Dreimal Abtauchen in Karlsruhe
Dudefest 2019
Konzertbericht
Das Dudefest 2019 findet in drei Einzelveranstaltungen statt: Jeweils vor einem arbeitsfreien Tag kann man im Laufe einer Woche drei spannende Konzertabende erleben. Der Fokus liegt wie immer auf Doom, Noise, Post-Rock und Post-Metal, Hardcore und experimentelleren Klängen.
Dudefest 2019, Part I
Samstag, 27. April 2019
Den ersten Part des diesjährigen Dudefestes headlinen MANTAR, die gerade mit DOWNFALL OF GAIA auf Tour sind. Außerdem dabei sind heute WRONG, COILGUNS und WITCHFUCKER.
Das Jubez liegt im Herzen von Karlsruhe und ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln prima erreichbar. Selbige nehmen wir gerne in Anspruch, auch wenn die Bahn sich nicht mit den Karlsruher Verkehrsbetrieben messen lassen kann. Wir rauschen dann auch bahnverspätet und atemlos ein, als die erste Band schon spielt.
WITCHFUCKER
Galerie mit 18 Bildern: Witchfucker - Dudefest 2019 Part IIm Eingangsbereich hören wir gerade noch langsamen Doom mit einer Frauenstimme, dann ist dieser Gastauftritt von Charlotte Lauel (CIRCUS OF FOOLS) leider schon beendet und das Trio spielt in reiner WITCHFUCKER-Besetzung weiter. Schade, das hatte sich gut angehört mit der Dame am Mikro. Musikalisch lassen sich die Burschen schwierig einordnen, aber sie haben die Bude (den kleinen Saal) fast voll und besonders das zwischen Doom und Stoner schön drückende „Assassin“ animiert zum Doom-Bangen. Was das ist? Ganz einfach, man lässt die Musik durch sich durchgehen und bewegt sich dabei gerade eben so schnell, dass minimale Bewegung in die Matte kommt. Klar doch, oder?
Setlist WITCHFUCKER:
- Delirium
- Greater Waves
- Killed By System
- Hiding From Yourself (mit Gastsängerin Charlotte Lauel)
- King Bong II
- Assassin
- Barfuß durch die Hölle
COILGUNS
Galerie mit 20 Bildern: Coilguns - Dudefest 2019 Part IUnd dann wird es schräg. Die COILGUNS bieten eine echt heftige Performance und Frontmann Louis Jucker ist Meister seines Fachs. Der Kerl ist zuständig für Gesang, Noise und Gitarre und lebt sich nicht nur auf der Bühne aus, sondern im kompletten kleinen Saal und im Café. So weit das Mikrokabel reicht, berserkert er sich durch die Setlist, beißt immer wieder Zuschauer, gerne auch in die Beine. Er räumt den Garderobenständer um und shoutet auf der Gästeliste im Eingangsbereich, unachtsame Fans verwickelt er in sein Mikrokabel. Man will sich gar nicht vorstellen, was der so eingeworfen hat, er gebärt sich wie auf Speed. Dann wirft er noch einen Zuschauer um, hält ihn liegend im Würgegriff und schreit dabei sogar noch ins Mikro. Vielleicht hat er sich aber auch nur selbst in Raserei versetzt, denn nach einer halben Stunde wird Jucker ruhiger und man kann sich nun auch auf die Musik konzentrieren, weil man ja nicht mehr Leib und Leben sichern muss. Die drückt ganz heftig und gebärdet sich ähnlich wild wie der Frontmann, räudiger, mathematischer Noisecore, könnte man sagen. Tight gespielt, wenn auch Juckers Einsätze nicht immer auf den Punkt kommen, da er so toben muss. Das verzeihen ihm aber die Karlsruher, im Zuschauerraum sieht man fast nur fett grinsende Gesichter. Umwerfend, im wahrsten Sinne des Wortes!
Setlist COILGUNS:
- Menière’s
- Mandarin Hornet
- Millenials
- Watchwinders oder Clockwinders (neuer Track, Name wird noch entschieden)
- Commuters Part I + II
- Submarine Warfare Anthem
- Self Employment Scheme
- Earthians
DOWNFALL OF GAIA
Galerie mit 23 Bildern: Downfall Of Gaia - Dudefest 2019 Part IDOWNFALL OF GAIA sind die erste Band, die heute Abend auf der großen Bühne spielt. Diese ist nicht viel größer als die kleine, aber es passen mehr Zuschauer davor. DOWNFALL OF GAIA schwelgen wieder in blauem Licht und setzen ganz auf Atmosphäre. Sie halten sich nicht mit Gelabere auf, sondern lassen dichte Songs und Sounds für sich sprechen. Die Schwere vom Sludge trifft auf kalten Post Black Metal, laut trifft auf leise und das Publikum lässt sich ganz schnell einfangen von diesen Gegensätzen. Überhaupt treffen heute Abend die richtigen Fans auf die richtigen Bands, das passt einfach – auch wenn es wirklich voller sein könnte. Aber die, die den Weg auf das Dudefest geschafft haben, sind definitiv glücklich und und starren immer wieder entrückt ihre Schuhe an, während Schlagzeuger Michael Kadnar die meiste Zeit – eher ungewöhnlich für einen hart arbeitenden Drummer – selig gen Himmel blickt, während er trommelt.
Bis auf „As Our Bones Break To The Dance“ walzen sich DOWNFALL OF GAIA durch alle Tracks vom brandneuen Album „Ethic Of Radical Finitude“. Versunkenes Kopfnicken und Bangen durch Blastbeat-Passagen zeigen, dass die Zuschauer an der Setlist nichts auszusetzen haben. Nach einer halben Stunde kommt dann noch die eher verlegene Ansage, dass man, nun ja, eben DOWNFALL OF GAIA sei, was den Zuschauern ein kollektives Lachen entlockt. Mit dem düsteren „Of Withering Violet Leaves“ verwelken dann aber nicht nur die Veilchen, sondern leider auch schon die Zeit und manch einer wird nach diesem letzten Song unsanft aus der Trance gerissen. Schade, dieser atmosphärische Auftritt ist schon wieder vorbei. Wenn man die Schlange der Zeit nur manchmal festhalten könnte …
Setlist DOWNFALL OF GAIA:
- Seduced by…
- The Grotesque Illusion Of Being
- We Pursue The Serpent Of Time
- Woe
- Ephemerol
- Guided Through A Starless Night
- Of Withering Violet Leaves
WRONG
Galerie mit 19 Bildern: WRONG - Dudefest 2019 Part IDie Jungs aus Miami machen nichts falsch, trotzdem ist deutlich mehr Platz vor der kleinen Bühne als bei den gefährlichen COILGUNS. Vielleicht sind die Fans noch erschöpft von der intensiven Darbietung von DOWNFALL OF GAIA, auch die Lightshow ist so gar nicht anmachend (hauptsächlich beige und braun, bäh), der Funke springt erst nach einer Weile über. In der zweiten Hälfte des Sets geht dann aber die Post ab, noise-rockige Riffs laden mal richtig zum Bangen ein und nicht wenige nutzen die Chance, auch wenn sie sich inzwischen einen Platz dafür erkämpfen müssen. Sogar im Café-Bereich ist es voll geworden, von dort aus ist es offen in Richtung kleine Bühne und der ein oder andere hört im Sitzen zu und gönnt sich ein Getränk zu moderaten Preisen.
Setlist WRONG:
- Crawl Instead
- Nice Job
- Turn In
- Errordome
- Culminate
- Pustule
- Read Erase
- Mucilage
- Gape
- Feel Great
- Fake Brain
- Anaerobic
- Boil
- Call It
MANTAR
Galerie mit 20 Bildern: Mantar - Dudefest 2019 Part IUnd dann ist es Zeit für die Attraktion des Abends: MANTAR, die Zwei-Mann-Combo, die aber manchen Vierer oder Fünfer in den Schatten stellt mit kompromissloser Mucke und auch mit einer Show, die einfach alles in Brand setzt. Nur zwei Instrumente plus Gesang, der Bass kommt über den Bassverstärker – das könnte mager sein. Aber die rohe Energie, die auch das dritte MANTAR Album „The Modern Art Of Setting Ablaze“ durchzieht, bringen die beiden heute wieder mit auf die Bühne, wie immer Volllast, wie immer ehrlich und vor allem voll auf die Omme. Sie machen keine halben Sachen, sie geben einfach alles. Hanno rennt ab und zu den einen Meter nach vorne zum Bühnenrand und ruft etwas ins Publikum, dann wird er schon wieder am Mikro gebraucht. Erinç klopft wie ein Besessener auf die Felle ein und schreit dazu auch immer wieder in sein eigenes Mikro.
Im Publikum ist jetzt action angesagt mit gereckten Fäusten, ein paar kreisenden Matten und Gejohle. Es hätten wirklich mehr Leute kommen sollen, für den ganz großen Brand ist einfach zu viel Platz zwischen den Fans. MANTAR da oben auf der Bühne ist das aber egal. Die gehen ab wie Berserker und verlangen auch einem kleinen Publikum alles ab. Die Leutchen müssen sich dann auch noch mal anstrengen, um noch die Zugabe einzufordern. Das lohnt sich aber, denn es geht mit dem großartigen „Era Borealis“ weiter. „White Nights“ kommt stilvoll mit viel gleißend hellem Licht daher und dann beenden die beiden ihren fulminanten Auftritt mit – der Name ist Programm – “ The Berserker’s Path“.
Setlist MANTAR:
- „Pest“
- Age Of Hte Absurd
- Taurus
- Spit
- Into The Golden Abyss
- Cross The Cross
- Seek + Forget
- Astral Kannibal
- Obey The Obscene
- Teeth Of The Sea
- Sundowning
- The Huntsmen
Encore:
- Era Borealis
- White Nights
- The Berserker’s Path
Verdammt, das war heiß! Da ist es gut, dass man sich noch mit einem kurzen Bierchen abkühlen kann, bevor man in die eisige Nacht verschwindet.
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