Fiddlers Green
Seefestival Dettensee
Konzertbericht
Was dann aber für ein Fünfer auf die Bühne kam, hat mich echt überrascht. Wäre ich streng genommen schon mit allem glücklich gewesen, das nicht mehr wie die Öhsen Bonkelz klingt, waren die NO CREEPS schon nach den ersten Sekunden über diesen Status weit hinaus und haben gerockt wie Hölle. Hier hat am heutigen Tag alles zum ersten Mal makellos harmoniert, waren es die fehlerfreien Instrumentalisten, die überschwappende Spielfreude oder die wirklich clever geschriebenen Nummern. Und das nicht nur für Underground-Verhältnisse, denn derart oft zugunsten passender Akkorde vom Powerchordschema abzuweichen ist wirklich Zeichen einer makellosen theoretischen Grundausbildung. Diese war auch bei Frontsau Manuel deutlich zu erkennen, der nicht nur gesangstechnisch ganz schön Schmalz in der Stimme hat, sondern auch parallel wilde Twinsoli mit Leadgitarrist Bodo durchziehen konnte. Letztensendes sind NO CREEPS das klassische Beispiel einer Vorgruppe, die eigentlich schon längst das Niveau eines Anheizer hinter sich gelassen hat und es mit ner vernünftiger Vermarktung auch deutlich weiter schaffen könnten. Bis dahin freu ich mich aber noch, dass der Fünfer so fleißig die Region beackert.
FIDDLERS GREEN
Leider ist es aber oft das Los guter Vorbands, dass nach ihnen eine Band kommt die sie schon fast spielerisch in den Schatten stellen kann. Bei FIDDLERS GREEN war das definitiv der Fall, denn mit dem neuen Sänger Paddy, dem aktuellen großartigen Album „Drive Me Mad“ und der gewohnten Spielfreude, die über einige technische Probleme triumphierte, gab es für Fans gleich drei Gründe, mal besonders hinzuschauen. So prägt der neue Sänger das Bild der Band mittlerweile enorm und beansprucht wenigstens 50% des Stageactings für sich, ebenso wie das aktuelle Album durch seine bisher unerreichte Punkigkeit den Moshpulkfaktor ins unendliche katapultierte. Wo man sich also vor Jahren noch etwas bei den Fans aufregte, dass es plötzlich bei Songs wie „Nu Chicks“ zu Rempeleien in den ersten Reihen kam, ist es heutzutage das natürlichste der Welt, wenn der Platz vor der Bühne von Anfang bis Ende den Moshern gehört.
Vielleicht lag das aber auch daran, dass es festivaltypisch weniger Ansagen gab, und es daher kaum zu Verschnaufpausen zwischen den Songs kam. Eine längere Ruhephase gab es immerhin im Mittelteil, wo mit „Long Gone“ und „All These Feelings“ zwei ruhigere Sachen am Stück kamen und nahtlos in ein chilliges Djembensolo übergingen, bevor dann bei „When Will We Be Married“ auch eher geglotzt als gemosht werden konnte. Andere große Setlistüberraschungen gab es aber kaum. Der Nu-Folk-Opener „Tarry Trousers“ wurde leider gar nicht gespielt, „Irish Air“ hatte man sich für den Zugabenblock aufgehoben und stattdessen wurde das Konzert mit „Marie’s Wedding“ eröffnet. Immerhin gab es mit „highland Road“ schon einen Song vom neuen Album zu hören, das vermutlich nächstes Jahr erscheinen wird. Live hat jener auf jeden Fall Spaß gemacht, und wenn man ihn als Grundtendenz sehen kann, darf man sich in Zukunft wieder auf richtig bretzelnde Gitarren freuen.
Nach anderthalb Stunden war der Auftritt dann vorbei und die Band machte es sich wie gewohnt am Merchandisestand zum Autogramme-geben bequem. Damit reihten sie sich neben den Schwaben, die das Festival organisiert haben, definitiv zu den Gewinnern des Abends ein. 9,50 Euro für sieben Stunden Musik in einem absolut kultigen 500-Seelen-Nest, das ganz nebenbei auch noch diverse Dorfjugendbands mit Bühnenerfahrung sozialisiert hat, gibt es wirklich nicht alle Tage. Aber auch weniger lustige Gesellen, die sich über die Dorfkirmesstimmung oder den grandiosen Biotümpel auf dem „Festivalgelände“ nicht amüsieren konnten, hatten bei den Auftritten von den NO CREEPS und FIDDLERS GREEN keinen Grund den Kopf in die Spätzlemaschine zu stecken. Und wenns nach mir geht, headlinen im nächsten Jahr mindestens IRON MAIDEN.
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