Eivør
Live in Hamburg und Berlin
Konzertbericht
EIVØR: Gute Lieder – ständiger Stimmungswechsel
Doch daraufhin wird die Stimmung erst einmal durch eine Umbaupause unterbrochen. Nach einer halben Stunde betritt die eigentliche Headlinerin EIVØR mit ihrer kleinen Band – Drums, Bass (ohne E) und E-Piano – die Bühne. Im Intro sind die Drums noch nicht zu hören: Hier prägen weiterhin ein wunderschöner Gesang, das Piano und der Bass die Stimmung. Es klingt erst wie eine Fortsetzung von SYLVAINEs Show. Shazam schlägt buddhistische Meditationsmusik vor. Definitiv falsch, aber zugleich nicht völlig abwegig. Tatsächlich spielen die Band zu Beginn die ersten vier Songs, also Seite A, von EIVØRs neuester Platte “Enn”.
Eins stört: Ständig wechseln sich träumerische, meditative Songs mit treibenden Songs ab. Obwohl die, teils recht harten, elektronischen Beats immer wieder in epischen Liedern münden, gelingt es mir im beständigen Wechsel nicht, in eine klare Stimmung zu finden. In einem Moment träume ich von Landschaften auf den Färöern, im nächsten verspüre ich den Drang zu tanzen, der im folgenden Lied dann direkt wieder von Ruhe eingefangen wird.
Auf “Purpurhjarta”, dem vierten Song der neuesten Platte und des Konzerts, folgen einige ältere Lieder: “Let it come” ist auf Englisch und mit seinem Chorus und Beats schon fast poppig und gleichzeitig sehr angenehm. Das folgende “Skyscrapers” aus ihrer Corona-Zeit holt mich persönlich nicht ab. Dann folgt mit “Trøllabundin“ der erste wirklich mitreißende Song: Gutturaler Gesang, eindringliche nordische Texte, EIVØR spielt eine traditionelle Trommel, und das Publikum jubelt – zum ersten Mal wird während des Konzerts mitgeklatscht. Es ist 21:40 Uhr.
Ab dem neunten Song präsentieren die Musiker die B-Seite von “Enn”. Der Bass wird zunehmend treibender und um 22:00 Uhr kündigt ein donnerndes Gewittergrollen den ersten echten Hard-Rockigen-Song an. Nach diesem intensiven Intermezzo folgt aber wieder ein melancholisch-verträumtes Lied, während die Halle in blaues Licht getaucht wird. Anschließend erklingen erneut starke Riffs und harte Beats, es setzt sich eine Uneasiness im Kontrast zur Ruhe ein. Dieses Muster setzt sich fort, bis gegen 22:30 “Falling Free” als Zugabe gespielt wird.
Gute Stimmung – aber ist es das Geld wert?
Die Moderation während des Konzerts ist dezent. Alle paar Songs gibt es kurze, aber nette Ansagen. Bis auf ein Zwischenspiel bleiben sie jedoch nicht Erinnerung: Bei einem nordischen, gutturalen Lied fordert EIVØR zum Mitsingen auf und alle scheitern, was durchaus für Amüsement sorgt. Auch EIVØR’s Band bleibt meist im Hintergrund, das Rampenlicht gehört ihr. Erst bei einem der letzten Stücke tritt der Bassist stimmlich in Erscheinung. Das bedeutet nicht, dass die Band keinen verdienten Applaus erhält – Beifall gibt es reichlich und durchgehend. Insgesamt ist das Publikum in großen Teilen bewegt und genießt den Abend, ebenso wie EIVØR selbst.
Bleibt die Frage: Ist das Konzert fast 50 Euro wert? Viele der Fans vor Ort dürften sicherlich sofort mit „Ja!“ antworten. Der Klang ist hervorragend, die Atmosphäre beeindruckend. Aber für mich persönlich fehlt der Fokus: Der ständige Wechsel zwischen Liedern, die zum Träumen oder Tanzen einladen, führt dazu, dass am Ende weder noch richtig gelingt. Hier hätte ich mir einen klaren Schwerpunkt oder zumindest deutlichere Abschnitte gewünscht. Obwohl ich den Abend genossen habe, würde ich mein Geld vermutlich lieber für eine andere Band ausgeben – zumindest während der aktuellen Tour. Wenn die nächste Deutschland-Tour einen klareren Fokus hat, sehe ich mich wieder bei EIVØR im Publikum.
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