Dymytry
Jubiläumskonzert
Konzertbericht
Die Band DYMYTRY kennen nur wenige in Deutschland – durch vereinzelte, kleinere Festivalauftritte und ihre gemeinsame Tournee mit HÄMATOM konnten sie sich hierzulande schon vorstellen. In ihrer Heimat Tschechien gehören sie aber zur Speerspitze der lokalen Szene. 2003 gegründet ist das Quintett aktuell die erfolgreichste Band des Landes. Grund genug also, das zwanzigste Bandjubiläum würdig zu feiern. DYMYTRY wollen diesen Abend mit so vielen Fans wie möglich genießen und haben daher die O2 Arena Prag – die größte Indoor-Venue Tschechiens – zu ihrer Partystätte ernannt. Ein riskanter Plan, der aber aufgeht – die Halle mit einer Kapazität von 14.000 Plätzen ist restlos ausverkauft. Das können wir von metal.de uns nicht entgehen lassen und sind für diesen einmaligen Abend in die tschechische Hauptstadt gefahren.
Trotz der klirrenden Kälte in Prag drängen die ersten hartgesottenen Fans mit Bandshirts auf den Vorplatz der O2 Arena oder wärmen sich in dem anliegenden Einkaufszentrum auf. Die besten Plätze werden hart umkämpft sein. Kein Wunder – denn schon im Vorfeld haben Fronter Jan “Protheus” Macků und seine Jungs eine einmalige Show, die alle Erwartungen sprengen werde, versprochen. Doch nicht nur deswegen sind so viele Fans angereist. Sänger Protheus hat bekanntgegeben, dass dies sein letzter gemeinsamer Abend mit der Band sein wird. Nachdem sich die Tore zur Arena öffnen, füllen sich Infield, Front-of-Stage und die oberen Ränge dementsprechend schnell.
#ČERNÁ überzeugen vor voller Hütte
Dadurch können die jungen Modern-Metaller #ČERNÁ von Beginn an vor vollem Haus spielen. Und das machen die Jungs mit einem so großen Selbstbewusstsein, als würden sie regelmäßig vor 14.000 Leuten spielen. Die Band schreibt sich bewusst mit einem „#“ im Namen, um sich vermutlich von der gleichnamigen Instrumental-Truppe abzuheben. #ČERNÁ spielen ihre Songs ausschließlich auf Tschechisch, weswegen wir nicht genau wissen, worüber sie singen. Die heimischen Zuschauer hingegen nehmen sie mit großem Jubel in Empfang und jeder Song wird gefeiert und mitgesungen. Bei einem Stück werden bis zum Oberrang hinauf die Handytaschenlampen angeschaltet und die Halle in ein “Sternenmeer” verwandelt. #ČERNÁ haben ihr Publikum gut im Griff und nach 30 Minuten Spielzeit kocht die O2 Arena vor Adrenalin.
Die Tschechen fackeln nicht lange
Andere Hauptacts lassen ihre Fans ja gerne länger zappeln – umfangreicher Bühnenumbau, erneuter Soundcheck, der Sänger muss nochmal aufs Klo. Die Gastgeber haben sich aber gut vorbereitet und überraschen die Fans schon nach einer 15-minütigen Pause. Doch so direkt geht die Show nicht los. Die Lichter in der Arena werden ausgeschaltet und auf den beiden LED-Wänden läuft ein Video, bei dem ein angeblicher Trainer des FC Dymytry eine Ansprache hält. Alles auf Tschechisch, weshalb der Inhalt der Rede nicht wiedergegeben werden kann. Die Aufzeichnung zieht sich aber viel zu sehr in die Länge und das Publikum wird von Minute zu Minute ungeduldiger.
Mit dem Ende des Videos ist es dann endlich so weit und die Musiker betreten nacheinander die große Bühne. Auf einem zusätzlich errichteten, den FOS einrahmenden Laufsteg beziehen sie Position und lassen sich erst einmal zünftig vom Publikum feiern. DYMYTRY genießen es sichtlich, wie Megastars aufgenommen zu werden und gehen mit vollem Elan in den Opener. Leider haben sie bei „Jsem Nadšenej“ einige Tonprobleme – man hört weder Gesang noch Schlagzeug – machen aber routiniert weiter.
Die Probleme werden zügig beseitigt und der Song tönt in voller Kraft durch die Halle. Man sollte meinen, dass nach SLIPKNOT oder MUSHROOMHEAD das Thema „Typen in Horrormasken machen Metal“ nicht mehr zieht. Doch bei DYMYTRY wirkt es trotzdem überzeugend und fast schon frisch. Das mag für uns Deutsche vermutlich auch daran liegen, dass Protheus ausschließlich auf Tschechisch singt. Das erweckt den Eindruck, als ob die Maskenmänner auf der Bühne eine dämonische Sprache sprechen. Das ganze Konzept fühlt sich damit, auf den europäischen Markt bezogen, einzigartig und exotisch an. Aber nicht im negativen Sinne – ganz im Gegenteil erzeugt es eine starke Anziehungskraft. Natürlich wäre es schöner, würden wir auch die vielen Zwischenansagen von Protheus verstehen. Aber wir vermuten mal, dass es sich um die üblichen Worte handelt, die man auf den meisten Konzerten hört.
Tschechisch-deutsche Freundschaft
Lied auf Lied liefern DYMYTRY ein wahres Hitfeuerwerk und die Fans feiern sie für jedes einzelne Riff. Mit „Černá Je Metal“ feuern sie früh einen ihrer größten Hits ab und der ganze Saal gerät ins Kochen. Die brachiale Metal-Hymne wird bis in die letzten Reihen mitgegrölt und die Tschechen bringen die Halle fast zum Einreißen. Eine Pause gönnen sie den Fans aber nicht. Unaufhörlich präsentieren die Herren einen Querschnitt durch 20 Jahre Bandbestehen.
Nach neun Songs folgt dann Überraschung Nr. 1: Bei den ersten musikalischen Gästen an diesem Abend handelt es sich um keine Geringeren als die deutsche Band HÄMATOM in voller Besetzung und Maskierung. Zusammen mit den Gastgebern spielen sie deren Song „Víc Než Bůh“, bei dem Thorsten „Nord“ Scharf auch in astreinem Tschechisch singt. Frank „Süd“ Jooss übernimmt dabei kurzerhand das Schlagzeug. Das Publikum ist überrascht – HÄMATOM stehen in Tschechien noch am Anfang ihrer Karriere – doch reagiert überaus positiv auf die Deutschen.
Zwei Sänger, eine Band?
Damit aber nicht genug – DYMYTRY haben gleich noch ein weiteres Ass im Ärmel. Und nun wird es verwirrend für alle, die mit der Band und ihrem Gesamtkonzept nicht vertraut sind. Die Band hat nämlich zwei verschiedene Sänger: Protheus für Tschechien und für den europäischen Markt den Deutschen Alen Ljubic, der ausschließlich auf Englisch singt. Die Aufklärung hierzu findet ihr in unserem kommenden Special zu der tschechischen Sensation. Für das Jubiläumskonzert darf Alen auch hier das Mikrofon übernehmen und zusammen mit HÄMATOM die Single „Behind The Mask“ performen. Die Stimmung ist trotz der leichten Verwirrung ausgelassen und auch der englischsprachige Text wird gut aufgenommen.
Ljubic gibt sich keine Blöße und tritt routiniert auf. Es ist das erste Mal für ihn, vor so vielen Leuten zu performen. Man könnte aber meinen, er macht so etwas regelmäßig. Er darf auch für den nächsten Song auf der Bühne bleiben, während sich HÄMATOM unter großem Applaus verabschieden. Sie versprechen, so schnell wie möglich wiederzukommen. DYMYTRYs aktuelle Single „Enemy List“ feiert nun mit Alen ihre Live-Premiere. Und auch dieser Song kommt perfekt bei den einheimischen Fans an – ein guter Einstand für Alen auf der tschechischen Seite – Protheus wird er aber künftig nicht alleine ersetzen. Dazu aber mehr im Special.
Und weil es auf der Bühne so schön ist, bleibt Alen noch für eine weitere Nummer. Es folgt das Rockwell-Cover „Somebody’s Watching Me“, das trotz Partystimmung doch etwas befremdlich wirkt. Mit diesem Song verabschiedet sich Alen dann auch unter starkem Applaus in die Nacht und überlässt Kollege Protheus das Mikrofon. Mit „Revolter“ geht es dann knackig weiter und es folgt ein weiteres Hittrommelfeuer. Protheus und Co. halten ihr Versprechen und liefern eine wirklich große Show ab. Über den Laufsteg und die Hauptbühne verteilt werden immer wieder Nebelkanonen oder Feuersäulen gezündet. Balladen und schwächere Songs kommen für die Tschechen gar nicht erst in Frage. Wer für ein Metalkonzert bezahlt, bekommt bei ihnen auch eines.
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