Full Force Festival 2019
Der Große Festivalbericht
Konzertbericht
Samstag – es wird heißer
Die Temperaturen ziehen an und das Festival geht weiter. MALEVOLENCE eröffnen den Samstag mit enormer Wucht auf der Hardbowl Stage, denen die japanisichen Metalcore-Durchstarter CRYSTAL LAKE auf dem Fuße folgen. Die Band um Frontmann und Wirbelwind Ryo Kinoshita vergeudet nahezu keine Sekunde, um sofort eine gewaltige Kaskade an harten, modernen Metalcore-Riffs und drückenden Rhythmen ins Publikum zu schleudern, das den krachenden Sound wiederum mit ordentlich Aktivität im Pit quittiert. Besser kann es für eine Metalcore-Band kaum laufen.
ANNISOKAY bespaßen indes das Publikum, das sich vor der Mad Max Hauptbühne gesammelt hat, mit ihrem eingängigen Sound, während die Abkühlungsmaßnahmen, die von der Crew installiert worden sind, bereits Höchstleistungen vollbringen, um die erhitzten Gemüter der Meute abzukühlen. Die Hardbowl Stage zerlegt währenddessen BILLYBIO – und wo Billy Graziadei draufsteht, steckt BIOHAZARD drin. Daher geht es entsprechend auch ordentlich ab im Zelt, während zur gleichen Zeit gediegeneres Programm auf der Medusa Stage von HARAKIRI OF THE SKY geboten wird – Entscheidungen, Entscheidungen…
Galerie mit 13 Bildern: Harakiri For The Sky – Full Force 2019Mit CROWBAR erklimmen dann die nächsten Hochkaräter die Mad Max Stage. Und die lassen es auch amtlich krachen, wobei sich das bei CROWBAR natürlich anders äußert als bei den meisten, parallel auftretenden Metalcore-Bands, versteht sich. Kirk Windstein und Co. feuern ihren sludgigen Doom in die Meute, die zwar überschaubar, aber dennoch engagiert mitmacht. Zu den schweren Riffs und schweren Rhythmen will schließlich mitgebangt werden und Songs wie „All I Had I Gave“ oder „Planets Collide“ laden auch wunderbar zum Mitgrölen ein.
Galerie mit 11 Bildern: Crowbar – Full Force 2019Auch INFECTED RAIN auf der Medusa Stage geben sich keine Blöße und zerhacken parallel zu MASSENDEFEKT auf der Hardbowl Stage die Strand-Bühne nach allen Regeln der Kunst. Das entwickelt sich fast ein bisschen zu einer Familienzusammenkunft mit den später auf der Hardbowl-Stage gastierenden JINJER – beide Bands zeigen sich sehr brüderlich bzw. schwesterlich zueinander. Doch vorher bekommen hungrige Fans, die von markigem Metalcore noch nicht genug haben, noch einen hochkarätigen Sound von den Engländern BURY TOMORROW um die Ohren geblasen, die es sich auf der Mad Max Stage gut gehen lassen.
Galerie mit 24 Bildern: Infected Rain - Full Force 2019 Galerie mit 12 Bildern: Bury Tomorrow – Full Force 2019Zwischen grobem Gebelle und filigranem Gefrickel
Pünktlich beginnen die Ukrainer von JINJER ihren Auftritt. In schrill goldenem Outfit und mit sehr viel Energie nimmt Frontfrau Tatiana Shmaylyuk sogleich die Bühne in Besitz und wird sie für den Rest des Auftritts auch nicht wieder hergeben. Sie spricht uns allen aus der Seele, wenn sie sagt: „Dying in heat is a rehearsel for being in hell“, denn die überdachte Hardbowl Stage ist trotz des Schattens zum Schmelzen heiß. Und es wird noch heißer. Mit viel guter Laune, einem sehr fanreichen Publikum und der dämonischen Präsenz, schicken JINJER uns geradewegs ins Metalfegefeuer!
Galerie mit 18 Bildern: Jinjer – Full Force 2019Parallel dazu erfreuen auf der Medusa Stage die Frickel-Metaller ANIMALS AS LEADERS die progressiveren Gemüter mit ihrem unglaublich diffizilen und doch eingängigen Instrumental Metal, der mit geradezu spöttischer Leichtigkeit dargeboten wird. Bandkopf und Strahlemann Tosin Abasi merkt kühl und trocken an, dass dies das erste Konzert sei, das er je vor so vielen nackten Männern gespielt habe. Aber es gibt ja für alles ein erstes Mal. Doch einen besseren Slot hätten sich die US-Amerikaner kaum aussuchen können, denn mit den Füßen im Sand lassen sich die intrikativen Songs erstaunlich gut genießen.
Galerie mit 15 Bildern: Animals As Leaders - Full Force 2019Doch wem das zu komplex sein sollte, für den folgt das todesmetallische Kontrastprogramm auf der Mad Max Stage praktischerweise direkt auf dem Fuße. Und dieses wird geboten von keiner geringeren Band als AT THE GATES, die sich um ihren Legendenstatus verdient machen mit melodischem Death Metal, der keine Ermüdungserscheinungen und keine moderne Sänfte an den Tag legt, sondern amtlich ins Publikum kracht. Tompa Lindberg mit seinem mittlerweile zum Markenzeichen gewordenen Look im Cappy ist in stimmlicher Bestform und führt gekonnt durch das Set, das sich die Waage aus Klassikern und neuem Material hält.
Von Atmosphäre hin zum routinierten Schabernack
Galerie mit 13 Bildern: At The Gates – Full Force 2019Während SMOKE BLOW darauf hin mit ihrer schweißtreibenden Hardcore-Punk-Variante in der Hardbowl Stage für Stimmung sorgen, bieten ALCEST mit ihren dichten Klangwelten das Kontrasprogramm auf der Medusa Stage. Der ziemlich leere Strandstreifen vor der Medusa Stage füllt sich stetig mit neuen Zuhörern, angelockt von der Musik, wie Motten von einem Licht. Der Bass ist leider stark übersteuert, doch die geschaffene Atmosphäre lässt das Publikum andächtig im nun kälter werdenden Sand träumen. Wer sie noch nicht kennt, sein dem geneigten Leser wärmstens ans Herz gelegt.
Galerie mit 20 Bildern: Smoke Blow - Full Force 2019 Galerie mit 16 Bildern: Alcest – Full Force 2019Schließlich betritt Deutschlands meiste Band der Welt die Mad Max Hauptbühne. Oh ja: KNORKATOR geben sich die Live-Ehre und sorgen in gewohnter Weise für massivst Unterhaltung im Publikum. Stumpen zeigt sich aufgeweckt wie eh und je. Wie üblich wird die Band von den Kindern von Stumpen und Alf Ator unterstützt. Und als Schausteller fungiert die österreichische Gruppe „Dumme Sau Lol“, die ein paar Jackass-Kunststückchen auf der Bühne aufführt. Dazu gehört auch, dass einem der Mitglieder mal eine Schwarzwälder Torte um die Ohren gepfeffert wird. Musikalisch glänzen KNORKATOR natürlich auch mit einem gewohnt hitlastigen Set, das kräftig zum Hopsen animiert.
Galerie mit 19 Bildern: Knorkator - Full Force 2019Viel Abwechslung beim Full Force 2019
Während TERROR ebensolchen in der Hardbowl Stage verbreiten, gibt es mit ZEAL & ARDOR ein weiteres Highlight auf der Medusa Stage zu bewundern. Bandkopf Manuel Gagneux und Band setzen diese förmlich in Brand allein durch ihre ungewöhnliche Musik, die den Ur-Blues (oder auch Sklavenmusik, wie man es nennen will) mit rasenden, eiskalten Black-Metal-Attacken kombiniert. Heraus kommen zum Teil Ehrfurcht gebietende Song-Bollwerke wie „Servants“, die sich monumental über das Publikum erheben, dabei aber auch richtig heftig in die Nackenmuskulatur fahren.
Galerie mit 13 Bildern: Terror – Full Force 2019 Galerie mit 22 Bildern: Zeal & Ardor – Full Force 2019Den Höhepunkt des Tages feiern dann die Headliner des Abends ab. Und das sind keine geringeren als ARCH ENEMY, deren wilder Auftritt mit überschwenglicher Begeisterung vom Publikum in Empfang genommen wird. Der Abend wird im Anschluss dann vergleichsweise entspannt zunächst durch die Berliner Stoner Rocker KADAVAR und schließlich die britischen Stoner Sludger ORANGE GOBLIN abgeschlossen. Somit kommt auch der zweite, heißere Festivaltag zum Ende und macht schon Lust auf das Finale am nächsten Tag. Das einzige, worüber sich die wenigsten hier freuen, dürfte das Wetter sein, denn das sollte am Sonntag unerträgliche Höchstwerte erreichen.
Galerie mit 12 Bildern: Arch Enemy – Full Force 2019Interessante Alben finden
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Sorry, aber das ist mir für einen Festivalbericht viel zu oberflächlich und vorallem gibt es auch ein paar Dinge zu kritisieren. Natürlich hat man mit Parkway Drive wieder eine sichere Nummer buchen können und einer glorreichen Zukunft als Headliner der größten Festival steht nichts im Wege, aber an Einfallsreichtum gibt es dafür schonmal eine 6. Limp Bizkit war eine Katastrophe! Nach den ersten Songs sind auch sehr viele Besucher gegangen und waren sehr enttäuscht. Fred Durst kam eher einem Hampelmann nahe, als einem modernen Entertainer und Sänger (Corey Taylor *hust). Gerade einmal 9 (!!!) Songs gab er zum Besten. Eine Schande für einen Headliner, der eine Spielzeit von 70-80 Minuten bekommt. Auch der Verdacht des Playbacks lässt sich nicht von der Hand weisen. Einzig mit Nostalgiepunkten konnte man vielleicht noch etwas trumpfen. Wirklich Schade. Arch Enemy konnten mit ihrer Professionalität glänzen und haben gezeigt, wie man es macht. Natürlich wirkt das mittlerweile alles sehr eingespielt und „künstlich“, aber das muss man wahrscheinlich als zukünftiger Headliner mitbringen. Das Festivalgelände kann nun seit dem Umzug mit seiner Einzigartigkeit vollends überzeugen. Hier hat der neue Veranstalter ein paar Änderungen am Konzertgelände vorgenommen, die bei mir persönlich sehr gut ankamen. Die Seebühne: Der Hammer! Hauptbühne nun über das gesamte Konzertfeld: beeindruckend und sinnvoll. Der Hardbowl wieder etwas weiter weg von der Hauptbühne – auch sinnvoll, aber das Zelt wirkt zu klein! Organisatorisch ist alles glatt, sauber und überzeugend. Das Gelände wirkt größer und macht den Eindruck, mehr bieten zu können. Das Line Up im Gesamten entfernt sich leider etwas vom ursprünglichen With Full Force. Hier setzt der neue Veranstalter auf Modern Metal, mit sehr großem Schwerpunkt auf Metalcore/Djent/Nu. Auch gab es mehr Stoner und Sludge zu bestaunen. Dies war alles schon immer Teil eine Full Force Line Ups, aber in diesem Jahr musste vor allem der Black/Death und Thrash Metal sehr darunter leiden. Auch Old School HC gibt es weniger zu bestaunen. Schade. Ich würde mir da wieder mehr Ausgewogenheit wünschen. Exoten waren immer gerne gesehen, aber man sollte nicht vergessen, was das Festival einmal war. Die Zuschauerzahlen sind durch das breitere Line Up nun auch nicht besonders gestiegen. Das dürfte gerade für einen neuen Veranstalter interessant sein, der kommerzieller ausgerichtet ist, als die vorherige Truppe. Ich bin gespannt auf das Line Up für 2020, denn davon mach ich abhängig, ob ich dieses Festival noch einmal besuche.