De Mortem Et Diabolum
Black Metal im Advent

Konzertbericht

Billing: Saor, Winterfylleth, Afsky, The Spirit, Krater, Dödsrit, Boötes Void, Ill Tidings, Hierophant, Misþyrming, Darvaza, Ultha, Shores of Ladon, Helleruin, Wrang und Horresque
Konzert vom 08.12.2023 - 09.12.2023 | ORWOhaus, Berlin

Ein ultralanger, erster Festivaltag liegt uns in den Knochen, als wir mit trägem Schritt und lichtempfindlichen Augen erneut ins OrwoHaus gleiten. Im Eingangsbereich findet sich heuer die kleine Ausstellung der Künstlerin DROWNED ORANGE. Ihre Tintenstrich-Zeichnungen bilden einen perfekten, visuellen Rahmen für dieses Festival und neben Artprints können die Besucher:innen bedruckte Textilien erwerben. Dass die junge Frau die Drucksachen dabei im DIY-Verfahren selbst übernimmt, macht ihre Kunst nur noch authentischer.

Am Merch-Stand mit Vivien, Lisa, Samantha und Michael geht es besonders lustig zu und während frisch gebackene Plätzchen gereicht werden, können wir die toll designten Shirts und Hoodies zu einem fairen Kurs erstehen und das Angebot der Bands durchstöbern.

Auch für die Jäger:innen und Sammler:innen ist mit dem Plattenstand von Folter Records gesorgt und einige Schnäppchen oder langgesuchte Raritäten finden wir beim Stöbern genauso, wie das ein oder andere Boxset.

AVOWAL machen uns Angst

Angsteinflößend ist das anschließende Eröffnungs-Set der Mannheimer AVOWAL. Mit schwer atmosphärischen Songs erinnert die Band teilweise an AKHLYS und uns stehen die Haare zu Berge. Derweil versuchen Andrea und Marvin das Wochenende standesgemäß in Bildern festzuhalten, was bei den sporadischen Lichtverhältnissen zwar kein leichtes Unterfangen ist, die beiden allerdings den Finger immer am richtigen Knopf haben.

Der eigentlich angedachte Gig von LOS MALES DEL MUNDO muss krankheitsbedingt und kurzfristig abgesagt werden. Mit HORRESQUE finden die Veranstalter aber einen würdigen Ersatz. Die Band ist noch vom letzten De Mortem Et Diabolum in Erinnerung geblieben, als sie den zweiten Tag eröffneten. Damals waren wir von der unvermittelten Wucht und der Schönheit der Songs schier überwältigt. Auch heute legen die Hessen einen grandiosen Auftritt hin, der zwischen bestem Sound und aberwitzigen Details im Arrangement changiert. Die Messlatte ist also schon früh, sehr hoch gelegt.

Die derzeit auf Tour befindliche Entourage um MISÞYRMING gastiert heute ebenfalls geschlossen im ORWOhaus und den Anfang machen erneut die Niederländer von WRANG. Die punkige Attitüde macht Laune, während das Publikum langsam auf Betriebstemperatur steigt. So darf es weitergehen. Und das tut es auch. HELLERUIN machen da weiter, wo ihre Vorredner aufgehört haben. Auch heute gibt es wieder viel Corpsepaint, hohes Tempo, sloppy Gitarren und einen völlig überdrehten Frontmann. Herrlich!

Zeit für eine Portion Pommes und ein frisches Getränk nehmen wir uns während der Umbaupause und stellen zufrieden fest: Die Wartezeiten halten sich trotz des hohen Zuschauerandrangs in Grenzen. Dieser Punkt geht also ebenfalls an die Veranstalter des Festivals.

SHORES OF LADON beschränken sich auf wenig Aktivität und konzentrieren sich voll auf ihre Instrumente. Was zuerst Langweilig klingt, passt aber zum traditionellen Black Metal, den die Band zelebriert. Sänger und Gitarrist ST überzeugt mit stark akzentuiertem Gekeife, während der Rest der Band griffsicher an den Instrumenten ist. SHORES OF LADON beweisen, wie man Energie und Leidenschaft auf das Publikum übertragen kann, ohne eine übertriebene Bühnenshow zu präsentieren. Überzeugend, ehrlich und gelungen!

Bei Fotograf:innen unbeliebt: ULTHA

Die Fotografen haben keine leichte Aufgabe, wenn sie am heutigen Abend ein gutes Bild von ULTHA bekommen wollen. Wie gewohnt, ist die Bühne bei ULTHA zu Beginn des Konzerts tief rot beleuchtet und stark eingenebelt. Eingeleitet vom Keyboard-Intro entfachen die Musiker einen drückenden Sound, der intensiv auf das Publikum übertragen wird. Ein qualitativ starkes Alleinstellungsmerkmal sind die hohen, nach Verzweiflung klingenden Vocals von Bassist Chris. Das fast 55-minütige Set hinterlässt ein sichtlich beeindrucktes Publikum, welches erstmal durchatmen muss. Nach dem Gig sieht man zudem die Band am Merch-Stand mit Fans und Freunden Unterhaltungen führen, was einen sympathisch-bodenständigen Eindruck hinterlässt.

Schon lange bevor DARVAZA die Bühne betreten, erschallen merkwürdige Geräusche im ORWOhaus. Es ist das Summen einer einzelnen Fliege, das eine gefühlte Ewigkeit aus den Boxen dringt. Dabei handelt es sich in der Tat um das Intro der Band, und das Geräusch wird auch zwischen allen Songs wieder abgespielt werden. Los geht es mit „Mother Of Harlots“, dem Opener ihres aktuellen Albums „Ascending Into Perdition„. Ein Highlight im Set ist sicher das – ebenfalls neue – „This Hungry Triumphant Darkness“, doch auch der Rausschmeißer „The Silver Chalice“ kommt beim Publikum mit Recht sehr gut an. Ein sehr cooler Effekt entsteht durch die bis zu dreistimmigen Vocals und die intensive Bühnenshow, bei der sich der Bassist auch mal (absichtlich) hinlegt und Fronter Wraath zwischendurch intensiv in die Menge stiert und zu dirigieren beginnt. DARVAZA legen also bereits sehr gut für die folgenden MISÞYRMING vor.

Zwischenzeitlich kommt Bewegung in den Backstagebereich. Wir werden Zeugen, wie von der Empore ein Schlüpfer eines männlichen Bandmitglieds segelt und nur um Haaresbreite nicht als Belag auf dem Brötchen von Tymon landet, der kurz davor ist, herzhaft in das Backwerk zu beißen. Zwar wissen wir, wer für den Unterhosen-Angriff verantwortlich ist, hüllen aber den Mantel des Schweigens darüber. Immerhin war der Auftritt des Musikers angsteinflößend genug.

Das Corpus Delicti

Die Isländer MISÞYRMING headlinen nicht nur Tag zwei des De Mortem Et Diabolum, sie stellen mit dem Tross ihrer Headline-Tour auch die Hälfte des heutigen Billings. Auch wenn sich langsam ein wenig Traurigkeit ob des nahenden Endes des Festivals breit macht, überwiegt doch die Vorfreude, denn MISÞYRMING stehen nicht zuletzt für hervorragende Liveshows. Dementsprechend voll ist es vor der Bühne, als zum letzten Mal an diesem Wochenende ein Intro ertönt. Mit „Söngur Heiftar“, dem Opener des Debüts „Söngvar Elds Og Óreiðu“ geht es dann herrlich schroff los. Neue Stücke bringen später mehr Ausdifferenziertheit und Atmosphäre rein. Letztere konkurriert jedoch stets mit der martialischen Seite der Band. Mal ballernd und mal stampfig, kredenzen MISÞYRMING ein sehr energiegeladenes Set, das den ersten richtigen Pit des Festivals hervorbringt und das Publikum mit einem kathartischen Gefühl zurücklässt. Vor allem der Titeltrack des 2019er Albums „Algleymi“, der als Zugabe gespielt wird und während dessen Fronter D.G. sich in den Graben zur Menge gesellt, macht für einige Minuten sprachlos und hinterlässt ein Lächeln auf vielen Gesichtern.

Nach diesem extrem abwechslungsreichen und energiegeladenen Tag haben wir überhaupt keine Lust ins Bett zu gehen. Und so kommt es zu Liebeserklärungen gegenüber MISÞYRMING, während unser Stefan sich als Fanboy der ersten Stunde zu erkennen gibt. Auch heute scheint alles reibungslos geklappt zu haben, die – für eine Veranstaltung dieser Art – geradezu euphorischen Stimmen aus dem Publikum bestätigen, dass man hier wohl alles richtig macht. Selbst zwischenzeitliche Probleme mit der Zapfanlage führen zu keinen Reibungsverlusten und die Besucher:innen lächeln die daraus entstandene Wartezeit einfach weg.

Es folgen anregende Gespräche mit den Veranstaltern, Künstlern und nicht zuletzt mit Freunden. Einen schöneren Abschluss eines tollen Festival-Wochenendes könnte es nicht geben und wir sind uns ganz sicher: Auf ein Wiedersehen im nächsten Jahr!

Text: Angela Queisser, Marcel Schlensog, Oliver Di Iorio

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21.12.2023

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