Fury Field Open Air 2023 -
ein kleiner Festival-Recap
Konzertbericht
Das Bandhaus Leipzig ist seit Jahren ein wichtiger Anlaufpunkt der hiesigen Musiker- und Metalszene. Anstelle einer neuen Ausgabe ihres „WinterfestEVILs”‘ beschließen die Organisatoren der Bandcommunity Leipzig e.V. in diesem Jahr ein kleines Metal-Open-Air-Festival auf die Beine zu stellen.
Die Bandhaus Manufaktur (Projektname Bandhaus 2.0) ist nur wenige Gehminuten vom Bandhaus 1.0 entfernt und bietet genügend Platz für eine mittelgroße, gemütliche Gartenparty mit deftiger Beschallung.
Als sich um 14 Uhr die Tore öffnen, steht einem gemütlichen Metalabend nichts mehr im Wege. Gleich erst einmal die Bier-Situation checken: Neben dem einheimischen Ur-Krostitzer (von Liebhabern kurz „Uri“ genannt), gibt es am Craft-Beer-Stand von Dr. Hops noch ein tschechisches Pils und ein Helles mit Pale-Ale-Attitüde. Wer mit Hopfenkaltschale nichts anfangen kann, dem bietet die angeschlossene Cocktailbar eine Auswahl leckerer Drinks „mit“ oder „ohne“. Fürs leibliche Wohl ist ebenfalls bestens gesorgt. Neben Kaffee, Keksen und Kuchen für die Süßmäuler serviert der Barbecue Pit Stop allerlei Deftiges (auch vegan).
Pünktlich um 15 Uhr entern ZEIT die kleine Runddachbühne. Die Leipziger springen kurzfristig für die krankheitsbedingt ausgefallenen AEON OF AWARENESS ein und obwohl sie regional schon einen gewissen Status besitzen, geht es vor der Bühne noch überschaubar zur Sache. An der Band liegt es nicht, denn ZEIT liefern ein kurzweiliges, überzeugendes Set. Das sympathische Trio gibt ordentlich Gas und knallt den Anwesenden eine heftige Packung punkigen Black-Sludge um die Ohren.
Im Anschluss liefern CRYPTIC BROOD einen feisten Batzen Death Metal. Das Wolfsburger Trio lärmt seit zehn Jahren ohne Kompromiss und macht seinem Namen auch an diesem Tag alle Ehre. Auch wenn die Band an diesem Abend ohne Bassisten und Sänger Dennis Butzke auskommen muss, hat die Truppe mit Eike Reinke einen starken Live-Ersatz am Start. Der „schwerst“ räudige Old-School-Death-Metal macht auch bei Tageslicht Laune und die Anwesenden bekommen das komplette „Würgreiz-und-Gerumpel“-Programm.
Auch ARROGANZ sind ein beinhartes Dreigespann. Die Cottbusser Death-Blacker holzen bereits seit gefühlten Äonen durch den Underground und wissen inzwischen genau, wie sie die Anwesenden in Bewegung halten: Ihre energetische Mucke überzeugt vor allem durch Brachialität und Authentizität auf den Bühnenbrettern. Kein Wunder, dass sich allmählich mehr Metalheads vor der Stage versammeln und die Band kräftig abfeiern.
Trotz Abendsonne wird es gegen 18 Uhr kurz finster in Leipzig. IMPERIUM DEKADENZ haben zwar optisch so gar nichts vom Leibhaftigen, dafür sorgen aber die als Bühnendeko dienenden Totenmasken für schaurige Anblicke. Die „Blackies“ aus dem Schwarzwald gehen nach dem Intro direkt mit dem deutschsprachigen Knaller „Bis Ich Bin“ in die Vollen und punkten mit Präzision und Spielfreude. Band wie Publikum ignorieren das Tageslicht bestmöglich und gönnen sich zwischen dem ganzen Death- und dem noch anstehenden Doom Metal einfach einen kräftigen Schluck „Schwarzwurzelsaft“.
Je später der Abend, desto illustrer die Spielleute. Die totgeglaubten GOD DETHRONED sind inzwischen wieder sehr lebendig und tischen den Anwesenden heute ein buntes Potpourri aus ihrer 30-jährigen Karriere auf. Anhänger der Holländer lassen sich Klassiker wie „Serpent King“ oder „Nihilism“ nur zu gern gefallen. Die Band haut aber auch Killersongs jüngeren Datums wie „Illuminati“ vom gleichnamigen 2020er-Album raus. Elf Studioalben und ein 40-Minuten-Set gehen schwer zusammen, weshalb nicht jeder Fan vollends auf seine Kosten kommt. Aber die Black-Death-Veteranen holen schon sehr weit aus und beenden standesgemäß mit „Sigma Enigma“ von „The Lair Of The White Worm“ eine abwechslungsreiche Reise durch ihre Diskografie.
Slow-Down-Time. Die Nautic-Doomer AHAB treten heute auch mit einem „Ersatz“-Gitarristen an. DEAD EYED SLEEPER-Kollege Peter Eifflaender manövriert sicher in AHAB-Gewässern und vertritt Christian Hector würdig. Die Band kommt mit fortschreitender Dunkelheit endlich auch den Genuss der nigelnagelneuen Lichtanlage, was ihrem ohnehin mächtigen Auftritt die passende Atmosphäre verleiht. Ein diskografisch ausgewogenes Set zu spielen, ist inzwischen auch für AHAB eine schwierige Gratwanderung – vor allem bei den üblicherweise kürzeren Festival-Auftritten. Eine Mischung aus aktuellem Material und zwei Klassikern ist auch an diesem Abend der sinnvollste Kompromiss. Der brutale Opener „Mobilis In Mobili“ und „The Sea As A Desert“ – beide vom jüngsten Werk „The Coral Tombs“ – scherbeln gewaltig. Nostalgiker lassen zum „The Giant“-Goldie „Antarctica (The Polymorphess)“ sowie dem abschließenden „The Hunt“ mit viel Ausdauer und Enthusiasmus die Haare fliegen.
Doom ist nicht gleich Doom. Im Vergleich zum ultraschweren AHAB-Sound sind die „Happy-Doomer“ SATURNUS geradezu leichtfüßig unterwegs. Die Jungs brennen sichtlich darauf, ihr neuestes Material von „The Storm Within“ zu zocken und starten gleich mit dem dynamischen Titeltrack. Den Umstand, dass sie aufgrund der „dezentralen“ Bandkonstellation kaum zusammen proben können, ist getrost zu vernachlässigen. Das Zusammenspiel des dänisch-spanisch-englischen Sextetts ist harmonisch und zeugt von absoluter Professionalität und Teamgeist. Die gute Laune – so paradox es im Doom-Kontext klingt – ist ansteckend. Der Sound ist satt und die Lichtshow schafft ein erhabenes Ambiente. Zu den drei neuen Stücken gesellen sich SATURNUS-Oldies wie „Empty Handed“, „I Long“ und „Forest Of Insomnia“. Ritualistisch verabschieden sich SATURNUS mit ihrem fröhlichen Rausschmeißer „Christ Goodbye“ – wie immer viel zu früh, aber mit spürbarer Freude und Dankbarkeit auf allen Seiten.
Nachdem die letzten Töne des Headliners verhallt sind, endet das kleine Festival sehr abrupt mit dem Abbau der Stände, was dem ein oder anderen Besucher die Chance auf einen genüsslichen Scheidebecher verwehrt.
Aus Besuchersicht gab es alles in allem aber wenig zu beklagen. Gut umsorgt und gehörig beschallt verbleibt vom ersten Fury Field Open Air ein rundum positiver Eindruck. Lob und Dank geht an die Veranstalter für die Courage, das Event in so schwierigen Zeiten zu wagen, und umso mehr für die gelungene Umsetzung des Festivals.
Gut zu wissen, dass auch die Verantwortlichen mit dem Ergebnis zufrieden sind:
„Das Fury Field Open Air kann insgesamt als Erfolg gesehen werden. Der durchweg positive Zuspruch, der aus zahlreichen Gesprächen mit Besuchern und den Bands herauszuhören war, zeigt, dass das kleine Festival für alle Beteiligten und auch für die Stadt Leipzig eine Bereicherung war. Dank der großartigen Crew von Ehrenamtlichen des Bandcommunity Leipzig e.V. verlief der Tag ohne Zwischenfälle reibungslos ab und der Zeitplan konnte bis auf wenige Minuten eingehalten werden. Die Auswahl der Bands hat sich bewährt, für jeden Geschmack war etwas dabei; die Stimmung vor der Bühne war stets ausgelassen. Auch Petrus hatte einen guten Tag, denn das Wetter ist immer ein schwer zu kalkulierender Faktor. Insgesamt haben ca. 460 Gäste den Weg zum Open Air gefunden. Für den Anfang eine akzeptable Zahl, aber da ist noch Luft nach oben.“
Auf ein Wiedersehen in 2024!
Bericht: Oliver Schreyer
Bilder: Sabine Langner & Oliver Schreyer (privat)
Überarbeitung und Lektorat: Sabine Langner
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