Female Metal Voices Tour 2017
The Birthday Massacre & Co live in Potsdam

Konzertbericht

Billing: The Birthday Massacre, Sirenia, The Agonist, Xerosun und Elyose
Konzert vom 12.10.2017 | Lindenpark, Potsdam

Fotos von Andrea Friedrich

Unter dem Namen „Female Metal Voices Tour“ spielen an diesem Abend in Potsdam ganze fünf Bands, die sich, wie der Name der Veranstaltung schon sagt, unter dem Oberbegriff „female fronted“ zusammenfassen lassen. Bei genauerem Hinsehen haben sie darüber hinaus musikalisch allerdings recht wenig miteinander zu tun. Wie so oft kommt im Vorfeld, und dann schließlich auch im Verlauf des Konzerts selbst, die Frage auf, ob die Zeit der Events im Zuge des Un-Genres „Female Fronted Metal“ nicht schon eine ganze Weile vorbei ist.

Mit 18:30 Uhr ist der Einlass recht früh angesetzt. Es haben sich auch erst wenige Fans vor dem Potsdamer Lindenpark versammelt. Zum pünktlichen Beginn um 19:00 Uhr hat sich daran auch nicht sonderlich etwas geändert. Ein Blick in die überschaubare Menge fördert zudem vor allem augenscheinliche Hardcore-Fans der auftretenden Bands zutage, nämlich solche mit Bandshirts von THE BIRTHDAY MASSACRE, oder auch mal von SIRENIA. Voll ist also anders, aber was nicht ist, kann ja noch werden.

ELYOSE

Galerie mit 18 Bildern: Elyose - Female Metal Voices Tour 2017
Die zweifelhafte Ehre, den Abend vor einem noch sehr spärlichen Publikum eröffnen zu dürfen, wird den Franzosen ELYOSE zuteil. Sie starten eher gemächlich mit einem längeren Drum-Intro. Recht bald steigen dann aber die anderen Instrumente und Sängerin Justine mit ein. Die Band lässt sich eine eventuelle Enttäuschung ob der geringen Zuschauerzahl jedenfalls nicht anmerken und zieht die Sache professionell durch. Musikalisch bezeichnen sich ELYOSE selbst als „Electro Metal“. Tatsächlich verwenden sie gerade als Song-Intros aber auch allgemein im Hintergrund Samples, jedoch – zumindest live – nicht in einem Ausmaß, das gleich eine Genrezugehörigkeit rechtfertigen würde. Insgesamt kommt während des Sets der Franzosen leider wenig bis garkeine Begeisterung auf. Die einzelne Gitarre, die vom Stil her stark an NDH erinnert, gewinnt leider keinen Blumentopf.

Konzertfoto von Elyose auf dem Female Metal Voices Tour 2017

Elyose – Female Metal Voices Tour 2017

Auch die Vocals lassen stark zu wünschen übrig. Sängerin Justine trifft eher jeden zweiten Ton, die Gesangsmelodien scheinen in keinem Zusammenhang zur Musik zu stehen, und dann kommen auch noch Growls vom Band. ELYOSE machen eher den Eindruck einer zusammengewürfelten Gruppe als einer eingespielten Band. Da schockiert es fast, zu erfahren, dass es sie schon seit 2009 gibt und sie auch schon drei Alben veröffentlicht haben. Wesentlich jüngere Bands haben da schon einen besseren Job auf der Bühne gemacht. Dass sie es sich dann auch noch herausnehmen, ihre Spielzeit um einen ganzen Song zu überziehen, stößt ein wenig sauer auf. Zum Abschluss gibt es vom Publikum aber doch noch Applaus. Ob der ernst gemeint oder eher Höflichkeit ist, sei mal dahingestellt.

XEROSUN

Galerie mit 13 Bildern: Xerosun - Female Metal Voices Tour 2017
Wie immer nach einem nicht so tollen Auftritt, schaut man in die etwas ungewisse Zukunft und hofft auf eine bessere Band. Mit den Iren XEROSUN wird einem diese glücklicherweise auch prompt geliefert. Es liegt nicht nur am direkten Vergleich mit der Band davor – diese Truppe ist richtig gut. Die Halle ist zwar immernoch alles andere als voll, wirkt aber nicht mehr so vereinsamt. Sobald XEROSUN loslegen, bewegt sich die Menge auch brav näher zur Bühne, etwas, das ELYOSE selbst nach mehrmaliger Aufforderung nicht geschafft haben. Nun wird handwerklich toll umgesetzter Melodic Death präsentiert, der zumindest optisch – sprich Stage-Outfits – eine große Portion Pagan abgekommen hat. Sängerin Martyna mäandert gekonnt zwischen Growls und Klargesang, und legt dabei auch eine einnehmende Bühnenpräsenz an den Tag.

Konzertfoto von Xerosun auf der Female Metal Voices Tour 2017

Xerosun – Female Metal Voices Tour 2017

Vergleiche mit ARKONA wären trotz der vielen vermeintlichen Ähnlichkeiten aber eher unangebracht, denn klingen tun XEROSUN so eigentlich nicht. Man freut sich über die zweite Gitarre, die hier für ein ordentliches Rhythmusgerüst sorgt und den Leads so Raum zur Entfaltung gibt. Dieser Band merkt man ihre rund 13-jährige Geschichte auch an, denn sie sind top aufeinander eingespielt und liefern daher auch einwandfrei ab. Anders als bei den Openern des Abends überrascht es hier eher, dass es von XEROSUN erst zwei Veröffentlichungen gibt und sie bisher auch noch nicht wirklich auf dem Schirm der Szene erschienen sind. Am Ende des Sets denkt man sich jedenfalls, dass man sich das auch noch länger hätte anschauen können.

THE AGONIST

Galerie mit 14 Bildern: The Agonist - Female Metal Voices Tour 2017
Nun beginnt der Teil des Abends, wo man weiß, was einen erwartet. THE AGONIST haben sich ja schon längst fest etabliert, und auch die Trennung von Alissa White-Gluz hat daran nichts geändert. Als die Band die Bühne betritt, löst sie auch gleich einen kleinen Exodus aus und das nun angewachsene Publikum versammelt sich größtenteils ganz vorne. Während des ersten Songs fehlt zwar irgendwie noch ein wenig der Druck auf den Gitarren, das ändert sich aber bereits ab dem zweiten Song, sodass am Sound dann nichts mehr ausgesetzt werden kann. Stilistisch ist das Publikum durch XEROSUN natürlich schon auf den Melodeath, den auch THE AGONIST irgendwie machen, eingestellt. Natürlich präsentieren sich Letztere noch etwas moderner, aber es fällt deutlich auf, dass der Metalcore hier der Vergangenheit angehört.

Konzertfoto von The Agonist auf der Female Metal Voices Tour 2017

The Agonist – Female Metal Voices Tour 2017

Einige kleinere Breakdowns finden sich noch über das Set verteilt, aber insgesamt kommen einem THE AGONIST viel erwachsener vor, als man sie von früher kennt. Das mag auch daran liegen, dass Sängerin Vickys Vocals – sowohl die cleanen als auch ihre Gowls – weniger corig klingen, als die ihrer Vorgängerin es in dieser Band noch taten. Das alles ist vielleicht eine etwas späte Erkenntnis, aber wer die Band (wie ich) nicht durchgehend verfolgt hat, kann den Eindruck vielleicht nachvollziehen. Ebenfalls auffällig beim Stil ist, wie thrashig THE AGONIST live an diesem Abend klingen. Zusammen mit den punktgenau sitzenden Solos ergibt das ein ziemlich tightes Brett, das einem da präsentiert wird. Auch die Bühnenpräsenz stimmt natürlich. Ob synchrones (ventilatorengestütztes) Haareschwingen oder Interaktion mit dem Publikum, THE AGONIST haben es drauf, und es wird ihnen gedankt.

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15.10.2017

headbanging herbivore with a camera

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