Euroblast Festival
Der große Festivalbericht: So war das Euroblast X 2014 in Köln
Konzertbericht
Freitag:
Guten Morgen! Während ich an frischen Kaffee geklammert durch die um die Essigfabrik herum parkenden Autos wate, beobachte ich darin so manch interessante und vermeintlich unbequeme Schlafposition. Manchmal ist es ja schon ’ne feine Sache, in der Domstadt zu wohnen.
MAIN STAGE: Drinnen dann wieder gewohnte Dunkelheit. Und irgendwie erschreckende Leere. Der müssen zunächst auch AYAHUASCA entgegenblicken, als sie pünktlich zur Mittagszeit zu Tisch bitten. Leichte Kost bietet einem das Septett aus Köln aber keinesfalls. Personell als Standard-Death-Metal-Combo aufgestellt, wird der druckvolle Sound noch mit zwei Percussionisten und dezenten, aber passend gewählten Samples unterschiedlichster Art angereichert. Hier ein bisschen symphonische Epik à la SEPTICFLESH, da ein ägyptischer NILE-Einschub, doch die treibende (in feinster Euroblast-Manier auch gerne etwas proggyhafte) Rhythmik schafft stets den gemeinsamen Nenner, der über das extra fürs Festival verbaute WestLab-Audiosystem wahrhaft bis in Mark geht. DECAPITATED steht sicher auch irgendwo auf der Liste der zahlreichen Einflüsse der perfekt aufeinander eingespielten Herren, wobei mein lustiges Herumjonglieren mit Bandnamen nicht über die erstaunlich eigenständige Death-Metal-Interpretation hinwegtäuschen darf. Das düstere, passend in Dunkelgrün und Blau getauchte Gebräu ist weitaus mehr als die Summe seiner Teile, wie auch so mancher Zuspätkommer bzw. Teilnehmer am parallel stattfindenden Gitarren-Workshop noch früh genug merkt. Somit werden AYAHUASCA im Laufe des Gigs doch noch eine anständige Besucherzahl und uns ein fetter Gig beschert. Stark! (Alex)
SIDE STAGE: OPHELIAS GREAT DAY aus Jena bringen eine ordentliche Schippe Hardcore und Spielfreude auf die Nebenbühne. Vor allem die Bassistin Anja Sturm kann sich ein zufriedenes Lächeln oft nicht verkneifen. Dazu gäbe es auch keinen Grund, denn die Leute feiern mit der Band, deren Sänger nicht nur optisch oft an Howard Jones (Ex-KILLSWITCH ENGAGE) erinnert – nur ohne die Cleanparts. Ein Paar Subbässe zu viel, ansonsten rund. (Eugen)
MAIN STAGE: Nach AYAHUASCA bleibt es erst einmal exotisch auf der Hauptbühne – zumindest für Euroblast-Verhältnisse. Denn die Jungs von FUCK YOU AND DIE djenten und progen nicht – sie ballern. Und das unglaublich kurzweilig. Roman, das Frontschwein brüllt, growlt, breet und witzelt zwischen den Songs, während der Rest der Band einen Brecher nach dem anderen raushaut. Ob neues Material vom aktuellen Album „Elements Of Instability“, das die chronische Bühnenabwesenheit von NECROPHAGIST gleich viel erträglicher macht, oder Songs vom ersten Album wie dem saumäßig im Refrain groovenden „Veni Vici“oder der 10(?)-Sekunden-Nummer „Human Torch“ – die Abwechslung macht mega Bock. Am Ende wird noch der Song „Verweser“ des Nebenprojekts (eines der unzähligen) BRANNTHORDE gespielt, bei dem die komplette Instrumentalfraktion (bis auf Drummer Tobi) die Gerätschaften tauscht. So geht Kreativität mit ganz viel „Fuck You“-Attitüde. Toller Gig. (Eugen)
Danach wird es wieder ein wenig zugänglicher, wobei: wirklich nur ein wenig. Die Briten CARCER CITY haben die Bühne betreten und feuern ihre verkopften Core-Salven ins Publikum. Ziemlich rüde und schroff agiert der Fünfer, was einige der Anwesenden mit munterem Nicken quittieren. Der ganz große Wurf gelingt den Engländern aber nicht. Zu bemüht verschachtelt und chaotisch sind die Songs. (Anton)
Dass die musikalische Messlatte nun unglaublich hoch lag, kümmerte AGENT FRESCO herzlich wenig. Jeder, der die drei Isländer samt dänischem Front-Phänomen schon einmal live erlebt hat, wird wissen, dass es das Quartett ohnehin mühelos mit den spielerischen Fertigkeiten der Genre-Spitze aufnimmt. Stilistisch sind AGENT FRESCO natürlich in etwas anderen Gefilden unterwegs, zwischen gelegentlichen, eruptiven Ausbrüchen gibt es immer wieder viel Verträumtes und Sphärisches. Die Reaktionen im Publikum zeigen dann auch spätestens nach dem ersten Song, was das Euroblast so besonders macht: Auf jedem anderen Festival würden sich die Langhaarigen und Kuttenträger nach wenigen Minuten angewidert abwenden und schnell das Weite (=den nächsten Bierstand) suchen. Da hier aber – wir erwähnten es bereits – eine Menge Musiker anwesend sind, bleibt die Halle voll, Arnór Dan Arnarson rastet gemeinsam mit der Menge aus – und die halbe Essigfabrik singt „A Long Time Listening“ voller Inbrunst mit. Was man hier erlebt, ist nicht weniger als ein Siegeszug der experimentellen Musik. Leidenschaftlich, mitreißend – und atemberaubend schön. Highlight! (Anton)
SIDE STAGE: Dass einer wie MIKE DAWES auf einem solchen Festival aufspielt, ist an sich schon bemerkenswert. Der britische Fingerstyle-Gitarrist ist neben Thomas Leeb, Andy McKee und Jon Gomm einer der Internet-Stars des Gitarrenspiels. Wie und warum er den Weg nach Köln gefunden hat, kann ich nicht sagen. Nur, dass ich demjenigen, der dafür verantwortlich ist, gern einen dicken Schmatzer direkt aufs Gesicht geben möchte. Da ich den sympathischen Engländer schon länger auf dem Schirm habe, bin ich natürlich gespannt wie ein Flitzebogen, was da auf der Side Stage zur späten Stunde passieren würde. Und letztlich werden meine Erwartungen bestätigt, wenn nicht gar übertroffen. DAWES betritt mit seiner Klampfe die Bühne, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt, zockt seine Songs in beeindruckender Manier – und hinterlässt nichts als Staunen und Begeisterung bei den Anwesenden. Ob nun auf Zehn-Finger-Gitarre umgesetzte Chart-Cover, eigene Stücke oder ein kurzer Workshop zum Thema „Wie spiele ich Fingerstyle-Gitarre?“ – der Mann erntet ausschließlich Beifallsstürme. Und verlässt schließlich nach einer viel zu kurzen Dreiviertelstunde die Bühne. Wahnsinns-Ausklang eines ereignisreichen Tages! (Anton)
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Ach, da werden tolle Erinnerungen wach. Klasse Bericht!