Dersertfest 2022
Der große Festivalbericht
Konzertbericht
26.05.2022
VUG eröffnen das Desertfest 2022
Zunächst müssen alle Ticketinhaber den Weg zum Festivalgelände finden. Das klingt eigentlich nach keinem Problem. Berlin hat über Christi Himmelfahrt ein Teil der S-Bahn wegen Bauarbeiten nicht im Einsatz. Die nahegelegene Station Treptower Park ist daher nicht so einfach zu erreichen, sodass der Opener des Festivals, die Berliner Rocker VUG, vor kleinem Publikum auf der Second Stage das Desertfest 2022 eröffnen. Musikalisch gibt es circa 40 Minuten einen Mix aus Heavy Rock, Hard Rock und Stoner Rock.
POLYMOON klingen nach Krautrock
POLYMOON aus Finnland verändern die Tonlage, es wird psychedelisch und der Krautrock-Geist der 70er Jahre schwebt durch die Halle. POLYMOON haben 2020 mit „Caterpillars Of Creation“ ihr Debüt veröffentlicht. Die Tracks des Debütwerks liefern die Herren gekonnt ab, passen mit dem vom Synthesizer unterlegten Sound aber nicht in jeden Gehörgang.
SAMAVAYO nutzen ihr Heimspiel
Die Main Stage eröffnet das Trio SAMAVAYO aus Berlin. SAMAVAYO sind der Frontmann Behrang Alavi sowie die Brüder Stephan und Andreas Voland. Die Band existiert bereits seit mehr als 20 Jahren und veröffentlichte gerade erst im März ein neues Werk mit Namen „Payan“. Das ist persisch und bedeutet das Ende. Das Trio beschäftigt sich mit der Zerstörung unseres Planeten, Spaltung, Rassismus, Gier, Ausbeutung, Krieg, Isolation und Einsamkeit. Aber jedes Ende bedeutet gleichzeitig einen Anfang, einen Neustart und einen Neubeginn. „Payan“ ist der Nachfolger von „Vatan“, welches Kollegen Wolfsbrunn durchaus mundete.
Musikalisch nehmen die Gitarren deutlich an Fahrt auf, Stoner Rock mit leicht psychedelischem Touch liefert das Trio. SAMAVAYO können bei ihrem Auftritt voll überzeugen und hätten eine volle Halle verdient. Ordentlich Druck auf Drums und Saiten, Sänger Alavi kommt mit diversen Sound-Effekten aus den Boxen. So mundet das Konzert inklusiver der neuen Tracks ähnlich gut wie das 2018er Werk „Vatan“ Kollegen Wolfsbrunn. Die Band hätte gerne länger spielen dürfen und bekommen das Soundthema als Opener in der Halle weit besser als viele andere Bands in den Griff.
LOS BITCHOS sorgen für einen Stilbruch
Stilbruch: LOS BITCHOS ist ein Damenquartett aus London und kreiert einen sehr eigenwilligen Sound zwischen psychedelischen Tönen und tanzbaren karibischen Klängen, wozu sich auch ein Tequila genießen lässt. LOS BITCHOS übernehmen die Aufgabe des unterhaltsamen Farbtupfers am ersten Festivaltag auf der Second Stage, können aber nur bedingt für Begeisterung sorgen.
MY SLEEPING KARMA liefern energetischen Auftritt
Alte Bekannte folgen auf der Main Stage. MY SLEEPING KARMA existieren seit 2006 und bewegen sich im instrumentalen psychedelischen Rock. Vor sieben Jahren gab es zuletzt neues Material mit „Moksha“. Für 2022 kündigt die Band den Nachfolger Namens „Atma“ an. Neben dem bekannten Trio sorgt Norman an den Reglern für den richtigen Sound der drei Herren. Die Black Box füllt sich und der Opener ist „Brahama“ vom 2010er Release „Tri“. Die Herren aus Aschaffenburg schaffen es die Halle ordentlich zu beschallen und spätestens mit „Prithvi“ passen Gitarren und Drums zueinander. Die Songs haben allesamt kurze, in der Regel lateinische, Namen wie „Ephedra“ oder „Psylocybe“. „Hym 72“ vom selbstbetitelten Debütwerk beendet die Show nach circa 60 Minuten. Starker Auftritt einer interessanten Band.
MAIDAVALE haben einen schweren Stand
Vom instrumentalen Rock geht es auf der Second zu MAIDAVALE. Hinter diesem Bandnamen verbergen sich vier Damen aus Schweden, welche sich irgendwo zwischen Stoner-, Retro- und Psychedelic Rock bewegen. Zwei Werke haben die Damen bisher released, 2018 hieß es „Madness Is Too Pure“, 2016 „Tales Of The Wicked West”.
Nachdem energetischen Auftritt von MY SLEEPING KARMA haben die Damen ein schweres Unterfangen. Live kommen die Songs mit einen Touch Krautrock rüber und die Einleitung zum Review zu „Tales Of The Wicked West” ist mehr als passend: die Damen sind einfach zu spät geboren. Technisch bringt das Quartett die Tracks sauber auf die Bühne, der Sound auf der Second Stage ist deutlich besser als auf der Main und die Anhängerschaft von psychedelischen Retro- bzw. Stoner Rock kommt auf ihre Kosten.
WITCHCRAFT oder die Magnus Pelander Band
Der erste Headliner des Festivals steht auf dem Programm. Aus dem schwedischen Örebro kommen WITCHCRAFT. Genauer wäre jedoch nur der Name des Sängers und Bandkopfs Magnus Pelander. Wer WITCHCRAFT als Band mit fünf Musikern in Erinnerung hat, reibt sich verwundert die Augen. Neben Pelander agieren zwei Session-Musiker an Drums und Bass. Das alleinige Wort und Agieren auf der Bühne liegt bei Pelander und als eingespielte Band kommt das Trio gar nicht an. 2020 veröffentlichte Pelander bereits als Solo-Projekt unter der Flagge WITCHCRAFT das Album „Black Metal“, welches sich akustisch zwischen Classic Rock und Folk Rock bewegt und meilenweit vom Doom, welcher zum Beispiel auf der „Nucleus“ zu hören war, entfernt ist.
Meilenweit entfernt von einer ansprechenden Performance sind Pelander und seine Mitstreiter heute auch auf der Bühne. Zunächst muss ständig etwas nachjustiert werden und die Drums neu befestigt. Pelander macht einen auf Alleinunterhalter, was aber nur bedingt den Erwartungen der Zuhörerschaft entspricht. So sorgt der 60minütige Auftritt von WITCHCRAFT, genauer gesagt von Pelander plus zwei Statisten, primär für enttäuschte Gesichter im Publikum.
Galerie mit 24 Bildern: Witchcraft - Desertfest Berlin 2022
KADAVAR und der Tiger ohne Fell
Den Schlusspunkt des ersten Tages setzen die Lokalmatadoren von KADAVAR. Als das Trio die Bühne betritt ist die Überraschung groß. Wer ist das am Schlagzeug? Drummer Christoph „Tiger“ Bartelt hat seine markante Haarpracht eingebüßt. Überspitzt ausgedrückt hat der Tiger sein Fell verloren. Mit gestutzter Haarpracht ist auch Christoph „Lupus“ Lindemann am Start. Einzig der langbeinige Bassist Simon „Dragon“ Bouteloup mit dem bekannten Hut sieht so aus, wie er der Allgemeinheit bekannt ist. Das helle Beinkleid lässt seine langen Beine noch länger wirken als sie schon sind.
Der Lokalmatador hat bezüglich Beschallung der Halle seine Hausaufgaben gemacht und der Sound ist in den Randbereichen ebenso gelungen wie im hinteren Sektor. „Lord Of The Sky“ eröffnet die Show und der Tiger bildet mit den Drums den Mittelpunkt der Bühne. Die Lightshow funktioniert wie der Sound und das Trio rockt sich durch sein 90minütiges Set. Ältere Sachen wie „The Old Man“, „Pale Blue Eyes“ oder „Black Sun” werden genauso performt wie „Die Baby Die“ oder „Tribulation Nation“. Ab circa Mitte der Show wird aus dem Trio ein Quartett. Mit dem Gitarristen Murphy von der Berliner Rock-Band HEAT gibt es musikalische Unterstützung. Murphy unterstützt jedoch nicht nur mit der Gitarre. Beim neun Song „(I Won´t Leave You) Rosi“ übernimmt Murphy auch das Keyboard und ein Hauch der psychedelischen Phase von PINK FLOYD wabert durch die Halle. Mit dem BEATLES-Cover „Helter Skelter“ lassen die Herren das Konzert und den ersten Tag des Desertfest 2022 ausklingen.
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