Graveyard und Baroness
Co-Headliner Fall Tour 2024
Konzertbericht
Ein pickepackevolles Konzertprogramm verspricht die Verbandelung der Classic-Psych-Rocker GRAVEYARD mit den Progressive-Sludge-Metallern BARONESS für eine gemeinsame Co-Headliner-Tour. Dass ergänzend auch noch PALLBEARER für eine doomige Nuance in diesem Paket sorgen dürfen, ist die Kirsche auf dieser schwer rockenden Riff-Torte. Stilistisch ist also ausreichend Abwechslung garantiert, wobei viele Anwesende sicherlich auch Schallplatten von mehr als einer dieser drei Bands im Schrank stehen haben dürften. Das gemeinsame Standbein aller drei Kapellen sind die eingängigen Melodien und die Kunst, diese auch in starke Songs einzubetten: Egal, ob diese Titel „March To The Sea“, „Signals“ oder „An Industry Of Murder“ heißen.
Das Capitol in Hannover ist an diesem Abend jedenfalls angenehm gefüllt, das heißt: Der Balkon ist geöffnet, und es ist dennoch nicht so voll, dass man sich vor der Bühne gegenseitig auf den Füßen stehen muss.
PALLBEARER – Oh, du süße Melancholie!
Galerie mit 18 Bildern: Pallbearer - Co-Headliner Fall Tour 2024 in BerlinLeider steht PALLBEARER in diesem hochgradig besetzten Tourpaket nur der Eröffnungsslot zur Verfügung. Der Schwerpunkt des Auftritts, der ob der bekanntermaßen gern überlang gestalteten Songs nur vier Titel umfasst, liegt dabei auf dem erst in diesem Jahr erschienenen Album „Mind Burns Alive“.
Die bereits in der Plattenbesprechung zum aktuellen Werk ausgeführte Umschreibung, die einen erkennbaren Bezug von ANATHEMA über 40 WATT SUN aufmacht, wird auf der Bühne nochmals deutlicher: Die schweren doomigen Riffs verstehen sich ganz wunderbar mit dem klagenden Gesang und erschaffen eine dichte, emotionale Atmosphäre. Dabei erinnert der angenehm leidend klingende Gesang von Mützenträger Brett Campbell zeitweise verdächtig nach WARNING.
Verspielt, aber doch zugänglich und überaus intensiv kommt der melancholische Doom des Quartetts rüber. Geradezu versunken sind Devin Holt und Joseph Rowland in ihre Arbeit, und auch das Publikum wird in diese Performance geradewegs eingesogen. PALLBEARER spielen mit ihrer stilistischen Eigenständigkeit, den geschmeidig dahinfließenden Songs und einem satten, basslastigen Sound, der alle Facetten transparent transportiert, in ihrer ganz eigenen Klasse: Das ist schon richtig stark, was die vier Herren an diesem Herbstabend abliefern – anerkennende Wertschätzung ist vereinzelt aus dem Publikum zu hören, das ansonsten eher bedächtig dem Auftritt folgt.
Dass zum Abschluss dann auch noch das famose „Worlds Apart“ vom Zweitwerk „Foundations Of Burden“ gegeben wird entschädigt zumindest etwas für die geringe Spielzeit.
BARONESS lassen die Energie fließen
Galerie mit 30 Bildern: Baroness - Co-Headliner Fall Tour 2024 in BerlinNach diesem bewegenden, aber doch recht bewegungsarmem Auftakt versprechen BARONESS einen ordentlichen Zacken mehr an Tempo und Agilität. BARONESS sind eine großartige Live-Band, die für schweißtreibende und leidenschaftliche Auftritte bekannt sind.
Auch diejenigen, die die Truppe um Frontcharmeur John Baizley von Schallplatte bislang nicht gänzlich abgeholt haben sollte, werden mit einem Auftritt von BARONESS bestimmt ihren Spaß haben, denn hier wird üblicherweise überaus leidenschaftlich musiziert. So auch an diesem Abend: BARONESS liefern und erfüllen locker die Erwartungen, da ist Stillstehen quasi ausgeschlossen.
Auffällig ist das harmonische Zusammenspiel der Bandmitglieder: Bassist Nick Jost zieht sich häufig vom Bühnenrand zurück, um sich mit Schlagzeuger Sebastian Thomson, der sein T-Shirt schon nach dem ersten Titel verschwitzt ausgezogen hat, auf die Rhythmus-Arbeit zu konzentrieren. Die Abstimmung hierfür wird mittels einfachem, aber häufigem Blickkontakt erledigt.
Ähnlich abgestimmt und engagiert agiert auch die Abteilung Gitarre: Gina Gleason und John Baizley treiben die Songs körperlich voran und sind voller Engagement und Dynamik bei der Sache. Bei Hit-Krachern wie „Shock Me“ und „Tourniquet“ ist es somit kein Wunder, dass das Publikum Baizley quasi aus der Hand frisst, gesanglich und tänzerisch ist Hannover heute eh voll auf der Höhe. Der Frontmann quittiert diese Anteilnahme mit breiten, nahezu unterbrechungsfreien Grinsen und dem Hinweis, dass das Publikum ja Bandmitglied Nummer Fünf sei – und das fühlt sich an diesem Abend durchaus ehrlich und mitnichten überzogen oder anbiedernd an.
Allerdings ist der fetzige Spuk nach etwas über einer Stunde auch schon wieder vorbei: „Isak“ beschließt das Set. Danke, und bis hoffentlich bald, BARONESS!
GRAVEYARD haben einen schweren Stand
Galerie mit 27 Bildern: Graveyard - Co-Headliner Fall Tour 2024 in BerlinNach so einem druckvollen und energiegeladenen Auftritt ist ein kleiner Bruch und Verlust an Intensität schon fast unausweichlich – GRAVEYARD jedenfalls können nicht nahtlos an den starken Auftritt von BARONESS zuvor anknüpfen.
Dies liegt natürlich daran, dass das Songmaterial der beiden Bands eine unterschiedliche Darbietungen fordert: Die rockigen Songs von GRAVEYARD hauen nicht so direkt auf die Zwölf wie der Geradeheraus-Sludge-Metal der US-Amerikaner. Von Platte ist der stilistische Unterschied zwischen den sanft-rockenden Nummern der Schweden und der treibenden Energie von BARONESS sogar noch größer, als er sich am heutigen Abend zeigt: Um die Songs von GRAVEYARD etwas aufzupeppen werden die gemächlicheren Bandklassiker wie „Hisingen Blues“ und „Uncomfortably Numb“ einfach etwas beschleunigt dargeboten. Damit bleiben zwar die markanten Melodien erhalten, aber gleichzeitig leidet auch das psychedelische Flair und der spezielle Akzent im Sound von GRAVEYARD merklich.
Dass die Schweden in Sachen Bühnenpräsenz auch nicht ganz mit BARONESS mithalten können, zeigt sich an der geringeren Resonanz des Publikums. Sänger Joakim Nilsson kann sich zwar voll auf seine Darbietung am Mikrofon konzentrieren, da er von Gitarrenarbeit befreit ist und GRAVEYARD als Quintett auftreten, dennoch beschreiten die ersten Gäste bereits kurz vor Ablauf des Auftritts den Weg an die Garderobe oder den Merchandise-Stand.
Somit bleibt ein bisschen Wehmut, dass GRAVEYARD den Kontrast zu BARONESS nicht noch stärker gesetzt und ihren bluesigen Aspekt für den Auftritt etwas zurückgenommen haben. Womöglich hätte ein längeres Set oder weniger Material der Darbietung besser gestanden, denn immerhin ein Dutzend Titel sind es letztlich auf der Setlist. Aber insgesamt ist auch eine Darbietung, die eine hohe Erwartungshaltung nicht ganz erfüllen konnte, immer noch ein ordentlicher Auftritt einer talentierten Rockband – und die Messlatte liegt nach dem Auftakt der beiden Riff-Ungeheuer BARONESS und PALLBEARER auch schlicht in einer bemerkenswerten Höhe. Jedenfalls dürfte in der Gesamtschau niemand das Capitol nach GRAVEYARDs Abschlusstitel „The Siren“ enttäuscht verlassen haben.
Bilder: Andrea Friedrich (Berlin, Huxleys Neue Welt)
Bericht: Sven Lattemann (Hannover, Capitol)
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Graveyard, Baroness und Pallbearer auf Tour
11.05.25 | Pallbearer - European Headline Tour 2025PallbearerHeadcrash, Hamburg |
13.05.25 | Pallbearer - European Headline Tour 2025PallbearerDie Trompete, Bochum |
14.05.25 | Pallbearer - European Headline Tour 2025PallbearerDas Bett, Frankfurt/Main |
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