Monuments Tour 2017
Die Spaßvögel werden erwachsen?
Konzertbericht
EDGUY (Köln)
Der lässt sich – nach einer erfreulich kurzen Umbaupause – nicht lange bitten und legt mit “Love Tyger” heißblütig los, sodass das Spaß-O-Meter schon mit dem ersten Song auf Anschlag ist. Die Fäuste der ganzen Halle sind in der Luft und beim Refrain brechen erste Dämme. EDGUY sind super in Spiellaune und Tobi Sammet grinst von einem Ohr zum nächsten. Kein Wunder, wer mit der Hymne “Vain Glory Opera” an Stelle zwei im Set und dem harten “Mysteria” nachlegt, kann nichts falsch machen. Tobi geizt nicht mit humorvollen Ansagen und vergisst dabei auch nicht Mischer Achim Köhler für einen tollen Job zu danken.
“Land Of The Miracle” markiert dann die erste Verschnaufpause. Mir persönlich ist die Nummer zu cheesy (ebenso wie das später gespielte “Save Me”), aber man muss es EDGUY lassen: den mehrstimmigen Gesang bekommen sie zu fünft 1a hin. Mit “Lavatory Love Machine” nimmt der Partyzug dann wieder Fahrt auf, bevor “The Piper Never Dies” anspruchsvolle(re) Musik bietet. Zwar ist die überlange Nummer sicherlich eine der progressiveren im edguyschen Kosmos, der mächtige Refrain schlägt aber eine perfekte Brücke zum Eröffnungstrio. Hierbei zeigt sich abermals wie perfekt die Band aufeinander eingespielt ist. Wenig erstaunlich, wenn man bedenkt, dass EDGUY im Prinzip (zumindest seit 1998) keinen Besetzungswechsel erleiden mussten. Wem “The Piper Never Dies” dennoch zu langatmig war, darf anschließend bei “Tears Of A Mandrake” wieder ordentlich feiern. Mitsingteil inklusive.
Drummer Felix Bohnke ist bei seinen Soli darauf bedacht die alte Gleichung ‘Drumsolo = Bierstand’ nicht aufgehen zu lassen. Dafür lässt er sich auch heute wieder neue Elemente einfallen. Unter dem Strich zieht es bei seinem Solo aber doch recht viele Fans an die Tränke. Schade, denn neben dem spielerischen Können sind die Soli des EDGUY-Drummers immer auch witzig. “Babylon” (inkl. “The Trooper”-Kurzcover) beschließt nach viel zu kurzer Zeit den offiziellen Set, was die Fans aber nicht auf sich sitzen lassen und die Band für zwei Zugaben wieder auf die Bühne schreien. “Superheroes” ist nicht ganz so cool wie “Babylon”, kann die Stimmung aber halten. Der letzte Song “King Of Fools” beendet perfekt einen superben Konzertabend, der lediglich etwas zu kurz geraten ist, und den einen oder anderen Kracher (“Nailed To The Wheel” wäre beispielsweise als Pendant zu “Mysteria” wunderbar gewesen) vermissen lässt.
Natürlich ist es so, dass bei einem Best-Of-Set nicht jeder Fan gleichermaßen zufriedengestellt wird, aber das mussten auch schon andere Bands erfahren. Unter dem Strich haben EDGUY geliefert und entlassen eine ausverkaufte Essigfabrik in den noch immer jungen Abend. Auf die nächsten 25 Jahre EDGUY!
EDGUY (Stuttgart)
Nach einer überschaubaren Umbaupause wird es dann auch schon Zeit für den Headliner. Im gut vorgewärmten LKA brauchen EDGUY nicht mehr viel zu tun, um die Menge komplett zum Ausrasten zu kriegen – die ersten Takte von „Love Tyger“ und ein paar routinierte Dicke-Eier-Rockstar-Posen (oder eine gekonnte Parodie auf selbige – wer kann das schon so genau sagen?) von Tobias Sammet scheinen dazu bereits vollkommen auszureichen. Tatsächlich haben die Jungs das jüngste Stück auf ihrer Setlist ganz nach vorne gepackt. Und ja, damit haben wir bereits den ersten Kritikpunkt angesprochen: Obwohl EDGUY extra für ihr vor kurzem veröffentlichtes „Monuments“-Best-Of eine satte Handvoll gutklassiger neuer Stücke komponiert haben, kommt kein einziges von diesen heute zum Einsatz. Mehr Mut, Jungs, daran mangelt es euch doch sonst auch nicht!
Klar, wenn man den umfangreichen Backkatalog bedenkt, dürfte die Songauswahl auch so schon anspruchsvoll genug gewesen sein. Zumal – und da lauert dann schon der zweite und größte Kritikpunkt des heutigen Abends – die Netto-Spielzeit gerade einmal an der 90-Minuten-Marke kratzt. Das mag zwar eine durchaus übliche und an und für sich auch ausreichende Konzertdauer sein, wenn man den Fans zum Jubiläum aber etwas besonderes bieten möchte, sind „üblich“ und „ausreichend“ keine Kategorien, in denen eine Band denken sollte.
Dafür holen EDGUY an anderer Stelle die Kastanien wieder aus dem Feuer. Anstatt routiniert ihren Stiefel runter zu spielen, merkt man allen Beteiligten an, wieviel Spaß sie immernoch bei ihrer Arbeit haben. Von Tobias Sammets großmäuligen Sprüchen über Jens Ludwigs gefühlvolle Gitarren-Leads bis hin zu Felix Bohnkes kraftstrotzendem Drumming atmet die gesamte Darbietung ungebrochene Leidenschaft und bodenständige Spielfreude. Auch nach 25 Jahren blitzen hinter der erfahrenen Heavy-Metal-Star-Fassade eben immer wieder die kleinen Schuljungen hervor, die gar nicht so recht fassen können, welche Begeisterungsstürme sie mit ihrer Musik entfachen.
Sicherlich haben EDGUY das Jubiläum zum Anlass genommen, sich auf ihre Anfangstage zurück zu besinnen und die eigenen Wurzeln neu zu entdecken. So dominieren die Stücke vom 2004er „Hellfire Club“-Album das Geschehen, welches nicht nur ihren Nuclear-Blast-Einstand markierte, sondern auch den unverfälschten Power-Metal-Ansatz der frühen EDGUY-Jahre zur Vollendung brachte. Das epische „The Piper Never Dies“ entpuppt sich sogar als heimlicher Überraschungs-Hit des heutigen Abends, während die dezent progressiven Anklänge und die überhaupt nicht dezenten Stadionrock-Elemente des jüngeren Bandschaffens eher unterrepräsentiert scheinen. Vermutlich lässt sich hier bereits erahnen, in welche Richtung das nächste EDGUY-Album wohl gehen könnte – und es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn die Mehrheit der Fans das nicht für eine freudige Nachricht halten sollte.
Galerie mit 22 Bildern: Edguy - Monuments Tour 2017Setlist EDGUY:
- Love Tyger
- Vain Glory Opera
- Mysteria
- Land Of The Miracle
- Lavatory Love Machine
- The Piper Never Dies
- Tears Of A Mandrake
- Drum-Solo
- Ministry Of Saints
- Save Me
- Babylon
- Superheroes
- King Of Fools
Text: Colin Büttner (Köln), Florian Schörg (Stuttgart)
Pics: Christian Plath (Stuttgart), Steffi Büttner (Köln)
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