Fjørt - "Couleur"-Tour
live in Dresden
Konzertbericht
Montagabende in Dresden sind seit einiger, zu langer Zeit mit einer missbilligenden wie sorgenvollen Stirnfalte bedacht. Schön, dass FJØRT allgemein, und im speziellen auch inhaltlich, hier einen Kontrapunkt setzen. Auf ihrer Tour zum im alten Jahr erschienenen Album „Couleur“ machen sie unter der zauberhaften Stuckdecke des Beatpols Halt.
Zum Aufwärmen werden ÊTRE auf die Bühne geschickt. Mit dünnen Fetzen Restcharme einer Schülerband werkelt das Quartett engagiert drauf los. Trotz noch den Vorbandcharakter unterstreichender, statischer Lichttechnik setzen sie mit ihrem Rap-Screamo-Mix zumindest die ersten zwei, drei Reihen in Bewegung. Aber der sehr wohlwollende Applaus über die reichliche halbe Stunde hinweg zeigt, dass auch der Rest des Publikums Freude an der Sache hat. Wenn auch die allerletzte Souveränität und Tontreffsicherheit fehlen, kommt der Auftakt gut und passend an. Das Wachstum in feinen, aber wichtigen Punkten wie der Qualität der gesanglichen Intonation und allerletzter Wortgewandtheit, in denen FJØRTs Fußstapfen sich im Nachhinein doch als ein bis zwei Nummern größer herausstellen, ist ÊTRE zu wünschen – auf ihrem eigenen musikalischen Pfad.
Die Umbaupause verschlankt zwar das Bühneninventar, enthüllt aber auch die dort angehäuften Lichtwaffen. Das lässt hoffen. Denn das wunderfeine Ambiente des Beatpols, das man vermutlich nie müde zu betonen werden kann, erfährt durch ansprechende Beleuchtung die Verleihung des Sahnehäubchens.
… und der Beatpol tanzt.
Mit den ersten Tönen ist die Stimmung wie angeknipst. Es ist sofort so schön und eindrucksvoll, wie intensiv ihre Musik FJØRT fühlen, freuen und leiden lässt. Genau dieses unverstellte, authentische, gepaart mit ihren schlichten, zielgenauen und unbarmherzigen Texten und hochatmosphärischen Post-Passagen lässt kaum jemanden kalt. Nicht nur sicht-, auch spürbar ist der Anstoß, den FJØRT mit nur wenigen Takten geben – der Beatpol tanzt. Der schwingende Boden, die ungeschonte Anlage, die beinahe greifbare Schallwellflut und die erhebliche Lichtmaschinerie geben allen Sinnen Futter. Vor allem aber erreichen die drei Aachener Herz und Kopf, nicht zuletzt auch durch die eindring- wie -drückliche Ansprache für den Widerstand gegen das Erkalten der Menschlichkeit und Erstarken der politischen Rechten. Vielleicht ist es (auch) dieser Verweis auf Dresdens Makel, der den Abend – zumindest für die Kollegin – weniger in Ausgelassenheit und Feierei, sondern eher bewegt, nachdenklich und etwas bedrückend vergehen lässt. In welche Richtung auch immer, FJØRT hebeln gekonnt das Gemüt außer der Mitte. Mission accomplished.
Setlist FJØRT
Enja
Südwärts
Eden
Anthrazit
Magnifique
Kontakt
Paroli
Windschief
Mitnichten
Raison
D’accord
Couleur
Valhalla
Lebewohl
Zugaben: Lichterloh, Kleinaufklein, Karat
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