DOOL, Jesus Sky Drive & Alarez
Zum Träumen schön
Konzertbericht
Man spürt, dass DOOL nach der Pandemie live-hungrig sind und die Gunst der Stunde nutzen wollen. So legen sie zwischen diversen Festival-Gigs noch ein intimes Konzert in der gemütlichen Chemiefabrik Dresden ein, um geschätzte 150 Personen an einem zwischen Sonnenschein und Regen pendelnden Mittwochabend glücklich zu machen. Clever auch von den Veranstaltern Katharsis Agency, sich die aufstrebende Band mit ihrem starken Album “The Shape Of Fluidity” zwischen dem Dauwpop und dem Mystic Fest zu schnappen und in die “Chemo” zu buchen.
ARALEZ – Stimmung anheizen geht anders
Für meinen Geschmack sind zwei Support-Acts unter der Woche zwar nicht unbedingt nötig, lokalen Bands die Chance zu geben, mit DOOL zu spielen, ist hingegen natürlich löblich. ARALEZ wirken in ihrem Enthusiasmus durchaus sympathisch. Bühnenpräsenz, Songwriting, Zusammenspiel und Sound sind allerdings derartig verbesserungswürdig, dass man den Slot auch nicht vermisst hätte. Der psychedelische Doom-Sound der Dresdner:innen, die immerhin schon zwei Alben und eine EP vorweisen können, bedient sich zwar richtiger Zutaten, führt diese aber meist viel zu ausufernd zusammen, sodass oft der rote Faden fehlt. Die Begeisterung im Publikum hält sich ebenfalls in Grenzen.
Unterhaltsame Auflockerung: JESUS SKY DRIVE
Ganz anders JESUS SKY DRIVE. Das ebenfalls aus Dresden stammende Trio passt zwar mit seinem zwischen PEARL JAM und MOTHER’S CAKE, zwischendurch auch REFUSED und LIVING COLOUR rangierenden Sound nur marginal zu DOOL, ist aber bestens eingespielt und überzeugt durch viel Energie und intelligente Arrangements. Außerdem ist der stilechte Neunziger-Retro-Look der Jungs charmant, wenn man bedenkt, dass die meisten von ihnen das Jahrzehnt höchstens im Krippenalter erlebt haben dürfte. Macht aber nix, unsereins hat schließlich auch sehnsuchtsvoll die Achtziger-Klischees imitiert. Alles in allem eine unterhaltsame Abwechslung, die den Abend gelungen auflockert.
DOOL zelebrieren pure Schönheit
Kurz vor zehn ist es endlich soweit und DOOL entern die Bühne. Die Stimmung ändert sich schlagartig, denn das niederländische Quintett macht mit “Venus In Flames” und “Self-Dissect” zu Beginn keine Gefangenen und zeigt, wie sehr es auf die Bühne gehört. Omar Iskandr und Nick Polak üben sich in zurückhaltender Lässigkeit, während im Hintergrund Job van de Zande und Vincent Kreyder als tighte Rhythmusgruppe schweißgetrieben den Puls vorgeben. Über allem thront Raven van Dorst mit unantastbarem Charisma wie eine mysteriöse Gottheit und geht völlig in Musik und Texten auf.
Der Titelsong von “The Shape Of Fluidity” und das mitreißende “Evil In You” beenden den Reigen des aktuellen Albums zunächst, worauf von “Summerland” das Titelstück und das Showhighlight “God Particle” folgen. Der Sound ist das ganze Konzert über transparent und sphärisch, zudem ist Ravens Gesang an diesem Abend treffsicher und glasklar hörbar.
Im letzten Drittel folgen mit “House Of A Thousand Dreams”, “Hermagorgon” und “Oweynagat” weitere Highlights, wobei das KILLING-JOKE-Cover “Love Like Blood” nicht unbedingt hätte sein müssen. Auch “The Hand Of Creation” zählt subjektiv nicht zu den ganz großen Highlights des aktuellen Albums. Dagegen wären ein oder zwei Songs mehr vom Vorgänger, beispielsweise “Be Your Sins” oder “Wolf Moon” wünschenswert gewesen. Schade auch, dass nach dem abschließenden “Hand Of Creation” die Rufe nach einer Zugabe unbeachtet bleiben (müssen?) – die Fans hätten es jedenfalls gedankt.
Am Ende waren trotzdem alle Anwesenden für einen zwar langen, aber wunderschönen Abend dankbar. DOOL haben in Dresden eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass sie eine echte Hausnummer in der gegenwärtigen Rock-Musik sind, die hoffentlich noch für den einen oder anderen Klassiker von morgen sorgt.
Setlist:
- Venus In Flames
- Self-Dissect
- The Shape Of Fluidity
- Evil In You
- Summerland
- God Particle
- House Of A Thousand Dreams
- Love Like Blood (KILLING-JOKE-Cover)
- Oweynagat
- Hermagorgon
- The Hand Of Creation
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