herren auf der Bühne nicht rüberbringen.

ARKHAM WITCH (16:40 Uhr)

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Manche Bands passen speziell zu einem Festival und kommen immer gerne wieder. ARKHAM WITCH aus UK übernehmen den freien Slot von IRON CURTAIN am heutigen Tag und fühlen sich auf der Bühne und dem Festivalgelände heimisch. Sänger Simon ist im Laufe des Tages bei fast allen Bands vor der Bühne anzutreffen. Auch sein eigener Gig gehört zu den Highlights. Irgendwo zwischen BLACK SABBATH, CIRITH UNGOL und WITCHFINDER GENERAL knurren sich die Engländer durch ihr Set. Der Bass ist dominant, aber nicht so, dass er die Vocals stört. Das Material ist eckig und kantig, aber ähnlich wie bei CIRITH UNGOL lässt sich der rote Faden immer wieder finden.

Dann noch die Bühnendekoration: Skelette hatten wir heute noch nicht. Die sitzen an zwei Monitoren. Passend zur Musik kommt Sänger Simon mit einem SMOULDER-Shirt auf die Bühne. Die Eigenwilligkeit der Kanadier haben auch ARKHAM WITCH, ohne dass sie sich in einen rauschhaften Zustand singen und headbangen. Dass die Damen und Herren eine Vorliebe für die englischen Band THE LAMP OF THOTH haben, dokumentieren die Musiker mit „I Love The Lamp“. Es ist Haare schütteln angesagt und vor der Bühne wird es mächtig eng. Der Hit der Band ist „Death By Heavy Metal“, der textsicher von den Fans mitgesungen wird. Wenn die verspätete Anreise von IRON CURTAIN etwas gutes hat, dann der deutlich spätere Slot für ARKHAM WITCH. Die Truppe hat sich heute in die Herzen der Menschen auf dem Headbangers Open Air 2024 gespielt.

TRÖJAN (17:55 Uhr)

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Auf dem Keep It True 2023 legten die TRÖJAN einen beindruckenden Auftritt auf die Bühne und sorgten für Begeisterung. Was die Urgesteine der NWoBHM aber heute auf die Bretter legen, lässt vielen Menschen im Publikum die Kinnlade runterklappen. Sänger Graeme Wyatt röhrt, als wäre er in einen Jungbrunnen gefallen. Die alten Schinken von der „Chasing The Storm“ wie „Tonight We’ve Got It Made“, „Hot ’n‘ Ready“ oder „Take No Prisoners“ holt die Old-School-Fans ab und die grauen Mähnen erfreuen sich beim Fliegen in luftigen Höhen. Doch damit nicht genug. Der Gig auf dem KIT hat die Herren zum Schreiben von neuen Songs animiert. Die Kostproben nennen sich „Bring On The Night“ oder „Born For War“. TRÖJAN wollen kommendes Jahr ein neues Werk auf den Markt bringen – nach 40 Jahren Pause bei der reinen Betrachtung von TRÖJAN. Als TALIÖN gab es 1989 noch die LP „Killing The World“.

Die Briten sind heute einer der gefeierten Acts. Sympathische Ansagen, starke Songs und saubere Perfomance. Die alten Herren spielen die Jungspunde mal eben an die Wand. Well done, TRÖJAN! Wir freuen uns auf das neue Material.

BLAZON STONE (19:30 Uhr)

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Aus Schweden kommt die nächste Band, die für das Headbangers Open Air 2024 einen besonderen Auftrag hat. Die Vorboten für den Auftrag sind bereits da. „Preacher“ Gerald Warnecke, der Mitbegründer von RUNNING WILD, trudelt gemeinsam mit den Schweden auf das Festivalgelände. Wer sich in der Diskografie der Hamburger Band auskennt, der wird die Scheibe „Blazon Stone“ kennen. Die Schweden haben als RUNNING-WILD-Coverband angefangen. Mittlerweile schreiben die Herren ihre eigene Musik, aber eigentlich klingt da immer noch RUNNING WILD durch.

Wenn die Songs „Raiders Of Jolly Roger“, „Return To Port Royal“ oder „High Treason“ heißen, dann ist der Übergang beziehungsweise der Ursprung der Nummern ebenfalls klar. Trotzdem macht die Truppe live gehörig Spaß, weil die Tracks deutlich frischer daherkommen als bei Rolf Kasparek zum Beispiel auf dem Rockharz 2022.

Eine Stunde rocken BLAZON STONE wie Rolf, liefern insgesamt 12 Lieder und beste Unterhaltung. Wer auf RUNNING WILD steht und die alten Schinken umgedichtet in einem neuen Gewand hören möchte, der sollte unbedingt in die Diskografie von BLAZON STONE reinhören.

DUST BOLT (21:10 Uhr)

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Mit dem aktuellen Album „Sound & Fury“ haben DUST BOLT aus dem Süden der Republik ihren trashigen Haudrauf von den frühen Tagen verlassen. Klar, die Musiker werden älter und auch die Pandemie dürfte ihre Spuren bei den Protagonisten hinterlassen haben. Vor dem Gig gibt es diverse Fragezeichen. Funktionieren DUST BOLT anno 2024 auf dem Headbangers Open Air?

Die Antwort ist ein deutliches und klares ja. Neben der musikalischen Entwicklung hat vor allem Sänger Lenny sich zu einem echten Entertainer gemausert. Ein Energiebündel war er schon früher, aber mit seiner Energie steckt er mittlerweile das ganze Publikum an.

Das Set setzt neben der neuen Scheibe vor allem auf den Vorgänger „Trapped In Chaos“. Die Songs der beiden LPs kommen live aber härter und schneller rüber. Vorläufiger Höhepunkt ist Lennys Weg samt Gitarre und Mikrofonständer in die Mitte des Infields. Hier zettelt er einen Circle Pit an, der in der Geschichte des Headbangers Open Air seinen Platz findet. Fast das ganze Infield ist in Bewegung. Die Krone folgt zum Schluss: „Rockin‘ In The Free World“ von NEIL YOUNG passt zum Gig von DUST BOLT und zum Festivaltag. In der Form ist die Truppe aus Bayern nach wie vor ein heißer Anwärter für größere Bühnen und Clubs.

BRIAN DOWNEY’S ALIVE AND DANGEROUS (23:00 Uhr)

Galerie mit 15 Bildern: Brian Downey’s Alive And Dangerous - Headbangers Open Air 2024

Der Headliner holt die Menschen mit grauen Haaren vor die Bühne. Brian Downey war Mitbegründer von THIN LIZZY. Er drückte gemeinsam mit Phil Lynott die Schulbank und war das beständige Mitglied der irischen Rocker. BRIAN DOWNEY’S ALIVE AND DANGEROUS ist genaugenommen eine Cover-Band, wo ein Gründungsmitglied des Originals an den Drums sitzt. Zu erwähnen ist noch die Frisur von Sänger und Bassist Matt Wilson. Der Haarschnitt erinnert mehr als nur an Phil Lynott.

Musikalisch geht es um die Musik aus den 70ern und 80ern, wo THIN LIZZY mit Scheiben wie „Johnny The Fox“, „Bad Reputation“ oder „Chinatown“ große Erfolge feierte. Die Frage „Are You Ready“ passt zum Auftakt. Die Fäuste werden zu „Emerald“ oder „Rosalie“ in den Himmel gestreckt, genauso wie das Tanzen im Mondlicht zum Set gehört. Jeder Fan hat hier seinen Favoriten und spätestens zum irischen Volkslied „Whiskey In The Jar“ singt das gesamte Infield. Für den Schlusspunkt beweisen BRIAN DOWNEY’S ALIVE AND DANGEROUS Gespür. „Parisienne Walkways“ widmen die Herren dem leider viel zu früh verstorbenen Gitarristen GARY MOORE. Die 90 Minuten haben den Rockfans gemundet. Der zweite offizielle Festivaltag wird mit dem einen oder anderen Kaltgetränk gefeiert und schließt den gelungenen Tag ab.