Fimbul Festival 2020
Der Festivalbericht
Konzertbericht
Samstag, 05.09.2020
Nachdem wir uns das erste deutsche Festival unter Coronabedingungen einen Tag lang angesehen haben, nehmen wir uns zu Beginn des zweiten Festivaltages Veranstalter Maik Pomplun zur Seite, um ihm ein paar kurze Fragen zu stellen, die uns unter den Nägeln brennen. So erfahren wir, dass die Zuschauerzahl von 1000 auf 500 reduziert werden musste, und noch gar nicht klar ist, ob sich das Festival am Ende finanziell rechnen wird. Angestrebt wird die schwarze Null. Auch kam die finale behördliche Erlaubnis erst eine gute Woche vorher. Eine Zitterpartie also. Das Feedback, das die Veranstalter erreicht, macht aber wieder einiges wett. „Sehr zufrieden,“ ist Maiks Fazit.
Mit einem Beginn um 15:00 Uhr lässt das Fimbul Festival seinen Besuchern Zeit zum Ausschlafen und erspart es seinen Künstlern, um 12 Uhr vor einem dezimierten Publikum zu spielen. So sind die Zuschauer auch bereits zahlreich versammelt, als ASARHADDON den Startschuss zum zweiten Festivaltag geben. Mit einem durch Mark und Bein gehenden Wummern, das nach kurzer Zeit sogar unangenehm wird, starten die Magdeburger ihr Set, ballern dann aber gerade noch rechtzeitig los, bevor das Wummern zu einem echten Problem wird. Wenig später läuft einem der recht depressive, dabei aber treibende Black Metal mit einem Touch Death schon sehr gut rein. Aus dem Infield erheben sich „weiter so“-Rufe.
Wenn an diesem Wochenende von Kontrastprogramm gesprochen werden kann, dann definitiv in Zusammenhang mit der nächsten Band, dem Thüringer Duo WALDTRAENE. Sie machen nach eigener Aussage heidnische Liedkunst, wirken dabei ein wenig wie Barden, die gerne Skalden wären, und setzen minimalistisch auf Akustik-Gitarre und Flöte, ergänzt durch einige andere Instrumente und Samples. Sie passen vielleicht nicht ideal ins Lineup, aber definitiv zur Location, und auch das Publikum kann mit ihrer Musik ziemlich viel anfangen. Vor allem die „Odin“-Rufe werden prompt beantwortet. Auf WALDTRAENE muss man sich einlassen, wenn man dies jedoch tut, kann man ihrer melodischen Leichtigkeit doch das ein oder andere abgewinnen.
Mit THEOTOXIN aus Wien geht es aber direkt wieder zurück zum Black Metal. Diesmal auch wieder inklusive Corpsepaint. So trve wie sie aussehen, so klingen sie auch. Musikalisch eher im modernen Black statt im Old School Black angesiedelt, erinnern sie mal ein wenig an MGŁA und mal ein wenig an BEHEMOTH, ohne jedoch zu eng am Stil der genannten Bands zu kleben. Die Vocals keifend und ein wenig nordisch, haben sie dann doch einen kleinen Einfluss aus dem klassischen Black Metal. Ein wenig gutturaler und weniger kläffend hätte der Gesang schon sein dürfen, denn die rollenden Drums und druckvoll-dichten Gitarren geben viel her, und die Vocals halten damit schlichtweg nicht ganz mit. Insgesamt liefern THEOTOXIN aber trotzdem ein solides Set ab.
Ein durchmischter zweiter Festivaltag
Wer dachte, am Vortag schon die volle Dröhnung Pagan und Pathos bekommen zu haben, hat XIV DARK CENTURIES noch nicht gehört. Heidnischer Metal aus Thüringen steht auf dem Programm, und Selbiger wird geliefert. Für alle, die bei Musik und Texten Wert auf ein gewisses Mindestmaß an Komplexität legen, sind XIV DARK CENTURIES definitiv die falsche Band. Doch wen Eingängigkeit in Kombination mit einer durchaus vorhandenen Härte ansprechen, könnte Gefallen an den kriegerischen Wahlgermanen finden. Dass sie ihre Fans dabei haben, zeigt sich im Infield, wo gleichermaßen zu den melodischen wie zu den harten Parts abgegangen wird.
Deutlich nachdenklicher, dabei aber nicht weniger heidnisch, wird es direkt im Anschluss bei den Münchnern WALDGEFLÜSTER. Mit einem stimmungsvollen Gitarren-Intro vor einer passenden Bühnenkulisse beginnt das naturverbundene Black-Metal-Gespann sein Set sehr ruhig und atmosphärisch. Es folgt eine Rezitation von „Prolog: Aufbruch“ von 2011er Album „Femundsmarka – Eine Reise in drei Kapiteln“, bevor sich WALDGEFLÜSTER instrumental auf den Hauptteil ihres Sets zubewegen. Ein langsamer, aber sehr wirkungsvoller Einstieg, der das Publikum in die passende Gemütslage versetzt. Melancholische Schwärze und Poesie tragen einen davon, Samples von Naturgeräuschen, allen voran ein markerschütterndes Gewitter mit Donnergrollen, treffen einen im Innersten, schwarzmetallische Ausbrüche erfreuen das Metalherz. So erreichen WALDGEFLÜSTER eine Intensität, die zuletzt HARAKIRI FOR THE SKY am Vorabend vermittelt haben.
Nun steht ein absolutes Highlight des Festivalwochenendes an: THE SPIRIT aus Saarbrücken. Die sind zwar aufgrund persönlicher Umstände ohne Bassisten angereist und entschuldigen sich schon vorab dafür, falls ihr Set gleich ein wenig dünn klingen sollte, haben aber eigentlich gar keinen Grund zur Sorge. Sobald sie mit „Strive For Salvation“ das erste von vielen Brettern präsentieren, wird klar, dass sie auch zu dritt sehr viel reißen. Das Hauptaugenmerk liegt bei THE SPIRIT ohnehin eher auf der Gitarrenarbeit, die das Duo an den Saiten auch heute wieder in Vollendung umsetzt. Von Blast Beats getrieben, lassen THE SPIRIT einen nackenzerstörenden Track nach dem anderen auf die Zuschauer los, die sich davon nur allzu gerne überrollen lassen. Die Schlüsselzeile im Track „Repugnant Human Scum“ wird mitgegrölt, die Fäuste immer wieder anerkennend erhoben. Die Entscheidung, trotz fehlendem Bassisten zu spielen, war für THE SPIRIT zweifelsohne die richtige.
Mit FINSTERFORST aus Freiburg kündigt sich der Headliner des zweiten Festivaltages und damit auch das nahende Ende des Fimbul Festivals an. Grund genug, sich noch mal so zahlreich wie eben möglich vor der Bühne zu versammeln und die Klänge der letzten Bands durstig aufzusaugen. Ein langes, orchestrales Intro läutet das FINSTERFORST-Set ein, bevor sie mit ihrem angeschwärzten Folk Metal vor allem die auf dem Festival vertretene Pagan-Fraktion bedienen. Mit an Bord haben sie an diesem Abend einen zusätzlichen Mann: JÖRMUNGARD-Sänger Stefan. Er leistet FINSTERFORST nicht nur Gesellschaft, sondern auch seinen Beitrag zum Set und bleibt noch ein wenig länger. Von den schnellen Stücken bis hin zum Teil „zum Schunkeln“ kommen alle Tracks bei den Zuschauern gleichermaßen gut an, was der Band diesen ersten Auftritt nach langer Zeit umso mehr versüßen dürfte.
TOTENWACHE aus Hamburg machen den Abschluss und hüllen das Fimbul Festival nochmal in tiefe Schwärze und klirrende Kälte. Passend zur Witterung, denn es ist mittlerweile auf 13°C abgekühlt. Ein wenig leert sich das Gelände schon, doch viele wollen sich die letzten Momente dieser vielleicht einzigen Festivalerfahrung des Jahres nicht entgehen lassen. TOTENWACHE selbst keifen dem Publikum ihre Texte entgegen und überzeugen vor allem an den Gitarren, die in Abwesenheit eines Basses die gesamte Saitenfraktion stellen. So kommen auch die Anhänger des klassischen Black Metals nochmal auf ihre Kosten, bevor das Fimbul Festival endgültig zu Ende geht.
Fimbul Festival 2020 – überraschend normal
Angefühlt hat sich das Festival überraschend normal, denn die Masken haben sich mittlerweile so in unseren Alltag integriert, dass sie auch hier kaum noch aufgefallen sind. Headbangen funktioniert – bis auf minimales Verrutschen – auch wunderbar. Und wenn dies der Preis dafür ist, weiterhin Livemusik genießen zu können, dann ist das Preis-Leistungs-Verhältnis unschlagbar.
Bandgalerien Fimbul Festival Tag 2
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