Hammer Of Doom 2022
Der große Festivalbericht
Konzertbericht
(13.00 – 13.45) B-S-T
Schon früh schlängeln sich in der Würzburger Posthalle wieder etliche Interessenten um die hinter dem Konzertbereich aufgebauten Merchandise-Stände. Auch die ersten Kaltgetränke gehen über die Theke, während B-S-T aus Hamburg zur musikalischen Eröffnung aufbauen. Das Projekt der Norddeutschen heißt ohne Abkürzung „Blut Schweiß Tränen“ und liefert seines Zeichens Doom Metal in komplett deutscher Sprache. Was auch in den ersten Minuten etwas gewöhnungsbedürftig klingt und manchmal sogar ein bisschen an Neue Deutsche Härte erinnert, funktioniert im Laufe des Konzertes besser und B-S-T entpuppen sich als passender Opener. Auch die Ansagen in typisch Hamburger Kühle von Sänger Heiko treffen den Nerv der Uhrzeit. Zwischendurch gibt es dann einen kurzen Wechsel in die englische Sprache, bevor der Ausklang wieder auf Deutsch erfolgt.
(14.00 – 14.45) FVNERAL FVKK
B-S-T-Frontmann Heiko sollte Recht behalten, als er zum Ende deren Show ankündigte, das Publikum solle sich für die folgende Band besser die Haare zusammenbinden, um nicht umgeblasen zu werden. Kurzum gesagt: FVNERAL FVKK sind keine Band für einen derart frühen Slot – weder atmosphärisch noch qualitativ. Das stört die Zuschauer hingegen überhaupt nicht, die für den frühen Samstagmittag enorm zahlreich erscheinen sind und den prozessionsartig erscheinenden Sänger Cantor Cinaedicus beobachten. Komplett in Mönchskutten gehüllt und irgendwo zwischen beißendem Sarkasmus und theatralischen Gesten des Frontmannes kommt die Intention der Hamburger hervorragend rüber. Auch die fetten Doom-Klänge, deren Wurzeln zweifelsfrei in den Extrem-Spielarten zu finden sind, in Kombination mit den sakral anmutenden Gesängen verwirbeln das Ganze zu einer Atmosphäre, an der gar etliche Black-Metal-Bands scheitern. Man kann sicherlich den Eindruck gewinnen, dass es Cinaedicus mit seinen Bibel-Zitaten und einer Show, die ein wenig an eine Predigt erinnert, übertreibt, doch das FVNERAL FVKK eine Gratwanderung betreiben, ist wohl auch den Bandmitgliedern klar. An diesem Samstag jedenfalls ein absolutes und ungewohnt frühes Highlight, das mit dem fetten Banger „The Hallowed Leech“ gebührend gekrönt wird.
Setlist:
01. Chapel Of Abuse
02. A Shadow In The Dormitory
03. Underneath The Phelonion
04. When God Is Not Watching
05. Alone With The Cross
06. The Hallowed Leech
(15.05 – 15.50) PARISH
Absolutes Kontrastprogramm im Anschluss. Mit PARISH entert ein britisches Trio die Bühne, das sich einer Mischung aus Heavy- und Doom Metal verschrieben hat und die bis hierhin vielleicht filigranste und feinfühligste Band des Festivals ist. Mit lediglich einem Album im Schlepptau stammen die meisten Stück von besagtem selbstbetitelten Langspieler und zeichnen sich durch einen klassischen Vibe mit vielen feinen Gitarrenmelodien aus. Die großen Highlights lassen die Jungs aus der englischen Hauptstadt zwar größtenteils aus, doch die feinen musikalischen Fähigkeiten des Dreiers geben Anlass zum runterkommen und genießen.
Galerie mit 23 Bildern: Wheel (DE) - Hammer Of Doom Festival 2022(16.10 – 16.55) WHEEL
Wenn sich schon die heimische Doom-Elite hier in Würzburg die Ehre gibt, dann dürfen WHEEL aus Dortmund natürlich nicht fehlen, nicht zuletzt aufgrund ihres starken aktuellen Albums „Preserved In Time“. Auch wenn es gefühlt immer noch knapp nach dem Aufstehen ist, ist die Posthalle ordentlich gefüllt – WHEEL ziehen anscheinend ganz gut. Dank der kurzen Umbaupausen geht es für die Dortmunder aus dem Soundcheck nahtlos und ohne Ansage in den Auftritt, sodass von den Tresen noch einige weitere Zuschauende etwas überrascht vor die Bühne strömen.
Dass Frontmann Arkadius Kurek zwischenzeitlich gestehen muss, dass man „doch etwas angeschlagen angereist sei“, überrascht allerdings ein wenig. Denn zumindest die gesangliche Leistung ist einwandfrei und hätte er es nicht gesagt, wäre es womöglich das Geheimnis der Band geblieben. In den Ansagen fällt die ungewöhnlich raue Stimme dann aber doch etwas auf, und die geäußerte Hoffnung der Band, den Auftritt dennoch durchziehen zu können, soll sich zufriedenstellend für das Publikum erfüllen: WHEEL liefern ihr Programm letztlich ohne Ausfallerscheinungen ab und geben schonmal einen epischen Vorgeschmack auf die später am Abend folgenden CANDLEMASS. Respekt an Fronter Kurek, der trotz seiner variablen Stimme und dem anspruchsvollen Gesang knallhart durchzieht und die emotionalen Gesangslinien wunderbar vorträgt.
Galerie mit 25 Bildern: Stygian Crown - Hammer Of Doom Festival 2022(17.15 – 18.00) STYGIAN CROWN
Mit STYGIAN CROWN kommt dann richtig Bewegung in die Hütte – jedenfalls auf der Bühne und deutlich im Gegensatz zu den eher getragen vortragenden WHEEL. Die US-Amerikaner haben ihr absolut gelungenes, selbstbetiteltes Debütalbum im Gepäck, das mit seiner Mischung aus epischem Doom und schwerem Dampfwalzen-Riffing überzeugt. Live passt das Ganze zum HAMMER OF DOOM wie die berühmte Faust auf’s Auge, auch wenn sich hiervon nicht ganz so viele Zuschauende überzeugen lassen wollen, wie noch dem vorherigen WHEEL-Auftritt beigewohnt haben.
Frontfrau Melissa Pinion jedenfalls flitzt energiegeladen über die Bühne und genießt den Auftritt sichtlich, mit etwas Stolz in der Ansage gibt es dazu als Appetithappen auch schonmal Material vom kommenden Album zu hören. Dass ihre charismatische und einnehmend-melancholische Stimme die Darbietung der Instrumental-Fraktion hinsichtlich der Lautstärke etwas überlagert ist zu verkraften: Die Frau hat einfach Power und nimmt das Publikum mit ihrem dynamischen Auftritt ganz für sich ein, was letztlich auch der kraftvolle Wechselgesang mit dem Publikum zu „Trampled Into The Earth“ eindrucksvoll unterstreicht. Das Stimmungsbarometer jedenfalls steigt sprunghaft nach oben – und THRONEHAMMER kommen erst noch!
Galerie mit 23 Bildern: Thronehammer - Hammer Of Doom Festival 2022(18.20 – 19.05) THRONEHAMMER
Einer der absoluten Geheimtipps der letzten Jahre, insbesondere wenn man auf Doom Metal mit beherztem Wurzeleinschlag aus dem Death-Metal-Bereich steht, ist das deutsch/englische Quartett THRONEHAMMER. Neben der besonderen Personalie um die extrem charismatische transsexuelle Frontfrau Kat Shevil Gilham, hat die Truppe musikalisch enorm viel zu bieten. Schon die ersten Gitarrenanschläge von „Incantation Rites“, dem Titeltrack des aktuellen Albums, lassen die Wände der Posthalle erbeben. Die stimmliche Urgewalt von Gilham vervollständigt dieses tonnenschwere, atmosphärisch dichte Gewitter. Da THRONEHAMMER keinen einzigen schwachen Song in ihrem Repertoire haben, aber zum Beispiel mit „A Fading King“ auch andere, in diesem Fall verzweifelte, Stimmungen bedienen können, vergehen die 45 Minuten Spielzeit wie im Fluge. Zum Schluss dürfen Band und Zuschauer nochmals gemeinsam zur Band-Hymne „Thronehammer“ die Fäuste gen Himmel strecken und schließlich für den bemerkenswerten Auftritt Beifall klatschen.
Setlist:
01. Incantation Rites
02. Thy Blood
03. Eternal Thralldom
04. A Fading King
05. Thronehammer
(19.25 – 20.10) SPIRITUS MORTIS
Erst kürzlich erschien mit „The Great Seal“ das fünfte Studioalbum der finnischen Doomer SPIRTUS MORTIS, die Kollege Thorbrügge in seiner Review auf dem besten Weg in die Elite des Genres sieht. Diesen Eindruck untermauert das Quartett am diesjährigen Hammer Of Doom Festival. Nicht etwa mit einem bemerkenswert speziellen Auftritt, sondern viel mehr mit einer wahnsinnig routinierten, hochwertigen Show, der die Erfahrung von über 30 Jahren mit jedem Saitenanschlag anzusehen ist. Frontmann Kimmo Perämäki konterkariert das enorm heavy wirkende Gesamtkonstrukt durch seine quirlige Art und den eigenwilligen Humor – aber er ist eben Finne. Songs wie „Feast Of The Lord“ oder das aus dem 09er-Album stammende „Death Bride“ schieben ihre Riffs in Mark und Bein, haben aber auch eine wehmütige Ader, die SPIRTUS MORTIS gekonnt herausstellen.
Setlist:
01. The Man Of Steel
02. Robe Of Ectoplasm
03. Feast Of The Lord
04. Death Bride
05. Skoptsy
06. Martyrium Operation
07. Holiday In The Cemetary
(20.30 – 21.30) VILLAGERS OF IOANNINA CITY
Für die griechischen Folk-Rocker, auf deren Auftritt in Anbetracht der Shirtdichte in der Posthalle einige Zuschauer gewartet haben dürften, wird die Bühne zum einzigen Mal an diesem Wochenende in einer anderen Anordnung aufgebaut. Das Schlagzeug befindet sich nicht mehr zentral, sodass auch Keyboards und genrefremde Instrumente ihren Platz finden. Emotional singt sich Gitarrist und Sänger Alex ein, während sich eine hypnotisch/psychedelische Soundkulisse um in aufbaut. Der zunächst eingesetzte Dudelsack, der zwischendurch auch mal gegen eine Kaval ausgetauscht wird, streut seinen Samen dezent im Hintergrund. Tatsächlich keimt zunächst etwas Langatmigkeit auf, doch das Gefühl täuscht. Es täuscht so richtig. Umso länger das Konzert dauert, desto tiefer fuchsen sich die VILLAGERS OF IOANNINA CITY in die Elemente und werden eins mit der ekstatischen Menge. Die Sounds, die hauptsächlich vom aktuellen Album „Age Of Aquarius“ stammen machen keinen besonders tanzbaren Eindruck, sind aber hochemotional und nehmen den Hörer zwischen umgarnendem Rock und folkigen Einschlägen gefangen. Ganz große Darbietung und der heimliche Headliner des Abends.
Galerie mit 24 Bildern: The Skull - Hammer Of Doom Festival 2022(21.50 – 22.50) THE SKULL
Zur Headlinerzeit wird es dann wieder ein Stück traditioneller, es geht back to the roots. Und das nicht etwa, weil THE SKULL eine Band aus der Anfangszeit des Genres wäre, viel mehr da sie sich einerseits u.a. aus ehemaligen Mitgliedern der tatsächlichen Klassiker TROUBLE zusammensetzt. Auf der anderen Seite geben sich nach dem tragischen Covid-19-Tod des ursprünglichen Fronters Eric Wagner Live verschiedene Koryphäen der Szene die Klinke in die Hand. Am heutigen Abend sind das Karl Agell (ehemals CORROSION OF CONFORMITY) und Scott Reagers (SAINT VITUS), die ihm Rahmen einer gut gelaunten, druckvollen Show ihrem verstorbenen Kollegen, aber auch der Musik an sich huldigen. Für das TROUBLE-Cover „The Tempter“ gibt sich dann sogar Johann Längquist die Ehre, der normalerweise erst einige Augenblicke später mit CANDLEMASS die Bühne betreten sollte. Mit einer Setlist aus Covern besagter Bands sowie eigenen Stücken wie etwa „Trapped Inside My Mind“, dem Opener des vorletzten Albums „For Those Which Are Asleep“ bieten THE SKULL eine rundum gelungene Show und ein Vorgeschmack auf den Abschluss des Abends.
Galerie mit 28 Bildern: Candlemass - Hammer Of Doom Festival 2022(23.10 – 00.40) CANDLEMASS
Das Chopin-Cover „Marche funèbre“ vom zweiten Album „Nightfall“ aus dem Jahr 1987 mimt den Trauermarsch, mit dem CANDLEMASS, die Urväter des Epic Doom, in die Posthalle einkehren. Auch „The Well Of Souls“ als Part dieses klassischen Meisterwerkes hat den Weg in die Setlist der Schweden gefunden, die gleichermaßen dieser Tage mit „Sweet Evil Sun“ ein neues Album an den Start gebracht haben. Sowohl dem Album als auch der Live-Performance der Herren um Mastermind, Bassist und Songwriter Leif Edling merkt man inzwischen ein hohes Maß an Professionalität und Routine an – bei einer fast 40-jährigen Bandgeschichte wohl auch kein Wunder. Dennoch ist es auch an diesem Abend erfreulich, dass Songs aus der staubigen Anfangsschatulle wie „Under The Oak“ ihren Weg ins Bühnenprogramm finden und von den Fans auch entsprechend beklatscht werden. CANDLEMASS markieren wahrscheinlich nicht den frischesten Auftritt dieses Wochenendes, sind aber trotzdem eines Headliners würdig und werden ihrem Anspruch gerecht.
Texte: Patrick Olbrich und Sven Lattemann
Fotos: Dagmar Geiger, Patrick Olbrich (Einzelfotos Freitag)
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