Dornenreich
Dornenreich
Konzertbericht
Diese betraten weit nach Mitternacht völlig unspektakulär die Bühne: Zwei mit Gitarrenkoffern bewaffnete, hagere Gestalten huschten durch die dünn gewordene Menschenansammlung, setzen sich wortlos auf die bereit gestellten Barhocker und begannen, ihre Instrumente vorzubereiten. Ich war schon etwas gespannt, wie Eviga und Valnes die harten metallischen Klänge von „Her von welken Nächten“ und den beiden Vorgängeralben auf zwei akustische Gitarren zu übertragen gedachten. Interessant war die optische Erscheinung der beiden: Von Betrachterseite aus saßen der Rechtshänder Eviga rechts und der Linkshänder Valnes links, wodurch die beiden mit den langen schwarzen Haaren, in schwarze Hosen und dunkelviolettes Shirts gekleidet, beim Gitarrespielen aussahen wie Bild und Spiegelbild. Mit dem Auftauchen von Dornenreich füllte sich der Bereich vor der Bühne wieder ein wenig, was sich im Laufe des Auftritts auch nicht mehr ändern sollte. Gespannt lauschten die Anwesenden den ersten Gitarrenklängen, die den Auftritt mit „Federstrich in Grabesnähe“ von eröffnen sollten. Das Dornenreich keine Dilletanten sind, war mir klar, daß die recht komplexen, zweistimmige Gitarrenläufe, vergleichbar etwa mit denen auf „Where at night…“ von Empyrium, dann aber so souverän und weitestgehend fehlerfrei dargeboten werden sollten, hat mich doch überrascht. Respekt, vor allem wenn man bedenkt, daß Eviga ja schließlich noch mit dem mehrheitlich gehauchten bzw. geflüsterten Gesang belastet war. Weiter ging es mit „Hier weht ein Moment“, „Innerwille ist mein Docht“ und „Mein Publikum – der Augenblick“, bevor eine der sparsamen Ansagen, daß dies nun das letzte Stück sei, das Publikum aufschrecken und „Reime faucht der Märchensarg“ beginnen ließ. Hier kam erstmals und leider einmalig der tiefe, klare Gesang von Valnes zum tragen und ich zu dem Schluß, daß die beiden Songs von „Bitter ist’s dem Tod zu dienen“ in der akustischen Version einen sehr viel besseren Eindruck hinterließen als die von „Her von welken Nächten“. Die Forderungen nach einer Zugabe wurden mit einem schüchternen Dank an die Zuhörer und der Entschuldigung, daß das Repertoire nun schon erschöpft sei, abgeblockt. So kurz der Dornenreich-Set auch war, unter Berücksichtigung der Komplexität der akustischen Arrangements und dem damit einhergehenden Probeaufwand war vielleicht einfach nicht mehr möglich. In Anbetracht des Preis/Leistungs-Verhältnisses für diesen Abend (3 etablierte Bands für 25.-DM) durfte man ebenfalls nicht unzufrieden sein. Dornenreich hatten es zu später Stunde noch einmal geschafft, die Anwesenden zu faszinieren, wenn auch nicht wirklich zu begeistern. Angesichts unserer Müdigkeit, der Aussicht auf eine längere Heimfahrt und einem geregeltem Arbeitsbeginn am nächsten Morgen begaben wir uns dann recht schnell davon, ohne die angekündigte After-Show-Party zu frequentieren. Lobenswert erwähnt werden sollten in diesem Zusammenhang die Musiker von Tenhi und :Of the wand and the moon: einschließlich Kim Larsen, die sich nach ihren Auftritten unters „gewöhnliche“ Volk mischten und sich gegenüber Kommentaren oder Gesprächen aufgeschlossen zeigten. Als Fazit bleibt noch zu ziehen, daß weder das Publikum noch die Lokalität optimal für einen derartigen Abend der leisen Töne waren: Zu unterschiedlich waren offensichtlich die Interessen der einzelnen Fan-Gruppierungen, als daß allen Bands die notwendige Aufmerksamkeit bzw. Rücksicht aufgebracht wurde, zu sehr luden bei Desinteresse die Tresen zu Gesprächen ein, die sich bereits in normaler Lautstärke leider als störend und irritierend auswirkten. Vielleicht sollte in diesem Zusammenhang in Zukunft bei ähnlichen Events verstärkt auf die von Martin Koller angesprochenen „Veranstaltungsorte mit Kaffeehaus-Atmosphäre“ zurückgegriffen werden, die sich ähnlich wie bei Konzerthäusern und klassischen Konzerten hinsichtlich einer umfassenderen Konzentration auf die Musik förderlich auswirken könnten.
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