Eisheilige Nacht 2018
Konzertbericht
Eine Reise ins Ungewisse
Es ist schon eine richtige Tradition für mich geworden, kurz vor Heiligabend zur Eisheiligen Nacht in den Alten Schlachthof in Dresden zu gehen. Doch 2018 ist alles anders, das Weihnachtsfest wird nicht im heimischen Sachsen gefeiert und die Eisheilige Nacht in Dresden muss daher auch ausfallen. Glücklicherweise spielen die Gastgeber SUBWAY TO SALLY in jedem Jahr auch einen Termin in Bochum – Schwein gehabt! Nun lässt sich zum 10jährigen Bestehen der Eisheiligen Nacht der direkte Vergleich zwischen Dresden und Bochum ziehen. Welche Location hat den besseren Sound? Wo tanzt die Meute ausgelassener? Und wo schmeckt die Brezel am widerlichsten?
Der Ruhrcongress in Bochum
Nun die letzte Frage lässt sich leicht beantworten. Selten war der Snack zum Bier so matschig und fettig, sodass der Sieg in dieser Kategorie ganz klar an Bochum geht. Dabei hat der Ruhrcongress zunächst einen fantastischen Eindruck gemacht. Die Location bietet allen Gästen massig Platz, ein enges Gedrängel wie im Alten Schlachthof gibt es nicht. Neben den üblichen Merchandise-Ständen befindet sich zudem im Foyer ein kleiner mittelalterlicher Marktstand mit allerlei Krams und Kleidung für den geneigten Liebhaber. Der Konzertsaal selbst ist auch trotz halbiertem Areal noch gewaltig groß und bietet so für die zahlreich erschienenen Fans genug Tanz- und Stehfläche. Der erste Eindruck ist demnach bis auf die Brezel hervorragend.
PADDY AND THE RATS
Bevor es mit der ersten Band des Abends beginnen kann, betritt ERIC FISH die Bühne und hält eine seiner üblichen langen Ansprachen. Das einzig wirklich spannende dabei sind die Neuankündigungen für 2019, die es in sich haben! 2019 werden VOGELFREY, die Gossengenossen von KNASTERBART und die Folk-Rock-Instanz FIDDLER’S GREEN die Gastgeber SUBWAY TO SALLY begleiten. Nach gebührendem Applaus für das wirklich starke Line-up im nächsten Jahr, geht es endlich mit PADDY AND THE RATS los.
Gleich zu Beginn offenbart sich ein riesiges Problem. Die Folkrockband aus Ungarn spielt zwar bei perfektem, glasklarem Sound nur leider mit deutlich überhöhter Lautstärke. Das trübt die Freude, die ich am Auftritt von PADDY AND THE RATS haben könnte leider stark, sodass die lebendige Performance kaum zur Geltung kommt. Die Musik ist tanzbar und erinnert auf positive Art an FIDDLER’S GREEN und Songs wie “Join The Riot“ sorgen zumindest bei einem Teil des recht verschlafenen Bochumer Publikums für springendes Vergnügen. Um die Livequalitäten von PADDY AND THE RATS besser einschätzen zu können, müsste man sie sich einmal bei vernünftigem Sound anhören.
Galerie mit 20 Bildern: Paddy & The Rats - Eisheilige Nacht 2018 in Gießen Galerie mit 1 Bildern:
RUSSKAJA
Deutlich turbulenter geht es bei RUSSKAJA zu, die sich im Verlauf der letzten Jahre eine scheinbar riesige Fanbase erspielt haben, zumindest, wenn man nach den Reaktionen des Bochumer Publikums auf die ersten Songs schließt. Nach einem musikalisch bunten Intro, das sich zwischen Technoverschnitt und Alternative Rock seine Bahnen zum RUSSKAJA-Sound bahnt, wird sich bei Songs wie “Love Revolution“ erst einmal warmgemacht. Es beginnt zunehmen zu eskalieren, treibt doch der Ska-Polka-Punk von “Change“ und dem absurd-komischen “Traktor“ die Stimmung immer weiter nach oben. RUSSKAJA nutzen die enorme Fanfreude, um ihr 2019 erscheinendes Album zu promoten und den Titelsong “No One Is Illegal“ vorzustellen. Für Song und Botschaft gab es herzerwärmend lauten Beifall. Das Spring-und-Tanz-Fitness-Programm von RUSSKAJA gipfelt schließlich in “Energia“, was ein zufriedenes und zertanztes Bochum zurücklässt. Der Sound war im Übrigen deutlich besser – als hätte man meine Gedanken gelesen.
Galerie mit 22 Bildern: Russkaja - Eisheilige Nacht 2018 in Gießen Galerie mit 1 Bildern:VERSENGOLD
Keine Band habe ich schon derart oft live gesehen wie VERSENGOLD und keine Band hat mich bislang mehr auf den Konzerten begeistert. Immer wieder schafft es die Folk-Band aus Bremen, ihren einzigartigen Sound live so kraftvoll und verspielt zu präsentieren, dass man davon angetan sein muss. So ist es auch an diesem Abend in Bochum, als zu “Niemals sang- und klanglos“ die ersten Fans das Tanzbein schwingen – ein wenig verhaltener als man es von eigenen Konzerten der Band kennt, zugegeben, aber das tut der Stimmung keinen Abbruch. Nur Sänger Malte leidet spürbar unter einer Erkältung, was seine Stimme ein wenig kratzen lässt. Tapfer zieht er jedoch Song für Song durch, seine Mitstreiter zerlegen indes wie gewohnt die Bühne. Besonders bemerkenswert sind dabei die neuen Songs, von denen es gleich drei zu hören gibt. VERSENGOLD präsentieren zunächst “Der Tag, an dem die Götter sich betranken“, was bereits 2018 auf einigen Festivals gespielt wurde. Die fröhliche und tanzbare Nummer macht Lust aufs neue Album, wird jedoch noch vom düsteren “Teufelstanz“, einer regionalen Geschichte aus der Heimat der Musiker, und der klaren Botschaft von “Wir tanzen nicht nach braunen Pfeifen“ übertroffen. Ähnlich wie bei RUSSKAJA gibt es auch bei VERSENGOLD für die neuen Stücke tosenden Applaus.
Garniert wird das Programm mit alten und neuen Hits der Band, wie “Samhain“ und “Wem? Uns!“, das Bassist Eike mit seiner berühmt berüchtigten Tanzeinlage veredelt. Besonders erfreulich für mich: Der Sound hält. Noch viel erfreulicher: Zum Abschluss wird statt dem meiner Ansicht nach wenig überzeugenden “In aller Ohr“ der Klassiker “Ich und ein Fass voller Wein“ samt “Weinfass Tune“ gespielt – auch hier zeigen SUBWAY TO SALLY, dass sie ein Händchen dafür haben, grandiose Live-Bands auf ihre Eisheilige Nacht einzuladen.
Galerie mit 24 Bildern: Versengold - Eisheilige Nacht 2018 in Gießen Galerie mit 1 Bildern:SUBWAY TO SALLY
Achja, da gab es ja noch eine Band. Bei stets gutem Line-up gerät manches Mal in Vergessenheit, dass auch die Gastgeber selbst ein Konzert spielen – und was für eines! Zum 10jährigen Jubiläum ihrer Eisheiligen Nächte beginnen SUBWAY TO SALLY gleich mit einem neuen Lied vom kommenden Album „HEY!“: “Königin der Käfer“, ein kerniges und düsteres Stück Musik überrascht doch den einen oder anderen Anwesenden ob des Härtegrades. Überraschend geht es weiter, denn “Mitgift“ und “Feuerland“ zählen nicht unbedingt zu den stets gespielten Hits der Band, kommen daher umso besser bei den Fans an.
Doch auch die Hits soll es geben. So verkündet ERIC FISH in seiner gewohnt selbstbewussten Art, dass es sicherlich Künstlerinnen und Künstler gibt, die sich bei den folgenden Stücken fragen, warum ihnen selbige nicht eingefallen sind. Es ertönen “Kleid aus Rosen“ und “Eisblumen“ – man mag die Ansage seltsam finden, aber recht hat er ja, der ERIC. Die Fans indes kommen immer mehr in Fahrt und feiern zu Klassikern wie “Tanz auf dem Vulkan“ oder aktuelleren Stücken wie “Für immer“ mitsamt famosem Geigenpart von ALLY THE FIDDLE, die nun schon seit geraumer Zeit als feste Musikerin zu SUBWAY TO SALLY gehört.
Mit dem von Gitarrist Simon vorgetragenen neuen Stück “Imperator Rex Graecorum“, dessen “Nanana“-Part ein wenig gewollt klingt, neigt sich das starke Set seinem Ende zu. Es wird also Zeit, für den gemeinsamen Auftritt aller Bands zu einem Song der Gastgeber. Wie schon im letzten Jahr wurde dafür “Veitstanz“ ausgewählt, dass durch Musikerinnen und Musiker von RUSSKAJA und VERSENGOLD noch einmal an Druck gewinnt. Wo PADDY AND THE RATS derweil bleiben, ist ein Rätsel. Nichtsdestotrotz sind gerade diese Lieder besonders sehen- und hörenswert, so auch 2018 in Bochum. Den Abschluss bilden “Grausame Schwester“ und das obligatorische “Julia und die Räuber“, wozu noch einmal kräftig gefeiert wird.
Galerie mit 22 Bildern: Subway To Sally - Eisheilige Nacht 2018 in Gießen Galerie mit 1 Bildern:
Dresden vs Bochum – Der Endstand
Auch wenn ich gern in den Alten Schlachthof gehe, so hat mich der Ruhrcongress definitiv überzeugt, mit kleinen Abzügen für den Sound und die Verpflegung. Dem Publikum verzeihe ich aufgrund der mit Weihnachtsbraten gefüllten Mägen die anfängliche Müdigkeit, denn schließlich wurde insgesamt genauso kräftig gefeiert wie in Dresden. Hut ab, Bochum! Nichtsdestotrotz wird es wohl 2019 wieder zurück in den kuscheligen Schlachthof gehen.
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