Godspeed You! Black Emperor
Schritt für Schritt, Klang um Klang

Konzertbericht

Billing: Godspeed You! Black Emperor
Konzert vom 20.04.2018 | Festspielhaus Hellerau, Dresden

Allein der Fakt, dass für GODSPEED YOU! BLACK EMPEROR das Festspielhaus Hellerau anzusteuern ist, scheint eine Schippe Achtung wert. Die sonst üblichen Lokalitäten sind ja eher biergeprägt und bodenständig. Hier aber steht unaufdringlich, aber spürbar der Mythos HELLERAU an allen Ecken. Passender als im Europäischen Zentrum der Künste Dresden hätten GODSPEED YOU! BLACK EMPEROR wohl kaum unterkommen können.

Aufnahme des Konzertsaals im Festspielhaus Hellerau beim Konzert von Godspeed You! Black Emperor

Raum für Kunst und Leute. HELLERAU.

Das Konzert ist ausverkauft, und zwar so angenehm wie möglich: Vor der Bühne kann man sich bereits problemlos die Wochendosis Kuschelhormon gönnen, Schweißaustausch inklusive. Am Mischpult und den Rändern lichtet sich die Menschenmenge. Unter der Loggia sammeln sich die ersten Sitzhörer und an der Bar ist für Bedürftige reichlich Platz. Für jeden findet sich also das passende Ambiente, conditions are perfect!

Auf der Bühne dröhnt ein einzelner Mensch, Projekt KGD, bereits vor. Ob das noch im Rahmen der technischen Vorbereitung passiert oder schon zum Spektakel gehört, bleibt der Kollegin zunächst verborgen. Die Auflösung erfolgt erst Tage später.
Nun treffen mit künstlerischer Sorglosigkeit ein ums andere der acht Band-Mitglieder ein. Die meisten verteilen sich auf den zum Halbkreis gestellten Stühlen. Nummer neun, Karl Lemieux, sorgt bereits fleißig für die großflächige optische Umrahmung.

Zuerst bauen Violine und Kontrabass eine weiche Tonbasis auf. Die wird nach und nach mit drei Gitarren, einen weiteren Bass und zwei Percussion-Sets ausgebaut. Zwischendrin werden noch die Drumkits optimiert, hier ein Becken ausgetauscht, dort noch die Hi-Hat justiert. Alles mit einer beeindruckenden, entspannten Ernsthaftigkeit.

Der GODSPEED-Ehrfurchtgenerator springt an

Die Kollegin gibt wenig auf vorauseilende Rufe, eher befragt sie ihre Körpermitte nach der aktuellen Meinung. Daher geht ihr die allgegenwärtige Ehrfurcht ab. Noch. Denn die Vorgänge auf der Bühne, die sich zunehmend schichtende Musik, die eindrückliche, flirrende „Hope“-Projektion, die Location, die Wärme, – alles trägt zu einer merkwürdigen Atmosphäre bei.

Bandmitglieder von Godspeed You! Black Emperor vor einer Filmprojektion während ihres Konzerts in Dresden

Bien fait, M. Lemieux!

Da die Bühne kaum ausgeleuchtet ist, verfängt sich der Blick in der visuellen Untermalung. Monochrome, triste, beklemmende Bilder fängt er ein. Rohbauten, Städte, herabstürzende Flugzeuge. Und zu Beginn: Hoffnung. Wie begleitend, darunter, sind GODSPEED YOU! BLACK EMPEROR von ihren Instrumenten vereinnahmt. Wirken mit sich, ihrem Tun und unsichtbar untereinander vollkommen in Anspruch genommen. Damit entsteht eine Intimität, die eher an eine öffentliche Probe denken lässt, als an ein Konzert.

Die Atmosphäre könnte glatt empfindsam anmuten, würden GODSPEED YOU! BLACK EMPEROR nicht die Belastbarkeit des Mittelohrs prüfen. Trotz Gehörschutz – den sich die Kollegin noch mit leicht jovialer Haltung („Na, der wird hier wohl überflüssig sein“) eingangs verbaute – drückt das schon ordentlich. Mit einer Brachialität, die dezenter nicht sein könnte, wird Schritt für Schritt, Klang um Klang, Dezibel um Dezibel zugelegt. Von wegen künstlerischer Feinsinn.

Die Kunst des Lärms

Sich türmende Sound-Collagen, Disharmonien, Noise-haftigkeit allerorten. Dazwischen streuen GODSPEED YOU! BLACK EMPEROR immer wieder zum Teil mustergültig post-röckerne Passagen ein, die den Hörer aufatmen lassen. Beinahe zwei Stunden kunstvoller Lärm unter zehrenden Bedingungen, in denen die Kollegin die Aura der Kanadier langsam zu verstehen beginnt.

Gitarrist Efrim Menuck bem Auftritt mit Godspeed You! Black Emperor in Dresden

‚Alle Kunst ruht auf dem tiefsten Ernste‘ – Hebbel (1813 – 1863)

Der Eindruck sortiert sich langsam nach den letzten Klängen: freundliche Unnahbarkeit, sensibler Ernst, unverstaubte Kunst. Ein Abend, der mit subtiler, zeitversetzter Tiefenwirkung beeindruckt. Den Kollegen beim Roadburn, die wenige Stunden später in den gleichen Genuss kommen, bleibt nur beizupflichten: Gut, dass man das mal erleben durfte.
Auf Nachfrage wird mitgeteilt, dass keine Setlist existiert. Die Optionen (nerviges Nachbohren nebst schwer zu entziffernder Notizen vs. Recherche im Nachgang) sind schnell ausgelotet, die Kollegin entscheidet sich für die sozialverträglichere Variante. Vermutlich kam also unter anderem das komplette Album „Luciferian Towers“ zu Gehör:

  • Hope Drone
  • Bosses Hang
  • Anthem For No State
  • Fam/Famine
  • Undoing A Luciferian Towers
  • Moya
  • BBF3
26.04.2018

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