Freak Valley Festival
Lange Wege führen nach Netphen
Konzertbericht
Samstag
Am nächsten Morgen, als wir schlaftrunken einen ersten Blick aus dem Zelt werfen, blicken wir leider erst einmal wieder in einen Himmel voller Grau. Der Wunsch nach besserem Wetter scheint sich über Nacht nicht erfüllt zu haben. Doch wir haben eine Mission: GODSLEEP warten. Also gut eingepackt und losmarschiert, doch vom Tal heraufwabernde Tonfetzen verheißen nichts Gutes. Und tatsächlich, auf die Uhr schauen hätte geholfen: Wir haben die Griechen erfolgreich das zweite Mal verpasst. Da sie jedoch zweimal spielen dürfen, sind sie bestimmt klasse. Die Tonfetzen sind zumindest eher gute Tonfetzen und auch das Wetter wird nun endlich deutlich besser.
Unser zweiter Festivaltag beginnt nun also mit SEDATED ANGEL aus Dänemark. Absolut solider Stoner Rock mit eingängigen Riffs, teilweise psychedelisch, teilweise heavy, verträumte Vocals dazu, auf jeden Fall schön anzuhören. Die Italiener DOCTOR CYCLOPS werden anschließend vom Freak-Valley-Volk mit viel Jubel und Applaus bedacht, passend zur klatschenden, da sehr verzerrten Gitarre. Dazu kommt cleaner und eingängiger Gesang. Mit durchdrehendem Basser und zum in der Sonne träumen einladenden cleanen Parts wird schnell klar, warum das nicht das erste Mal ist, dass DOCTOR CYCLOPS bei einem Gig der Rockfreaks dabei sein dürfen.
Galerie mit 10 Bildern: Sedated Angel - Freak Valley Festival 2012
Als nächstes sind DEAN ALLEN FOYD aus Schweden an der Reihe. Zuvor schon von manchen von uns live gesehen und für absolut geil befunden, sind unsere Erwartungen an diesen Auftritt also sehr hoch. Leider werden sie nicht zur Gänze erfüllt, denn die Jungs haben definitiv ein bisschen zu viel von der ein oder anderen Substanz genascht. Doch zumindest fürs Auge haben sie einiges zu bieten. Die Produzenten von „das Model und der Freak“ hätten wahrscheinlich allein beim im anderen Sphären schwebenden Hammondorgelmann Material für mehrere Jahre. Doch auch sonst: absolut solide Performance mit Rockstarposen und Outfits, sympathischen Kerlen, Hammondorgel, einem super präzisen Schlagzeuger und einem durchaus vertrippten Sound. Wer’s psychdelisch mag, wird DEAN ALLEN FOYD lieben (zumindest mal die Platten)!
Galerie mit 18 Bildern: Dean Allen Floyd - Freak Valley Festival 2012
Weiter geht es dann mit „Ass Kickin‘ Booty Shakin‘ Whiskey Rock ’n‘ Roll“ – so jedenfalls umschreiben GRIFTER ihren Musikstil. Für uns klingt es vor allem nach sehr BLACK-SABBATH-inspiriertem Doomrock, was ja auch nicht grade schlecht ist. Wie ihre großen Vorbilder kommen auch GRIFTER von der für ihren Regen bekannten Insel und spielen gerade ihre erste Europa-Tour. Die Lieder sind dominiert vom walzenden Bass, der das Ganze mächtig grooven lässt. Außerdem singt nicht nur der langhaarige Gitarrist, sondern auch der Drummer. Da will mal einer behaupten, Männer seien nicht multitaskingfähig. Zwischendurch spielen sie dann auch noch ein wirklich gelungenes „Fairies Wear Boots“-Cover, für alle die, die noch nicht erkannt hatten, welcher Legende GRIFTER nacheifern. Damit haben sie sich dann den Extra-Song nach abgelaufener Zeit verdient, über den sie sich sichtlich freuen und ein letztes Mal ihr Bestes gaben.
Galerie mit 8 Bildern: Grifter - Freak Valley Festival 2012
Die Darmstädter Blues-Rocker von BUSHFIRE sind alte Bekannte und haben uns live noch nie enttäuscht. Was die Zuschauer beim Freak Valley allerdings geboten bekommen, ist eine BUSHFIRE-Show der Extraklasse! Die Mischung aus Blues, Stoner und Rock gefällt dem Publikum sofort und spätestens als in der Mitte des Sets der zwei Meter große Sänger Bill die Bühne verlässt und im Publikum weiter performt, gibt es kein Halten mehr. Lieder wie „Yout Should Have Known“ oder „Useless In So Many Ways“ werden von vielen mitgegrölt. Alle Parts sind sauber gespielt und ein paar neue Lieder sind auch im Gepäck. Und auch ein paar Weisheiten hat Bill dabei: „Don’t give your children a fucking watergun, it prepares for war“.
Galerie mit 20 Bildern: Bushfire - Freak Valley Festival 2012
Nach der Show brauchen wir definitiv ein Pause, der der Auftritt von den WICKED MINDS aus Italien zum Opfer fällt. Bei der nächsten Band sind wir dann wieder vor der Bühne zu finden, denn DEMON’S EYE sind immerhin eine der wenigen Bands, die wir zuvor noch nicht gesehen hatten. Beim Freak Valley tanzen sie musikalisch ein wenig aus der Reihe. DEMON’S EYE kennt man vor allem als DEEP-PURPLE-Tribute. Diese Tour spielen sie jedoch mit Ex-Rainbow-Sänger Doogie White, mit dem sie ein Album aufgenommen haben. Der beweist dann auch erfolgreich, dass er die Bezeichnung „Sänger“ auch wirklich verdient. Auch der Rest der Band überzeugt restlos mit Soli, die man selbst von DEEP PURPLE nicht besser erwartet hätte. Zwei Stunden lang spielen die Briten also kraftvollen Hard Rock der, kombiniert mit der Bühnenpräsenz von Doogie White, eine musikalisch sehr abwechslungsreich ist und auch beim Publikum gut ankommt.
Galerie mit 16 Bildern: Demons Eye - Freak Valley Festival 2012
Und jetzt, Obacht: Auf dem Freak Valley läuft (fast) etwas schief!
Der sympathische Rockfreaks-Chefansager (mit stets sicher vorgetragener Choreografie: „Liebe Freunde, als nächstes für euch hier auf dem Freak Valley-Festival: {Bandname}“) teilt uns mit, dass COLOUR HAZE und SPACE DEBRIS die Slots tauschen werden. Schock. Der erfahrene Festivalbesucher timet seinen Konsum und seine Energie schließlich sorgfältig, heute ist der Klimax klar auf 22.00 zum geplanten COLOUR-HAZE-Start angepeilt. Also erstmal ne Cola. Doch dann Entwarnung, der COLOUR HAZE-Bus fährt ein und Basser Philipp teilt mit, dass man doch um zehn spielen wird. Tausche Cola gegen Bier.
Ein kleiner, bayrischer, seit längerer Zeit titelloser Fußballverein führt parallel dazu, dass sich das Freak-Valley-Team noch einmal ein paar Sympathie- und Fleißpunkte dazu verdient: Zwei Garagen wurden ausgeräumt, eine Schüssel und zwei Fernseher aufgebaut und auf Nachfrage jeder Interessierte zum gemeinsamen Fußball chauen eingeladen. So kann man entspannt zwischen DEMON’S EYE und der Niederlage des kleinen, bayrischen, seit längerer Zeit titellosen Fußballvereins wechseln. Hier fiebern zeitweise auch BUSHFIRE und Mitorganisator Jens mit, für den es einem dann auch fast schon leid tat, als der große, englisch-russische Fußballverein gewinnt. Aber nur fast, denn alles kann ja auch nicht gut gehen an so einem Wochenende. Wobei, da kommt es wohl auf die Perspektive des Betrachters an: Dem aufmerksamen Leser wird die Befangenheit des Schreiberlings nicht entgangen sein. Mit einem schwäbischen Grinsen kann ich mich nun also mit einigen feiernden Jungs aus England auf COLOUR HAZE freuen.
Galerie mit 8 Bildern: Colour Haze - Freak Valley Festival 2012
Die lassen allerdings noch ein bisschen auf sich warten und ein gefühlt zwei Stunden andauernder Soundcheck folgt. Als es dann endlich mit „Transformation“ vom (hoffentlich nun endlich) bald erscheinenden Album los geht, ist schnell klar: Das Warten hat sich gelohnt. Als nach 10 Minuten der Saft ausfällt, wird einfach noch einmal neu gestartet und auch die „Es ist kalt, ich muss mir Socken anziehen“-Pause passt ins Bild. Wer COLOUR HAZE kennt, weiß, dass sich das live immer lohnt und dass einen bei jedem Gig andere Songs erwarten. Hier folgt, mit frischen, warmen Socken ausgestattet, ein Set quer durch fast alle Alben – inklusive „Moon“, „Tempel“, „Aquamaria“, „Love“, dem fast schon legendären „Peace, Brothers And Sisters“ und ein paar neuen Stücken. Arg viel mehr bleibt nicht zu sagen. Wer’s nicht kennt, ist selbst Schuld und sollte das bald ändern. Nächste Gelegenheit: Die XXL-Tour im Herbst. Nach dem Gig bekommen wir dann noch die Möglichkeit, mit Basser Philipp zu reden, wobei auch dieser wunderbare Satz fällt: „Beim Freak Valley spielt man nicht vor Fans, sondern vor Freunden“.
Den Abschluss für diesen Abend und somit auch für das gesamte Festival machten SPACE DEBRIS. Schwieriger Spot, nach COLOUR HAZE, mitten in der Nacht. Das Bier ist in Massen geflossen und die meisten sind müde. Zugegebenermaßen planen auch wir, uns nur noch kurz einen Song anzuhören. Aber diesen Plan geben wir schnell auf und bleiben bis zum Schluss. Musikalisch definitiv die größte Überraschung des Festivals. Sofort werden die doch noch zahlreich verbliebenen Besucher auf einen Trip der Extraklasse geschickt. Stücke, die weit über zehn Minuten lang sind, mal mit, mal ohne Gesang, aber immer ein Klanggerüst par excellence, perfekt in Szene gesetzt vom Ölprojektorenkünstler. Ein wirklich gelungener Abschluss, nach dem nur noch eines zu tun bleibt: Ab ins Bett!
Galerie mit 3 Bildern: Space Debris - Freak Valley Festival 2012
Ein Fazit braucht eigentlich kein Mensch. Wer auf Stoner steht und bis hier her nicht verstanden hat, was er nächstes Jahr in seine Festivalplanung aufnehmen sollte, der wird es auch durch ein schwäbisches „Gar nicht so schlecht dieses Freak Valley“ nicht verstehen.
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Guter Bericht, danke. Flüssig und mit Freude zu lesen.
Huhu, kleiner Fehler im Bericht. Demon’s Eye kommen nicht aus England sondern aus Deutschland. Nur Doogie (ursprünglich Schotte) kommt aus England. Sonst alles super! Rock on!