Deichbrand Festival
Der Festivalbericht vom Deichbrand Rockfestival 2014

Konzertbericht

Billing: Biffy Clyro, Broilers, Caliban, Callejon, Die Apokalyptischen Reiter, Guano Apes, Heaven Shall Burn, In Extremo, Russkaja, Sick Of It All, Subway To Sally und Triggerfinger
Konzert vom 2014-07-20 | Seeflughafen, Cuxhaven/Nordholz

 

Samstag

RUSSKAJA 12:00 Water Stage
Galerie mit 10 Bildern: Russkaja - Deichbrand Rockfestival 2014

Es ist schwer, sich eine bessere Band als RUSSKAJA um 12:00 auf einem Festival vorzustellen. Katerkompatible Polkabeats und die einladende Bassstimme des Sängers Georgij Alexandrowitsch Makazaria bringen die Menge zum Johlen, Schreien, Schunkeln und produzieren den ersten Crowdsurfer des Tages um 12:32 Uhr. Mit ihrer Mischung aus Rock, Polka, Ska, tollen Geigeneinlagen und Thrashmetal vertreiben RUSSKAJA die Müdigkeit, unterrichten russisches Konzertvokabular und fordern zur kollektiven Urschreitherapie. „Die Probleme in den Kosmos schreien“ tut dann auch bereitwillig das gesamte Publikum. Wer könnte dazu schon nein sagen.

CALLEJON 13:00 Firestage
Galerie mit 11 Bildern: Callejon - Deichbrand Rockfestival 2014

Die deutsche Metalcore Band CALLEJON, zuletzt bei FOUR Music unter Vertrag, hat an diesem Tag noch keine Sonne auf der Bühne und geht frisch ans Werk die Trommelfelle zum Wummern zu bringen. Ob Doublebass oder Ballade, authentischer Text oder Coverversion, alles sitzt bei diesem Auftritt. Das Publikum reagiert mit „Callejon, Callejon“-Sprechchören und lässt sich mit den besten Stücken vor allem aus „Blitzkreuz“ und „Man Spricht Deutsch“ verwöhnen, worunter vor allem das Fettes Brot Cover „Schwule Mädchen“ sehr großen Anklang findet. Getrübt wird das Vergnügen höchstens durch gelegentliche Technikprobleme am Mikrofon. Alles in allem war eine Stunde definitiv zu kurz.

MILLENCOLIN 15:00 Firestage
Galerie mit 9 Bildern: Millencolin - Deichbrand Rockfestival 2014

Die schwedischen Punkrocker von MILLENCOLIN kriegen als erste an diesem Tag die volle Sonne ab und weder Band noch Technik scheinen darauf vorbereitet zu sein. Dünner Bass und generell schlecht ausgesteuerter Sound untergraben den schnellen Skate-Punk, der aus sich heraus dennoch genügend Stimmung macht, um das Publikum nicht kalt zu lassen. Viele sind es nicht, die nicht entweder auf JUPITER JONES auf der Waterstage warten oder sich dem Poetry Slam im wesentlich kühleren Zelt widmen. Schade, denn MILLENCOLIN wollen und können spielen, doch ist bei diesem Auftritt der Wurm drin und das kann auch das obligatorische „No Cigar“ nicht ändern.

IN EXTREMO 17:00 Firestage
Galerie mit 12 Bildern: In Extremo - Deichbrand Rockfestival 2014

Mit Drehleier, Schalmei und Nyckelharpa bewaffnet, ziehen am frühen Abend IN EXTREMO aus, das Feiern zu lehren. Die Mittelalter-Rocker bedienen sich aus ihrem reichhalten Repertoire vor allem vom Erfolgsalbum „Sterneisen“ (Zigeunerskat, Viva La Vida, Unsichtbar) und ihrer neusten Scheibe vom September letzten Jahres genannt „Kunstraub“ (Feuertaufe, Himmel Und Hölle, Belladonna). Untermalt wird die Show mit zahlreichen Pyro-Effekten, die nicht gelegentliches Gefunzel, sondern immer wieder effektvolle Licht-, Feuer- und Knallakzente sind. Die Stimmung ist großartig und das Publikum scheint sogar die Erwartungen vom letzten Einhorn zu übertreffen: „Ihr seid echt geil!“. Ja, IN EXTREMO, ihr auch!

KATZENJAMMER 18:15 Waterstage
Galerie mit 6 Bildern: Katzenjammer - Deichbrand Rockfestival 2014

Das norwegische Folkquartett KATZENJAMMER kommt mit bunten Outfits, schrillen Klängen und einer traurigen Nachricht. ein Markenzeichen der Gruppe, die ikonische Bass-Balalaika, hat das Zeitliche gesegnet. Alles andere als Grabeshymmnen, ist was folgt: Folk, Jazz, Balkan, Country, Chanson, Polka mit einem Miniaturklavier und einer Drummerin, die gelegentlich auch mal auf ihrem Drumkit steht. Stimmlich hervorzuheben ist Bassistin Marianne Sveen, die vor allem bei „Demon Kitty Rag“ glänzt. Der Aufforderung zu „Mother Superior“ Walzer zu tanzen, kommen immerhin ein paar wenige Enthusiasten nach. Solveig Heilo verhaut, wie bei fast jedem Live-Auftritt, ihren Trompetenpart bei „A Bar In Amsterdam“ und das Publikum gibt sich gut unterhalten.

HEAVEN SHALL BURN 19:30 Firestage
Galerie mit 12 Bildern: Heaven Shall Burn - Deichbrand Rockfestival 2014

Panzersperren und Teile einer zerstörten Stadt erzeugen den Eindruck eines Kriegsgebietes und dienen der Metalcore-Band HEAVEN SHALL BURN als Kulisse für ihre Mischung aus Hardcore und Metalelementen gepaart mit melodischen Hooks. Das Publikum ist vom rauen Sound und der Pyroshow begeistert und moscht kräftig mit, hat aber bereits gut sieben Stunden und mehr sengende Hitze hinter sich und „hängt“ so Sänger Marcus Bischoff „ganz schön durch“. Doch das lässt sich mit Erfolgssongs aus „Iconoclast I+II“, „Invictus“ und natürlich dem neuen Album „Veto“ leicht beheben. Derartig angespornt ergehen sich die Fans in Circle Pits und gemeinschaftlichem Synchronrudern (?!). Ein toller Auftritt, bei dem nicht nur die Securities ihren Applaus bekommen, sondern der Sänger zum Ende den gesamten Graben abklatschen geht.

JAN DELAY 22:00 Firestage
Galerie mit 10 Bildern: Jan Delay - Deichbrand Rockfestival 2014

Der Pop-Act JAN DELAY und seine Band DISKO NO. 1 fahren viel Leopardenmuster und eine sehr aufwändige und gut choreografierte Show auf, bei der Pyroelemente, Musik und natürlich die Hauptfigur des Stücks selbst ineinandergreifen. Das Publikum singt, grooved und zeigt den Mittelfinger, wann es ihm nahe gelegt wird. Samples von Beginner-Songs, Coverversionen und natürlich vieles aus dem neuen Album „Hammer Und Michel“, wofür der Künstler viel Gegenwind bekam, ist zu hören. Es ist kein Rock-Konzert und JAN DELAY wirkt hinter Sonnenbrille und Maßanzug als distanzierter Regisseur, der ein Programm durchzieht und sich nicht so recht wohl fühlt. Das Publikum mag Pop und Hiphop und daher ist der Auftritt auch ein voller Erfolg. Bei anderen Festivals, insbesondere Wacken, dürfte das anders sein.

Wem während MATERIA und JAN DELAY auf Water- und Firestage am Samstag der Sinn nach etwas Rockigerem stand, konnte sich zu der Minderheit der Zeltbesucher gesellen, für die AVERAGE ENGINES, EGOTRONIC und ONLY CRIME spielten. AVERAGE ENGINES, zu Unrecht unterbesucht, warten mit rauhem Progressivesound und tollen Texten auf. Die Ansagen sind sympathisch und authentisch und man fragt sich unwillkürlich, was schief läuft, dass das große Publikum sich woanders befindet. Vor allem ihr neues Album „Follow.Fail.Repeat“ ist zu hören. In jedem Fall einen Blick wert, z. B. am 23. August in Hamburg im Logo.

Galerie mit 12 Bildern: Average Engines - Deichbrand Rockfestival 2014

Wer von dem wohl kalkulierten Mittelfingergezeige bei Jan Delay genug hat und ins Zelt geht, findet dasselbe, nur noch plumper. EGOTRONICS Elektropunk wird vor einer LED-Wand gespielt, auf der im Sekundentakt das Bandlogo mit Mittelfinger aufblinkt. Dass die Band auch schon auf einem Ballermannsampler gelandet ist, wundert bei der Musik niemanden. Fragt sich, was dies alles mit Punk zu tun haben soll.

Galerie mit 8 Bildern: Egotronic - Deichbrand Rockfestival 2014

ONLY CRIME aus den USA rollen gut los und promoten gerade in Europa ihr im Mai erschienenes Album „Pursuance“. Es befinden sich vielleicht 50 Leute im Publikum: Falsche Zeit, falscher Ort. Die Band nimmt es gelassen und performt ihren melodischen Hardcore-Sound tadellos. Wer die fünf allerdings noch einmal Live sehen will, wird sich gedulden müssen, schlossen ONLY CRIME am 20 Juli in Polen ihren Besuch in Europa ab.

Galerie mit 12 Bildern: Only Crime - Deichbrand Rockfestival 2014

 

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07.08.2014

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