Endseeker & Fleshcrawl beim Metal-Stammtisch Saalfeld
Death Metal in der Aula

Die altgediente Institution des Saalfelder Metal-Stammtisch lädt zum gehobenen Death-Metal-Menü und serviert eine Schlachtplatte bester Wahl. Was für eine leckere Zusammenstellung für Freund:innen schwedisch klingenden Todesstahls aus Deutschland – sind doch FLESHCRAWL seit gut dreißig Jahren eine feste Größe in diesem Bereich, wohingegen ENDSEEKER spätestens mit ihrer aktuellen Platte “Global Worming” im Nachwuchsbereich kräftig nachlegen und an diesem Abend verdientermaßen den Headliner geben. Wegen notwendiger Renovierungsarbeiten muss der Abend übrigens vom ursprünglich geplanten Klubhaus Saalfeld in die Aula einer Schule im eingemeindeten Vorort Gorndorf verlegt werden.

Erster Gang: NIGHTBEARER

Mit NIGHTBEARER wurde der erste Gang zwar seltsamerweise vor den Hors d’Œuvre serviert – warum, werdet ihr gleich erfahren –, aber das will uns mal nicht stören. Der Fünfer aus Nordrhein-Westphalen passt gut zu den beiden Hauptacts. Die Band um die beiden BURDEN-OF-GRIEF-Musiker Dominik Hellmuth (Gitarre) und Manuel Lüke (Drums) spielt ebenfalls gut gemachten, schwedisch klingenden Death Metal. In Sachen Acting fehlt ihnen teilweise noch das überregionale Format – im Gegensatz zu vielen anderen Bands wirkt der Local-Band-Faktor bei NIGHTBEARER aber äußerst sympathisch.

Galerie mit 28 Bildern: Nightbearer – 2024 in Saalfeld

Die verzögerte Vorspeise: SLOW FALL

Hui, da war jemand aber nicht so wahnsinnig kreativ bei der Wahl des Bandnamens. Sympathisch kommen SLOW FALL aus Oulu in Finnland aber ebenfalls rüber. Mit der Kreativität haben sie’s hingegen generell nicht so, denn was sie machen klingt wie eine um 15 bis 20 Jahre aus der Zeit gefallene Mischung aus einem Viertel HYPOCRISY und drei Vierteln CHILDREN OF BODOM. Keyboarder Lasse Launimaa hat sich vom angekippten Keyboard, über die Posen bis zur Wahl des Keyboards und seiner Sounds selbst einiges von COB-Tastenmann Janne Wirman abgeschaut. Da kann man schon mal nostalgisch grinsen, besonders viele Blumentöpfe werden SLOW FALL allerdings nicht abräumen, obwohl sie ihre Songs alles andere als schlecht zocken.

Galerie mit 16 Bildern: Slow Fall – 2024 in Saalfeld

Erster Hauptgang: FLESHCRAWL

Immer noch im Gedächtnis ist die bewegende Tribut-Show an den viel zu jung verstorbenen FLESHCRAWL-Sänger Sven Gross auf dem Party.San vor zwei Jahren. Nach den schwierigen Zeiten scheinen sich FLESHCRAWL einigermaßen gefangen zu haben und präsentieren sich als top eingespielte Band, die ihren neuen Sänger Borisz Sarafutgyinov gut aufgenommen hat. Dessen Jogginghosen sind zwar ein modischer Fehltritt sondersgleichen, seine Gesangsleistung an diesem Abend aber ohne Unterlass eine Freude.

So ballern sich die Schwaben mit viel Uffta-Uffta durch einen Querschnitt ihrer beachtlichen und zu Unrecht oft übersehenen Karriere und liefern mit beeindruckender Kondition eine runde Stunde superbes Death-Metal-Entertainment. FLESHCRAWL haben an diesem Abend bewiesen, dass sie zu den respektabelsten einheimischen Bands des Genres gehören. Die Vorfreude auf die erste gemeinsame Scheibe mit neuer Musik in dieser Besetzung ist groß. Es ist schön, dass ihr nicht aufgegeben habt, Jungs!

Galerie mit 12 Bildern: Fleshcrawl – 2024 in Saalfeld

Zweiter Hauptgang: ENDSEEKER

Alle Lobesworte über FLESHCRAWL könnten an dieser Stelle im Prinzip auch über ENDSEEKER geschrieben werden. Mit dem Unterschied, dass man den Hamburgern an ihrer Präsenz anmerkt, dass sie gerade verhältnismäßig erfolgsverwöhnt sind und mit ihren jüngsten beiden Alben allseits als perfektes ENTOMBED-Worshipping gefeiert wurden. Überkritisch könnten wir anmerken, dass die Performance vielleicht ein wenig zu kalkuliert und routiniert wirkt – doch die Jungs haben sichtbar Spaß und zocken sich mit dem besten Sound des Abends durch eine tolle Setlist, die schwerpunktmäßig natürlich “Global Worming” und “Mount Carcass” abdeckt.

Besonders beeindruckt Shouter Lenny, der während der Songs verstörend wie Dahmer, zwischen den Songs aber so knuffig wie Pu der Bär rüberkommt. So in etwa jedenfalls. Daran muss man sich gewöhnen, es verleiht dem Konzert aber einen besonderen Reiz. ENDSEEKER sind super aufeinander eingespielt und räumen eine leider nicht gänzlich volle Schulaula ordentlich ab.

Apropos Schulaula: Zwar ist die Location im Vergleich zum wesentlich zentraler gelegenen und natürlich auch szenetauglicheren Klubhaus zunächst ein wenig skurril. Da hier aber von allen anwesenden für vier Stunden eine wirklich fette Party gefeiert und dankbar angenommen wird und alle Bands bemerkenswert abgeliefert haben, vergisst man das innerhalb von Minuten. Chapeau, Metal-Stammtisch Saalfeld für einen gelungenen Abend!

Text: Johannes Werner | Fotos: Katja Wisotzki

Galerie mit 17 Bildern: Endseeker – 2024 in Saalfeld