Doom In Bloom Festival VI 2018
Doom - von rotzig-rockig über steinig und schlammig bis progressiv und sogar okkult
Konzertbericht
Das Doom In Bloom Festival VI ist die sechste Ausgabe eines reinen Doom-Festivals. Sechs derartige Veranstaltungen in 22 Jahren, das ist typisch Doom: Langwierig, aber unerbittlich und nicht kleinzukriegen.
Als wir ganz entspannt eine Viertelstunde vor Saalöffnung eintrudeln, denken wir, dass wir uns vielleicht in der Zeit geirrt haben: Kein Mensch steht vor dem Komma in Esslingen. Die Kasse ist aber besetzt, ein Blick auf das Plakat zeigt auch, dass das Festival tatsächlich in Kürze starten soll. Das ist krass, beim letzten Doom In Bloom war um diese Zeit schon eine ganze Traube schwarzgekleideter Fans da.
200 verkaufte Tickets braucht der Veranstalter, um da ohne Verlust rauszukommen, erfahren wir. 40 Tickets sind im Vorverkauf weggegangen. Das sind alarmierend wenige. Vielleicht liegt es am Sommerwetter (wir haben Anfang April). Der geplante Headliner HANGMAN’S CHAIR hat abgesagt, vielleicht hat das einige Leute verprellt. Einspringen werden CARDINALS FOLLY aus Finnland, die sind womöglich weniger bekannt. Außerdem spielen heute METALLICA in der Schleyerhalle und AUSTRALIAN PINK FLOYD in der Porsche Arena. Das ist natürlich ernstzunehmende Konkurrenz. Sind die Doomer heute in Parks oder riesige Hallen gegangen, obwohl sie doch sonst eher auf dunklen Non-Profit-Events zu finden sind?
FROM YUGGOTH
Kurz vor Beginn kommen aber doch noch ordentlich Leute und FROM YUGGOTH müssen nicht nur vor uns zwei Hanseln spielen. Die Dresdner kochen eine Urdoom-Suppe mit sehr schönen, griffigen Gitarrenmelodien. Es ist sehr dunkel und das passt, wenn der Basser seine Verzweiflungsschreie ins Mikro stößt. Die Gitarren sind mächtig runtergestimmt (schön!), aber leider sehr dominant – die Drums gehen ziemlich unter und der Gesang ist auch nur bei besagten Schreien gut hörbar. Sehr schade, die metallisch klingende Stimme jagt einem Kälteschauer über den Rücken, Hall und Echo sorgen für hoffnungslose Momente: „Unendlichtkeit-keit-keit!“
Aber auch wenn ganze Teile vom Gesang fehlen, hat das Ganze Stil. FROM YUGGOTH schließen „World In Chains/ Thy Serpent Eyes“ mit gefährlichem (und überlautem) Geschubbere der Gitarre ab. Daraufhin macht sich der Gitarrist vom Acker und guckt sich den Rest des Songs vom Publikum aus an. Und bangt.
Setlist FROM YUGGOTH
Intro
All Paths Are Crooked And Forsaken
Crimson Dawn
I Am Alpha
World In Chains/ Thy Serpent Eyes
BEES MADE HONEY IN THE VEIN TREE
Wenn man als Band so einen poetischen Namen hat, dann muss man auch viel Atmosphäre mit der Musik transportieren. Die vier jungen Männer aus Stuttgart haben da kein Problem, sie reichern ihren Stoner-Doom mit Ambient-Passagen an und manche Songs leben von hypnotischen Wiederholungen. Ein Beamer zaubert graue und bunte Bilder und den Namen der Band auf das schwarze Backdrop, hin und wieder auch bunte Lichter auf die Gesichter der Musiker.
Der Gesang ist sehr sparsam und kommt von Gitarrist und Drummer. Es dauert eine ganze Weile, bis jeder kapiert, wer da zeitweise singt, mit dem Schlagzeuger assoziiert man ja eher kein Mikro. Leider ist der Gesang auch hier wieder sehr leise abgemischt, die Gitarren wieder im Vordergrund. Wir sind uns bis zum Schluss nicht mal sicher, in welcher Sprache hier überhaupt gesungen wird.
Mit zwei Gitarristen bekommen wir jetzt aber die volle, fette Gitarrendröhnung: Doomig, melancholisch und getragen. Das Publikum wiegt sich langsam vor der Bühne und freut sich, als der Gitarrist um eine kurze Pause bittet: „Wir müssen die Gitarren runter stimmen!“ „Jaaaah!“, kommt es aus der Menge und „Tiefer, tiefer“!
Band, Publikum und Musik steigern sich in einen Rausch, vor allem bei Songs, die ganz leise und langsam anfangen und dann immer furioser werden. Der Bassist greift irgendwann zum Bogen und funktioniert seinen E-Bass in einen Kontrabass um. BEES MADE HONEY IN THE VEIN TREE ernten immer wieder viel Applaus, progressiver Doom ist angesagt.
Setlist BEES MADE HONEY IN THE VEIN TREE
Medicine
Sail Away
Noch namenloser Song
Cinitus
B.S.T.
B.S.T. bedeutet Blut, Schweiß, Tränen. Die Jungs kommen aus Hamburg und sind laut Aussage von Sänger Heiko Wenck heute für Rock und Romantik zuständig. Sie machen dreckigen Stoner Rock/ Doom Rock mit deutschen Texten, straffen Songstrukturen und immer wieder einer fetten Portion Sludge. Aber, man ahnt es schon: Die Gitarren sind zu laut und vom Gesang kommt nicht alles durch. Verdammt! Heiko Wenck schreit und singt gegen die Gitarren an und seine Stimme ist gegen Ende des Sets total verratzt.
Zwischendurch erinnern B.S.T. immer wieder an die großen Meister des Doom wie BLACK SABBATH oder CANDLEMASS und ab und zu erfreut uns der Leadgitarrist mit einem Old-School-Gitarrensolo, Marke altes Jahrtausend. Damit die angekündigte Romantik nicht zu kurz kommt, hat das Quartett von der Waterkant mit „Ride On“ sogar eine wunderschöne Doom-Ballade dabei. Traurig, romantisch, doomig – ein echtes Hightlight.
Galerie mit 21 Bildern: B.S.T. - Doom In Bloom VI 2018Setlist B.S.T.
Stimmen
Aufgabe
Brenne
Die Moral
Die Hoffnung
Ride On
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