Doom In Bloom Festival VI 2018
Doom - von rotzig-rockig über steinig und schlammig bis progressiv und sogar okkult
Konzertbericht
Zwischen zwei Bands gehen wir noch eben einen Happen essen. Die Macher des Doom In Bloom Festival VI haben im Hof Bierbänke aufgestellt und es gibt einen Grill mit frischen Burgern. Obwohl wir nicht so die Fans von Fleischersatz sind, beeindruckt uns doch der Soja-Burger und frische, selbstgebackene Brötchen mit Salat und Tomaten. Richtig, richtig lecker! Die Preise hier im Komma sind wie immer niedrig (das ist ein Jugend- und Kulturclub) und wir genießen das laue Sommerwetter (wie gesagt: April!) kurzärmelig im Garten. Oh Mann, toller Doom, Gleichgesinnte, gutes Essen im Freien – was will man mehr?
MESSA
Die Italiener haben ihre nagelneue Platte „Feast For Water“ mitgebracht und spielen nur Songs von diesem Album. Das Komma ist jetzt gut gefüllt und MESSA verwandeln es in eine okkulte Stätte. Räucherwerk, Kerzen und der hypnotisierende Gesang von Sara lassen einen tief eintauchen in dunkle Welten, in denen nur schwarz und rot regieren, lichtlose Tiefe und Blut. Sara hat blutrote Haare, weiße Haut, haucht und klagt ins Mikro. Wir ertrinken in Doom, manchmal können wir in psychedelischen Phasen etwas Luft holen oder auf Ambient-Wellen reiten, bevor uns bluesige oder jazzige Wirbel wieder in die schwarze Tiefe ziehen.
MESSA haben ein Keyboard dabei, vielleicht ist es auch ein E-Piano. Einer der Gitarristen wechselt zwischen Tasten und Saiten, der andere wechselt zwischen Gitarre und Bass. Doom trifft hier auf progressive Einflüsse unterschiedlicher Musikstile und MESSA verschmelzen das alles zu einer dunklen Messe. Wir berauschen uns an diesem außergewöhnlichen Auftritt, der an Intensität kaum zu überbieten ist. Und obwohl MESSA nur unbekannte Lieder gespielt haben (die Platte ist erst gestern erschienen), hat der Schlussapplaus schon etwas von Standing Ovations. Echt unglaublich.
Das Publikum schafft es tatsächlich noch, der Band trotz Zeitverzug eine Zugabe aus den Rippen zu leiern. Sara geht kurz in sich, setzt sich auf den Boden und blättert in einem Notizbuch. Dann spielen die Italiener als krönenden Abschluss „Hour Of The Wolf“. Anschließend hat die Sängerin am Merch viel zu tun.
Setlist MESSA
Da Tariki Tariquat
Leah
White Stains
The Seer
She Knows/ Tulsi
Snakeskin Drape
Encore: Hour Of The Wolf
CARDINALS FOLLY
Die Reihen haben sich ziemlich gelichtet, nicht wenige Leute haben sich schon auf den Heimweg gemacht. Wer denkt, dass der klägliche Zwei-Drittel-Rest nun pennt, der liegt aber falsch. Das Häuflein Aufrechte macht richtig viel Lärm mit CARDINALS FOLLY und das Trio aus Finnland hat das Publikum mit seinem rotzigen, etwas altertümlichen Doom fest im Griff. Vermutlich sind es die progressiv angehauchten Doomer, die schon heimgegangen sind. Die verbleibenden Fans stehen jedenfalls auf prollige Attitüde, Bier, schrägen Gesang und nackte Oberkörper.
Das extrem exakte, fast schon statische Drumming ist knallhart, quadratisch, auf den Punkt. Es treibt die Songs unerbittlich nach vorne, der schräge Gesang bringt den Dreck. Der Gitarrist haut immer wieder ausufernde Soli raus und vernichtet dabei auch noch seinen stattlichen Biervorrat. Respekt! Das Ruder herumzureißen von diffizilen Doom-Klängen wie bei BEES MADE HONEY IN THE VEIN TREE und vor allem MESSA, und jetzt das Publikum mitzureißen mit schnörkellosem Voll-ins-Gesicht-Rotz-Doom, das kommt echt unerwartet. Hier passt alles gut zusammen und manchmal werden sogar Erinnerungen wach an frühe BATHORY.
CARDINALS FOLLY sind wirklich kurzfristig eingesprungen, innerhalb von drei oder vier Tagen. Sie haben das Beste aus ihrem plötzlichen Headlining beim Doom In Bloom Festival VI gemacht. Die Fans bedanken sich mit lautem, rohem Gejohle und der Gitarrist liegt schließlich auf der Bühne. Unerwarteterweise erhebt er sich aber wieder, nicht unbedingt graziös, und die Schlussakkorde gehen im lauten Geschrei der standhaften Doomfans unter. „Dankeee metal!“ schreit Sänger Mikko und geht von der Bühne.
Setlist CARDINALS FOLLY
Worship Her Fire
Dionysian
Holocaust Of Ecstasy And Freedom
Deranged Pagan Sons
Psychomania
The Island Where Time Stands Still
Our Cult Continues!
Blood Axis Raiders
La Papesse
Wir hatten wieder ein sehr schönes Doom Festival, prollig, rotzig, aber auch progressiv und sogar okkult. Immerhin 150 Tickets sind verkauft worden. An der Qualität der Bands lag es sicher nicht, auch nicht an Organisation oder Catering. Schon beim Doom In Bloom Festival V ging es eher familiär zu, aber heute fehlten definitiv noch Fans. Es war so ein stimmiges, kleines, hervorragend organisiertes Festival für Randgruppen-Metal-Fans. Konsequent und ehrlich – echt schade, dass da Geld draufgelegt werden muss.
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