Dream Theater
Along For The Ride Tour - live in Ludwigsburg 2014

Konzertbericht

Billing: Dream Theater
Konzert vom 2014-01-30 | Arena, Ludwigsburg

So richtig bin ich mit dem selbstbetitelten neuen Studioalbum der Prog-Metal-Titanen DREAM THEATER bislang nicht warm geworden. Macht aber nix, schon die Stücke des gewohnt brillianten Vorgängeralbums haben bei mir erst richtig gezündet, nachdem ich sie in ihrer Live-Inkarnation erleben durfte. Also geht es frohen Mutes zur Show in der Ludwigsburger „Arena“.

Zumal die Vorfreude geradezu beängstigend groß ist – die Amerikaner haben eine „Evening With“-Show angekündigt. Das verspricht zwei volle Sets und am Ende immerhin mehr als zweieinhalb Stunden Netto-Spielzeit. Sicherlich, in der Vergangenheit haben DREAM THEATER ihre eigene Messlatte bei ähnlichen Gelegenheiten wesentlich höher gehängt, gerade angesichts des hohen musikalischen Niveaus bekommt man hier aber um einiges mehr geboten als bei den meisten anderen Konzert-Veranstaltungen.

Dream Theater

Zu den Klängen der instrumentalen „False Awakening Suite“, die die Band bewusst im Hinblick auf ihren Einsatz als Live-Intro komponiert und an den Anfang des neuen Albums gestellt hat, lässt ein Video die gesamte bisherige Band-Diskografie Revue passieren. Das hübsch animierte Effekt-Gewitter spielt mit den Motiven der jeweiligen Cover-Artworks, bis schließlich der Vorhang fällt und DREAM THEATER mit „The Enemy Inside“ in ihren ersten Set starten.

Zu Beginn dominiert das neue Album überdeutlich. Das ist insofern gut, als dass die neuen Stücke alle Trademarks perfekt in Szene setzen. Allerdings wird man auch live den Eindruck nicht los, dass sich DREAM THEATER dabei allzu gerne selbst zitieren und bei ihrem neuen Material kaum noch etwas neues zu bieten haben. So bildet das Highlight des neuen Materials auch ausgerechnet „The Looking Glass“, dessen Intro sich überdeutlich an die ersten Takte von RUSHs „Limelight“ anlehnt.

Insgesamt wird man den Eindruck nicht los, DREAM THEATER in der Vergangenheit bereits stärker erlebt zu haben. Das ist aber Jammern auf hohem Niveau, denn spieltechnisch macht den New Yorkern so leicht keiner etwas vor und unterstützt von einer starken Lichtshow und einem überdimensionierten LED-Screen ziehen sie auch showtechnisch alle Register. Dabei schießen die avantgardistischen Einspielfilme teilweise auch etwas übers Ziel hinaus und sorgen beim Instrumental „Enigma Machine“ eher für verständnisloses Stirnrunzeln, während das teils heftige Stroboskop-Gewitter einem an anderer Stelle regelrecht auf den Magen schlagen kann.

Vielleicht liegt der nicht restlos überzeugte Gesamteindruck auch an der etwas dröge anmutenden Setlist, bei der selbst die Highlights aus eher sperrigem Material wie dem hypnotisch groovenden „Trial Of Tears“ bestehen. Die meisten ihrer großen Ohrwürmer haben DREAM THEATER heute zuhause gelassen. Dafür darf man umso ausgiebiger die instrumentalen Kapriolen des Quintetts genießen und mit offenem Mund über das staunen, was die studierten Musiker ihren Instrumenten an brillianten Soli und Instrumental-Parts entlocken. Bei keiner anderen Band verkommt der Sänger so sehr zur Staffage wie hier James LaBrie, der die Hälfte der Zeit seinen Kollegen das Feld überlassen muss, wodurch der aufmerksame Zuschauer allzu leicht übersieht, dass er dazwischen eine nicht minder fantastische Sangesleistung abliefert.

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Großes Interesse gilt natürlich nach wie vor Neu-Trommler Mike Mangini. Seinen Platz in der Band hat er inzwischen längst gefunden und lässt kaum noch Sehnsucht nach seinem Vorgänger Mike Portnoy aufkommen. Im direkten Vergleich zu diesem agiert er geradezu unauffällig, wie er auch auf der vorherigen Tour noch deutlich stärker in den Mittelpunkt des allgemeinen Interesses gerückt wurde. Heuer ist er nur eines von fünf Rädchen im gut geölten Getriebe einer bestens aufeinander eingespielten Band, bei der man sich als Zuschauer immer wieder darüber freut, wenn einem doch einmal ein kleiner Spielfehler auffällt.

Nach dem balladesken „Along For The Ride“ beschließt „Breaking All Illusions“ einen viel zu kurz wirkenden ersten Set. Die anschließende Pause ist auf eine Viertelstunde angesetzt, dauert aber eher etwas länger. Immerhin versüßen DREAM THEATER ihren Fans die Wartezeit mit einem wilden Zusammenschnitt lustiger Video-Schnipsel, die von ungewöhnlichen Coverversionen der größten Bandhits über alberne Interview-Neusynchronisationen bis hin zu selbstironischen Werbe-Trailern für in dieser Form wohl nie erscheinende Action-Figuren der Bandmitglieder reichen.

Doch genug der Albernheiten, der zweite Set steht an! Und da das vielgeliebte „Awake“-Album in diesem Jahr seinen zwanzigsten Geburtstag feiert, hat man diesem fast den kompletten zweiten Set gewidmet. Die bekannten Standards („6:00“, „Caught In A Web“, die „A Mind Beside Itself“-Trilogie) klammert man dabei vermutlich bewusst aus und spielt stattdessen die komplette zweite Hälfte der Scheibe. Und ja, das bedeutet, dass man sich neben dem luftigen Feelgood-Track „Lifting Shadows Off A Dream“ auch an das melancholische Meisterwerk „Space-Dye Vest“ heranwagt.

Doch so lobenswert der Versuch auch ist, so gibt es einen Grund, warum man dieses Stück bislang so gut wie nie live gespielt hat: Es lebt einfach zu sehr von der Gänsehaut-Performance des ursprünglichen DREAM-THEATER-Keyboarders Kevin Moore. Dessen gefühlvolle Tastenstreichelei kann der – nichtsdestotrotz großartige – Jordan Rudess leider nicht reproduzieren, so dass die emotionale Erhabenheit des Gänsehaut-Stücks leider auf der Strecke bleibt. Spaß macht der Song natürlich trotzdem, nur kommt die Live-Darbietung eben nicht an die zum Heulen schöne Album-Fassung heran.

Etwas harsch wirkt dann auch der Übergang zu „Illumination Theory“, dem epischen Longtrack des selbstbetitelten Albums. Hier ziehen DREAM THEATER noch einmal alle Register und es stört nur wenig, dass der orchestrale Mittelteil aus der Konserve eingespielt werden muss, während sich die Band nochmals eine kurze Verschnaufpause vor dem großen Finale gönnt. Noch kurz den Song zu Ende gebracht und sich vom freundlichen Applaus einer zufriedenen Zuschauerschar verabschieden lassen.

Doch halt, natürlich lassen sich DREAM THEATER nicht lange bitten und kehren für einen obligatorischen Zugabenblock rasch auf die Bühne zurück. Und dieser hat es in sich! Der Doppelpack „Overture 1928“ / „Strange Déjà Vu“ lässt für einen kurzen Moment auf das Unmögliche hoffen. Die werden doch nicht das komplette „Scenes From A Memory“-Album darbieten? Nein, ganz soviel Zeit haben die Jungs leider dann doch nicht mitgebracht. Doch echte Enttäuschung ist trotzdem nicht angebracht, denn auch wenn das Album nicht in voller Länge gespielt werden kann, ist doch der komplette Zugabenblock dem unübertroffenen Konzept-Meisterwerk gewidmet, das in diesem Jahr immerhin sein fünfzehnjähriges Jubiläum feiern darf.

Es folgt die wahnwitzige Instrumental-Abfahrt „The Dance Of Eternity“ und das grandiose Abschlußstück „Finally Free“. Schade, dass man die auf dem Album dazwischenliegenden „One Last Time“ und „The Spirit Carries On“ nicht auch noch dazwischengepackt hat, aber das wäre dann wohl doch zuviel des Guten gewesen. Immerhin entschädigt dieser Zugabenblock für die kleineren Schwächen der beiden regulären Sets und verleiht dem Abend das Quäntchen an Magie, das man zuvor vermissen konnte. Kein Wunder also, dass das Publikum nun völlig aus dem Häuschen ist und gar nicht mehr aufhören will zu klatschen und zu jubeln, während DREAM THEATER selbst sich noch mehrere Minuten Zeit nehmen, um sich am Bühnenrand stehend zu bedanken und von den Fans zu verabschieden.

 

Setlist:

  • False Awakening Suite (Intro)
  • The Enemy Inside
  • The Shattered Fortress
  • On The Backs Of Angels
  • The Looking Glass
  • Trial Of Tears
  • Enigma Machine
  • Along For The Ride
  • Breaking All Illusions
  • The Mirror
  • Lie
  • Lifting Shadows Off A Dream
  • Scarred
  • Space-Dye Vest
  • Illumination Theory
  • Overture 1928
  • Strange Déjà Vu
  • The Dance Of Eternity
  • Finally Free
01.02.2014

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1 Kommentar zu Dream Theater - Along For The Ride Tour - live in Ludwigsburg 2014

  1. Thomas Hackbarth sagt:

    Tief enttäuscht
    An der Band lag es nicht, die haben ihren Job exzellent wie immer gemacht. Aber die Akustik in der MHP Arena ist das mieseste, was ich je erlebt habe. Durch die vielen reflektierenden Strukturen an Wänden und Decke badet man im Sound-Brei unterschiedlichster Laufzeiten. Psychoakustisch ein Horrotrip, egal, an welchem Platz (ich habe alles ausprobiert). Aber auch, was direkt aus der PA kam, war schon verzerrt und vom Frequenzgang her unausgewogen.
    Die Set-List war sehr auf die neuesten Alben ausgelegt, etwas mehr altbekanntes und balladeskes hat mir gefehlt, Rettungsversuche erst in den Zugaben.
    Mangini war ein Bandmitglied unter anderen, weit entfernt vom Feuer Portneys. Hat im langärmligen Pullover nicht mal geschwitzt.