Dark
Out of the Dark Festival III

Konzertbericht

Billing: Dark, My Dying Bride, Secret Discovery, Sentenced, Sundown und Therion
Konzert vom 1997-03-22 | Stadthalle, Werdau

Doch am besten fange ich das ganze chronologisch an: Das dritte Out of the Dark Festival sollte in Berlin
wieder mal im Halford stattfinden. Aufgrund unserer eher negativen Erfahrungen mit diesem Club machten
wir uns aber stattdessen mit dem Wochenendticket auf den Weg in die Stadthalle von Werdau, einem
Örtchen, was ich erst nach mehreren Anläufen irgendwo bei Zwickau im Atlas entdeckte… Das „wir“ steht
für die halbe Dark Site Redaktion in Form von Akron und Truhe, sowie noch Jörn „Duke“ Duckrow und zwei
andere Leutz (hi Till! :)).
Da soll nochmal einer sagen, wenn man mit dem Wochenendticket fährt, gäbe es nicht genügend Sitzplätze.
Wir jedenfalls hatten im ersten Zug den kompletten Gepäckwagen für uns und im dritten ein riesiges
Behindertenabteil mit Star Trek-ähnlicher Schiebetür. Vor allem der Gepäckwagen wäre ideal für eine Party
und trinken braucht man auch nichts, da man eh bei jeder Kurve von Wand zu Wand fliegt :)… Irgendwann
um 16:00 kamen wir in Werdau an, einer Stadt, die ausschaut wie frisch zerbombt. Vereinzelt sind einige
Farbtupfer in Form eines Extra- oder Aldi-Marktes zu sehen, die aber keine Struktur erkennen lassen und
vermutlich auch aus eben jenem Flugzeug geschleudert wurden, was alle anderen Häuser mit einem
überaus effektiven Bombenteppich belegt hat. Ein Plakat klärt uns darüber auf, daß demnächst auf dem
„Platz der Solidarität“ ein Frühlingsfest stattfinden wird. Soso. Werdau bietet also durchaus etwas für seine
Touristen. Überhaupt lebt Werdau einzig und allein vom Tourismus. Arbeitsplätze gibt es nicht oder nur
vereinzelt, da beim letzten Bomberangriff sämtliche Fabriken zerstört wurden und keiner einen Sinn darin
sieht, sie wieder aufzubauen, am wenigsten wohl das Arbeitsamt, was in Form einiger Bauarbeitercontainer
am Straßenrand aufgestapelt ist. Den Weg zur Stadthalle wollten wir von einem Eingeborenen (sorry, aber
sächsisch ist eben keine zivilisierte Sprache und die Nachkriegsumgebung läßt einen auch eher denken,
man wäre in Urlaub in irgendeinem ziemlich seltsamen fremdem Land…) erfahren und bekamen als Antwort
den Weg durch die gesamte Stadt beschrieben. Das erklärt sich recht leicht: Der Bahnhof liegt am Ende der
Stadt, was auch ihr höchster Punkt ist. Die Stadthalle liegt am anderen Ende. Immerhin ist die Stadt nicht so
übermäßig groß und wir mußten nur 1,5 Kilometer über glitschige und matschige Wege wandern. Nach einer
Weile Laufen standen wir dann vor der Stadthalle oder vielmehr vor etwas, was ausschaute wie ein völlig
normales Haus mit großer Tür. Wir warteten eine Weile und schauten uns die Dorfmetaller an, die so
langsam eintrudelten. Ein so gemischten Publikum hatte ich in Berlin noch nie gesehen. Andererseits kann
es auch sein, daß es das gleiche Publikum auch in Berlin gibt, es nur in der Masse, die hier fehlte,
untergeht. Vom Hip-Hopper mit Dissection-Shirt über Goths und True Metaller mit seit 20 Jahren veralteter
Frisur bis hin zu kleinen 14jährigen Mädels, die sich vermutlich erhofft hatten, von den verschwitzten
Muskelbergen des Secret Discovery-Quotenbodybuilders an die Wand oder auf das nächste Bett gepresst
zu werden, war alles vorhanden. Als endlich um ca. Viertel vor Sechs die Tür aufschwang, waren knapp 60
solcher Gestalten da und verhießen nichts Gutes. Während unserer Warterei trottete ab und an der
Sänger von Sentenced vorbei und schaute erheblich schlecht gelaunt in die Gegend. Niemand erkannte
ihn. Vermutlich war ihm das auch recht. Bei den Leuten. Vermutlich wünschte er sich, daß irgendwer einige
Bomben auf diese Stadt werfen solle. Andererseits sieht Werdau so aus, als habe irgendwer eben dies
schon mehrmals versucht, so daß er sich das vielleicht doch nicht gewünscht hat. Seine Gedanken dürften
sich mit Worten wie „Hilfe“ oder „Warum?“ beschäftigt haben, was auch unsere ab und an während
unseres Aufenthalts auf diesem Schuttberg taten…

Die Stadthalle ist ein seltsamer Ort, mir aber irgendwie doch sympatischer als das Halford. Z.B. kommt man
an die Bar ran ohne drei Stunden warten zu müssen. Es gibt eine Garderobe und einige nette Gänge, durch
die man laufen kann. Und natürlich den großen Raum, der wie eine Kreuzung aus Plenarsaal und Turnhalle
aussieht, komplett mit Holz vertäfelt und einigen riesigen Boxen im vorderen Bereich. Auch ist die Bühne
größer als die im Halford. Sympatisch.

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24.05.1999

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