De Mortem et Diabolum 2018
Der ausführliche Festivalbericht

Konzertbericht

Billing: Darkened Nocturn Slaughtercult, Necros Christos, Svartidauði, Misþyrming, Endezzma, Blaze Of Perdition, Darvaza, Ophis, Zhrine, Naðra, Streams Of Blood, Gaerea, Kult, Ulsect und In Twilight's Embrace
Konzert vom 14.12.2018 | Columbia Theater, Berlin

Samstag, 15. Dezember 2018

IN TWILIGHT’S EMBRACE

Auf gehts in den zweiten Tag des De Mortem et Diabolum 2018: Den polnischen Melodic Death/Black Metallern IN TWILIGHT’S EMBRACE gebührt die Ehre, den Samstagsreigen zu eröffnen. Das Columbia Theater ist heute früh nicht so gut gefüllt wie beim gestrigen Opener – was daran liegen mag, dass ULSECT sicherlich ein größerer Name sind als IN TWILIGHT’S EMBRACE, oder daran, dass es gestern Nacht noch Alkohol zu trinken gab. Wer weiß das schon! Aber rund 50 bis 100 Leute haben sich im Publikum eingefunden, um dem Treiben auf der Bühne zuzusehen.

Das danken die Polen den Anwesenden damit, dass sie ihren anmelodisierten Black/Death Metal mit viel Motivation, sichtbarer Spielfreude und sauberem, wuchtigem Sound unter die Leute klöppeln. Das flotte und wütende Klangbild der Band wird dabei von (gewollt) schiefem Klargesang abgerundet, dazu gibt es viel Nebel und überwiegend blaues Licht auf der Bühne – die kalte Atmosphäre passt durchaus. Höhepunkt ist der an vorletzter Stelle gespielte, sehr melodische „Ile Trwa Czas“ – und damit verabschieden sich IN TWILIGHT’S EMBRACE von der Bühne, ohne etwas allzu Besonderes geboten zu haben, aber einen Gig, der durchaus seine Highlights hatte. Als Opener mehr als „nur“ okay!

Galerie mit 7 Bildern: In Twilight's Embrace - De Mortem Et Diabolum 2018

GAEREA

Bei den Portugiesen GAEREA ist das Columbia Theater im Anschluss gleich deutlich voller, auch hier bestätigt sich das Prinzip von gestern: Das Publikum des De Mortem et Diabolum 2018 schätzt durchaus auch unbekanntere Bands und gibt vielen Künstlern eine Chance. Danke, sehr nett! Und auch GAEREA danken es dem Publikum, denn musikalisch und optisch orientieren sie sich zwar deutlich an MGLA, bieten aber auch eine eigene Note. So tragen auch die Portugiesen schwarze Tücher vor den Gesichtern, im Gegensatz zu den polnischen Vorbildern aber mit okkulter Symbolik darauf.

Sind GAEREA dann nur so etwas wie eine okkulte Version von MGLA? Ja, nein, jein – GAEREA lassen ihre Vorbilder überall erkennen, gehen aber schon sehr eigenständig zu Werke. Das findet das Publikum gut, und so ernten die Portugiesen zwischen den Songs massig Applaus. Kleiner Wermutstropfen ist der Sound, denn obwohl der eigentlich sehr klar ist und vor allem die omnipräsenten Melodien gut zur Geltung kommen, geht vom Bass ein störendes Rassel-Geräusch aus. Ob das Absicht oder ein technisches Problem ist, ist nicht ganz klar – und damit ist es so oder so problematiscch. Auf jeden Fall nervt es zwischenzeitig doch gewaltig.

Ansonsten gibt es über den Auftritt von GAEREA, dessen Setlist in erster Linie das aktuelle Debütalbum „Unsettling Whispers“ nachstellt, nicht viel zu meckern. Außer vielleicht, dass die an Ausdruckstanz erinnernden Posen des Sängers ein bisschen albern wirken – das kriegen andere Bands aus der vermummten Ecke besser, da zurückhaltender hin. Die Idee des Ganzen war schließlich mal, hinter der Kunst zurückzutreten, die Kunst zu entmenschlichen. Das funktioniert so zumindest nicht – und damit ist die Maskerade eher albernes Beiwerk. Das ist aber ein kleiner Kritikpunkt, der Auftritt geht schon klar und hinterlässt ein weitestgehend begeistertes Publikum im Columbia Theater.

Galerie mit 24 Bildern: Gaerea - De Mortem Et Diabolum 2018

OPHIS

Anschließend dürfen die Hamburger Death Doom Metaller OPHIS ran, deren Death Doom Metal sich oft genug in Funeral-Doom-Gefilde begibt – und damit sind OPHIS mit Abstand die langsamste Band auf dem De Mortem et Diabolum 2018. Das merkt auch dem versammelten Publikum im Columbia Theater an, es ist weniger voll vor der Bühne als noch bei GAEREA – Doom Metal hat hier eben kein Heimspiel.

Trotzdem bringen die Hamburger eine schöne Abwechslung in den Festival-Ablauf, als sie in blutrotes Licht gehüllt die Bühne betreten. Zwar ist die Rhythmusgitarre von Sänger Philipp Kruppa kaum zu hören, sonst haben OPHIS aber einen sehr guten und klaren Sound, vor allem auch mit ausreichend Wucht für die Doomwalze. Sonst lässt sich der Hanseatische Vierer auch nicht lumpen und bespielt von ganz alten Stücken (zum Beispiel „Convert To Nihilism“ von der 2004er-Debüt-EP „Nostrae Mortis Signaculum“) bis hin zu „Engulfed In White Noise“ vom aktuellen 2017er-Album „The Dismal Circle“ als Abschluss nahezu die komplette Diskografie.

Sänger Philipp Kruppa versucht sich an bewusst unbeteiligten Ansagen, ganz die Depression und Melancholie vorhaltend und verdeutlichend, die sich auch in der Musik ausdrückt – ganz kann er sich das Grinsen ob des Zuspruchs der Anwesenden aber auch nicht verkneifen. Insgesamt sind OPHIS bisher die kommunikativste Band des De Mortem et Diabolum 2018, und so mag dieser Auftritt nicht das größte Highlight des Wochenendes gewesen sein, aber immerhin hinterlassen OPHIS den Eindruck von Sympathie und wuchtiger Melancholie zugleich.

Galerie mit 22 Bildern: Ophis - De Mortem Et Diabolum 2018

STREAMS OF BLOOD

Die Macher des De Mortem et Diabolum 2018 gehen anschließend vom einen Extrem ins andere über: Nach den ganz langsamen, zum Sterben schönen OPHIS gehts direkt über zum kompromisslosen No-Bullshit-Geratter der Hessen STREAMS OF BLOOD. Die betreten mit einer Menge Blut in der Fresse und verhüllt hinter Tüchern und weißen Kapuzenpullis die Bühne, und verdammt nochmal: DAS ist straighter Black Metal. Musikalisch irgendwo dort zu verorten, wo sich MARDUK, ENDSTILLE und frühe GORGOROTH treffen, rattern die Frankfurter einfach mal los und hören erst wieder damit auf, als ihre Stagetime vorüber ist.

Leise Töne, allzu viele Melodien oder sonstige Nettigkeiten gibt es bei STREAMS OF BLOOD nicht, dafür aber eine geballte Portion Aggressivität, welche die mittlerweile zum Quintett angewachsene Band vorzüglich auf die Bühne bringt – nicht nur in der Mucke, sondern auch in Posen, Ansagen und anderen Showelementen gibt es hier nichts Nettes. STREAMS OF BLOOD, das sind rund 45 Minuten pures Geballer – und Hölle macht sowas Spaß, wenn Könner am Werk sind.

STREAMS OF BLOOD lassen sich auf jeden Fall nicht lumpen und spielen Songs aus ihrer kompletten Diskografie, von der „Antilife“-EP (2009) zum Beispiel „Deepest Abyss Of My Soul“, aber auch „Fullmoon Era“ vom ersten Album „The Descent To The Source Of Disorder“ (2011) bis hin zu „Detox“ von der aktuellen Platte „Allgegenwärtig“ (2017). Da ist alles dabei, und sogar noch Platz für ein JUDAS ISCARIOT-Cover zum Abschluss: „Eternal Kingdom Of Fire“. Dafür gibt es völlig verdient eine Menge Applaus aus den Reihen des Publikums, und obwohl es kleinere Soundprobleme gibt – eine der beiden Gitarren ist während des ganzen Auftritts kaum zu hören -, zerstört das nicht den Eindruck von einem richtig starken Auftritt. Fett!

Galerie mit 10 Bildern: Streams Of Blood - De Mortem Et Diabolum 2018

ENDEZZMA

Ganz abwegig ist es nicht, nach STREAMS OF BLOOD die Norweger ENDEZZMA spielen zu lassen – denn obwohl die Unterschiede auf der Hand liegen, haben ja auch die Hessen norwegische Anteile in ihrer Musik, während ENDEZZMA das klassische, finstere, aber straighte und eingängige Hønefoss-Gerödel solcher Bands wie URGEHAL und BEASTCRAFT aufleben lassen. Dementsprechend bleiben die meisten nach dem Auftritt der ersteren gleich da, weitere Leute kommen dazu, und zack, proppevoll ist das Columbia Theater.

Ein Teil der ENDEZZMA-Musiker ist ja nun auch schon seit Anfang der Neunziger dabei, und so verwundert es nicht, dass ENDEZZMA ein riesiges Level an Professionalität auf die Bühne tragen, von dem sich viele andere Bands eine Scheibe abschneiden können. So ist der Sound glasklar, der Black Metal ist klassisch und geradlinig, aber nicht stumpf, die technische Performance der Band ist schnörkel-, aber auch fehlerlos. Folgerichtig spendiert das Publikum des De Mortem et Diabolum 2018 nach jedem Song, nach jeder Ansage von Frontmann Morten „Sorgar“ Shax viel Applaus, gereckte Fäuste und Jubelschreie.

Morten Shax weiß aber nunmal auch einfach, wie Ansagen gehen: Statt einfach irgendwelche Songtitel zu schreien, krächzt er immer wieder die Inhalte des folgenden Songs in kryptischen Worten ins Mikro – spannende Herangehensweise, Herr Sorgar! Und so überzeugen schon die Ansagen, Songs wie „Malferno“, „Gates Of Mephisto“ oder „Junkyard Oblivion“ überzeugen aber noch viel mehr. Ein spannender Auftritt, der auf dem De Mortem et Diabolum 2018 zwar ein bisschen aus dem Rahmen fällt, aber trotzdem begeistert aufgenommen wird.

Galerie mit 22 Bildern: Endezzma - De Mortem Et Diabolum 2018

BLAZE OF PERDITION

Die Polen BLAZE OF PERDITION, die im Anschluss auf die Bühne des Columbia Theater dürfen, sind da gleich wieder eine ganz andere Hausnummer: Hier ist nichts straight, nichts geradlinig, nichts allzu eingängig. Stattdessen präsentiert sich der Vierer aus Lublin vertrackt und komplex, musikalisch bewegt sich die Band irgendwo zwischen neueren WATAIN, alten ONDSKAPT und ASCENSION, wobei zwischendurch durchaus auch ein bisschen Post-Black-Metal-Ästhetik durchschielt.

Damit sind BLAZE OF PERDITION musikalisch auf jeden Fall spannend, aber auch sehr komplex, und das ist ob der vertrackten letzten beiden Alben „Near Death Revelations“ und „Conscious Darkness“ nicht unbedingt besser geworden. Heißt: Wer BLAZE OF PERDITION genießen will, muss wirklich Geduld in deren Musik investieren. Das hat das Publikum des De Mortem et Diabolum 2018 vor, und trotzdem verliert die Band nach einer Weile den einen oder anderen Zuschauer, was auch daran liegen mag, dass es schier unmöglich scheint, die komplexen Arrangements im Sound stets zur Geltung zu bringen.

Zum Glück haben die Polen da noch ein Ass im Ärmel: Nämlich ihren Klargesang, der durch Mark und Bein geht und sowas wie das Tüpfelchen auf dem sprichwörtlichen „i“ im Sound von BLAZE OF PERDITION ist. Der kommt vor allem im abschließenden „Detachment Brings Serenity“ zum Tragen, der jeden versöhnt, der die Musik der Band zwischendurch zu anstrengend gefunden hat. Ein wunderbarer Abschluss und insgesamt doch ein hervorragender Auftritt.

Galerie mit 12 Bildern: Blaze Of Perdition - De Mortem Et Diabolum 2018

MISÞYRMING

Vorhang auf für die potenzielle Liveshow des Jahres: Die letzten Isländer im Bunde, MISÞYRMING, betreten die Bühne, und sie zerstören. An Licht gibt es hier und heute genau zwei Varianten, nämlich rot und weiß, und das oft in Strobos verpackt. Das passt zur komplexen, aber dennoch mega-eingängigen Musik der Band aus Reykjavik wie das Corpsepaint in die Fresse. Erschwerend kommt hinzu, dass der Vierer auf der Bühne des Columbia Theater nicht eine einzige Sekunde still steht. Das Ergebnis ist ein Maximum an Energie, an Maximum an Aggressivität und ein Maximum an Atmosphäre, das MISÞYRMING entfesseln.

Das äußert sich selbstverständlich in viel, viel Applaus, Bewegung und Zuspruch auch im Publikum, wer so energetisch zur Sache geht wie die Isländer, der kann gar nicht anders, als mitreißend zu sein. Dazu gibt es noch ein paar nette Extras, zum Beispiel einen „brand new song“, der eine für MISÞYRMING-Verhältnisse ungewöhnlich melodische, harmonische Leadgitarre, viel Uptempo, aber auch das gewohnte Hypnose-Chaos bietet. Des Weiteren gesellt sich im letzten Stück SVARTIDAUÐI-Sänger Sturla Viðar auf die Bühne, um mit seiner markanten, unnachahmlichen Stimme das „Deathtrip“-Cover seiner Band (von der Split mit PERDITION) zu veredeln.

Einen einzigen, kleinen Kritikpunkt gibt es: Nämlich dass MISÞYRMING gut fünf Minuten zu früh von der Bühne gehen. Dieser Auftritt hätte noch mindestens eine weitere Stunde gehen können, ach was, müssen! Übelnehmen darf man das der Band aber wohl nur schwerlich – denn mit dem kompletten „Songvar Elds Og Óreiðu“-Album (abzüglich der reinen Ambient-Tracks), dem neuen Song und „Hof“ von der Split mit SINMARA ist auch so ziemlich alles gespielt, was die Band bisher rausgebracht hat. Schade – da bleibt nur um so mehr zu hoffen, dass es bald was Neues zu hören gibt.

Galerie mit 18 Bildern: Misþyrming - De Mortem Et Diabolum 2018

DARKENED NOCTURN SLAUGHTERCULT

Die nordrhein-westfälischen Black Metaller DARKENED NOCTURN SLAUGHTERCULT haben schließlich die Ehre, das De Mortem et Diabolum 2018 zu beschließen und gleichzeitig die schwierige Situation, so viele gute Auftritte – allen voran jenen der direkten Vorgänger MISÞYRMING – zu toppen. Aber die Dormagener sind alte HasInnen im Geschäft, und wenn hier heute einer würdig die Headliner-Position ausfüllen kann, dann ja wohl die Band rund um Frontfrau Onielar.

Diese betritt auch gleich ganz in Weiß die Bühne, während der Rest der Band mit halbnacktem Oberkörper auftritt, und spätestens wenn das Blut ins Spiel kommt, hat Onielars weißes Outfit etwas sehr gespenstisches, Banshee-artiges. Generell überzeugen DARKENED NOCTURN SLAUGHTERCULT mit einem opulenten Bühnenbild: Am Mikroständer ein großer, umgedrehter Jesus-an-der-Latte, Kuhschädel und ein riesiges Pentagram am Drumkit, dazu zwei riesige Sidedrops – DARKENED NOCTURN SLAUGHTERCULT wissen, wie man auffährt.

Und das nicht nur optisch, sondern auch musikalisch: Das letzte Album der Band, „Necrovision“, liegt fünf Jahre zurück, und so muss nichts Neues promotet werden. Stattdessen können sich die Nordrhein-Westfalen ganz auf ihren hervorragenden Backkatalog konzentrieren und spielen so aus jeder Schaffensphase was, angefangen bei „Thanatos“ vom Debüt „Follow The Calls For Battle“ (2001) über die obligatorische Zugabe „The Dead Hate The Living“ von „Nocturnal March“ (2004), dem „Hora Nocturna“-Klassiker „Das All-Eine“ von 2006 bis hin zu neueren Stücken à la „In The Hue Of Night“ von besagtem „Necrovision“ (2013). Wer solche Songs hat, braucht eigentlich gar keine Showelemente mehr – und DARKENED NOCTURN SLAUGHTERCULT haben sie trotzdem.

Als Überraschung gibt es obendrauf dann noch was ganz Altes, nämlich die Bandhymne „Slaughtercult“ von der 1999er-Demo „The Pest Called Humanity“. Zum Schluss schreit Onielar noch stilecht „Praise Satan“ ins Mikro und geht von der Bühne – aber das wars natürlich noch nicht. Denn, wie oben schon erwähnt: „The Dead Hate The Living“ fehlt noch und wird als Zugabe obendrauf gegeben. Damit bieten DARKENED NOCTURN SLAUGHTERCULT einen würdigen Abschluss für das De Mortem et Diabolum 2018, wenngleich sich wohl alle einig sind: So gut das war, besser als MISÞYRMING zuvor geht es eigentlich kaum.

Galerie mit 18 Bildern: Darkened Nocturn Slaughtercult - De Mortem Et Diabolum 2018

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11.01.2019

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