Dark Easter Metal Meeting
Der große Festivalbericht

Konzertbericht

Billing: Tiamat, Sodom, Benediction, Kampfar, Taake, Cult Of Fire, Bewitched, Mortem, Hellbutcher, Psychonaut 4, Endstille, Mork, Grand Cadaver, Nordjevel, Nocte Obducta, Theotoxin, Deathrite, Dymna Lotva, Asphagor, Angstskrig, Jesajah, Sylvaine, Thy Catafalque, Chapel Of Disease, Abysmal Grief, Perchta, Imha Tarikat, Phantom Winter, Sur Austru, Ciemra und Fair of the Forgotten
Konzert vom 30.03.2024 - 31.03.2024 | Backstage, München

Das Dark Easter Metal Meeting lässt die Anhängerschar der tiefschwarzen Metal-Genres Jahr für Jahr frohlocken und kaum eine Veranstaltung kann so hohe Besucherströme im Münchner Backstage verzeichnen. Damit das Fest der Auferstehung auch heuer wieder zu einem gelungenen Reigen aus Misanthropie, Verzweiflung und Garstigkeit wird, haben die Veranstalter nicht nur Evergreens wie BENEDICTION, DEATHRITE und ENDSTILLE eingeladen. Auch auf abgedrehte Acts wie TIAMAT oder die völlig utopischen CULT OF FIRE sind wir gespannt.

Text: André Gabriel (AG), Marcel Schlensog (MS), Oliver Di Iorio (ODI)

Samstag, 30.03.2024

GRAND CADAVER, Werk (14:30)

Den ersten Tag läuten aber zunächst einmal GRAND CADAVER aus Schweden ein. Dass die Death Metaller aus diesem Teil Europas stammen, muss bei den sägenden Gitarren und den amtlichen Melodiebögen nicht extra erwähnt werden. Mit ihrem Auftaktslot legt die Band gleichzeitig ein grundsolides Fundament für ein spannenden Festival-Wochenende, weil die Riffs direkt in die Beine, beziehungsweise in den Nacken wandern und die Stimmung zu dieser frühen Stunde ausgelassen ist. (ODI)

JESAJAH, Club (15:25)

Die Österreicher JESAJAH (wohl angelehnt an den hebräischen Schriftpropheten Jesaja) eröffnen am heutigen Samstag den kleinen Club vom Backstage München und machen mit ihrem optischen Erscheinungsbild sofort klar, in welche Richtung es für die nächsten 50 Minuten geht. Die junge Truppe, in einheitlichen schwarzen Westen und verschmiertem Corpsepaint, schmettert mit räudigem Blackened Death Metal um sich. Durchaus nicht ungewollt klingt man an der ein oder anderen Stelle wie die Lands-Kollegen von BELPHEGOR.

Die Bühnen-Dekoration passt optisch zum Sound: Eine fantasievolle Skelett-Kreation im schimmernden Rotlicht mit reichlich Nebel sorgt für den ein oder anderen Hingucker, während die kleine Halle durch immer größeren Zulauf an ihre Kapazitätsgrenzen kommt. Diesen Zuspruch hat sich die junge Band mit ihrem energiegeladenen Auftritt redlich verdient. Wir sind bereit für die Hölle. (MS)

THEOTOXIN, Halle (15:25)

Die Stunde Österreichs beginnt heute früh und während JESAJAH im benachbarten Club mit schaurigem Bühnenbild glänzen, drücken THEOTOXIN ordentlich das Gaspedal durch. Natürlich sind die Wiener nicht gerade als Leisetreter bekannt, was Drummer Flo Musil an Geschwindigkeiten abrufen kann, bleibt dennoch bemerkenswert. Schon jetzt droht die Halle aus allen Nähten zu platzen, während sich die Luft unerbittlich staut und wir uns an einen Tag im tropischen Regenwald erinnert fühlen. Besonders hart ist dieser Umstand für Bassist Torsten Hirsch, der anschließend noch einmal auf die Bühne zurückkehren darf. (ODI)

HELLBUTCHER, Werk (16:20)

Nanu? Wurde im Vorfeld nicht immer wieder betont, dass HELLBUTCHER kein Abklatsch der Black-Metal-VILLAGE-PEOPLE von NIFELHEIM seien? Ein Schelm, der böses dabei denkt. Denn nicht nur das Logo ist verdächtig ähnlich gestaltet, nein. Sänger Hellbutcher klont sich in seiner Inszenierung selbst, während die Musik dem gewohnten NIFELHEIM-Muster bedingungslos folgt. Ob wir uns daran stören? Kein bisschen. Die bissige Mucke geht einfach viel zu gekonnt nach vorne und reißt uns mit. Natürlich offenbart ein Blick in die Runde, dass viele Besucher:innen nicht sicher sind, ob sie lachen oder weinen oder einfach headbangen sollen. Und das ist einfach gut so. (ODI)

ANGSTSKRIG, Club (17:15)

Das eine Zwei-Mann-Kombo überzeugen kann, weiß man spätestens mit dem Aufkeimen von MANTAR. Ansonsten sind ANGSTSKRIG stilistisch weit tiefer im Black Metal verwurzelt als die Bremer. Zwar gibt es auch reichlich Groove und Black`N`Roll zu hören, aber im Grundgerüst knüppelt man sich ordentlich nach vorne. Auf eine übertriebene Darbietung verzichtet die anonyme Band und legt den wesentlichen Schwerpunkt auf die Musik.

Erwähnenswert ist, dass der Gitarrist/Sänger einen britischen Bowler trägt, der hierzulande auch als „Melone“ bekannt ist. In Kombination mit der Maskierung doch recht ungewöhnlich und von uns so noch nie gesehen. Er besticht aber auch durch seinen eigenständigen Gesang, der auf starke Akzentuierung der Texte setzt. ANGSTSTKRIG sind eine interessante Truppe, die man auf dem Schirm haben sollte, wenn man auf eine Erweiterung des klassischen Black-Metal-Sounds steht. (MS)

NOCTE OBDUCTA, Halle (17:15)

Nur wenige Bands sägen an den Nerven wie die Mainzer. Hat man sich erstmal mit einem Album abgefunden und die Vielschichtigkeit des Gesamtwerks zu schätzen gelernt, drehen sich NOCTE OBDUCTA um 180 Grad und liefern neues, altes oder – wie im aktuellen Fall von „Karwoche“ – räudigen Black Metal mit Tiefgang. Wir spekulieren noch, aus welcher Phase die Band heute ihre Setlist zusammenstellt, als „Drei Gemeuchelte Sommer“ uns stumpf ins Hier und Jetzt zurückholt. NOCTE OBDUCTA müssen heute mit ihrem sadistischen Fuß aufgestanden sein, denn eigentlich wäre schon jetzt eine Verschnaufpause gut. Stattdessen gibt es direkt die nächste Klatsche auf die Zwölf  und mit „Es Fließe Blut“ und „Trollgott“ geht es unvermindert derb weiter. Wieder knarzen die Wände der Halle, weil immer mehr Menschen versuchen, ins Innere zu gelangen und wieder tropfen Blut, Schweiß und Tränen von der Decke.

Der Sound ist überragend, aufgrund des überfüllten Raums wirkt die Lautstärke aber teilweise recht stumpf. Torsten gibt alles und verliert mit diesem zweiten Gig an einem Tag wohl die Hälfte seines Körpergewichts, NOCTE OBDUCTA beenden ihr furioses Set mit „Fick Die Muse“ und wir retten uns mit dem letzten Ton ins Freie. (ODI)

BEWITCHED, Werk (18:10)

Gerade sind HELLBUTCHER mit ihrem Rob-Halford-Gedächtnislook von der Bühne stolziert, da nageln die Landsleute von BEWITCHED präzise Riffs an den Querbalken. Blackened Thrash in seiner besten Form, flankiert von spritzigen Leadparts an der Gitarre, machen einfach immer Laune. Wer auf MIDNIGHT abgeht, kann sich heute kaum zurückhalten und so wird die Band feudal gefeiert und das absolut zurecht.  (ODI)

ASPHAGOR, Club (19:05)

Österreich hält ja einiges bereit, wenn es um verstörende und abgedrehte Musik geht. Während sich der kleine Club zusehends füllt, machen es sich ein paar breitschultrige Männer auf der Bühne bequem, was in jedem Fall schon ein erster Augenschmaus ist. Nach einem sehr langen Instrumentalintro stößt ein gewisser Morgoth zum Rest der Band und bellt wie in Wahnsinniger ins Mikro. Gepaart mit reichhaltigen Melodiebögen entsteht somit ein cooler KNORDJEVELontrast zu experimentierfreudigen Bands wie DISHARMONic ORCHESTRA oder mainstreamigem Post-Black-Metal à la HARAKIRI FOR THE SKY. Das macht schon Spaß, zumal die Musiker ohne peinliche Allüren auskommen und nicht an bodenständigen Ansagen sparen. Schönes Ding. (ODI)

NORDJEVEL, Halle (19:05)

Zeit für traditionellen norwegischen Black Metal. Nordjevel betreten die Bühne im Werk und servieren uns Black Metal, wie wir ihn in seinem skandinavischen Ursprung kennen. Die Souveränität und Professionalität ist der seit 2015 agierenden Band nicht abzusprechen. Das besondere Fünkchen springt an diesem Abend allerdings nicht über. Vielleicht etwas zu routiniert spielt sich die Band durch ihr knapp 50-minütiges Set. Fans, die auf eine schnörkellose Show stehen, werden mit NORDJEVEL zufriedengestellt. Wer sich mehr okkulten Klamauk wünscht, wird enttäuscht. (MS)

TAAKE, Werk (20:00)

Da TAAKE mit THEOTOXIN und NORDJEVEL auf großer Europa-Tournee sind, macht die Band mit dem legendären, aber auch nicht unumstrittenen Frontmann Hoest Halt beim Dark Easter Metal Meeting. Die Halle ist stark eingenebelt und leuchtet in grün und blau, so dass man die Band nur in Teilen sieht. Hoest erkennt man aber sofort an seinem eigenständigen Laufstil, markantem Corpsepaint, auffälligem Umhang und der herausstechenden Glatze. Erinnernd an Nosferatu streift er die Bühne ab und keift seine Texte bei bester Stimme in das Mikrofon. Seine Mitstreiter bleiben bei gutem Sound im Hintergrund und überlassen dem Mann mit starker Aura das Feld.

Wie erstaunlich vielfältig TAAKE sein können, zeigen sie mit dem Song „Myr“ von Album „Noregs Vaapen“. Fans kennen den ungewöhnlichen Part mit Banjo, aber für einige Dark-Easter-Gäste ist das neu. Diese bleiben mit offenen Mündern stehen als die Gitarre mit dem ungewöhnlichen Intrument getauscht wird. Abseits davon bieten die Skandinavier eine beeindruckende Show, die beweist, warum sie zur Speerspitze des True Norwegian Black Metal gehören. (MS)

DYMNA LOTVA, Club (20:55)

Erneut präsentiert sich der Club beim DEMM als Undergroundmekka, wo Interessierte neue Bands entdecken können. DYMNA LOTVA sind dafür ein Paradebeispiel. Wie gut es funktioniert, zeigt die Auslastung: Obwohl MORK zeitgleich in der Halle spielen, ist der Club fast voll. Support, den sich die Band mehr als verdient hat. Wegen politischer Verfolgung aus Belarus geflohen, erzählt das Duo emotionale Geschichte aus ihrer Heimat.

Und die Emotionen sind allgegenwärtig: Fronterin Nokt singt und krächzt gequält und verzweifelt, während sie auf dem Boden liegt, ihre Bewegungen sind ekstatisch, die Darbietung hypnotisch. So entsteht ein intensives Liveerlebnis, bei dem die Musik als passendes Beiwerk zu den überbordenden Gefühlen und der einzigartigen Atmosphäre fungiert. Am Ende zeigen sich DYMNA LOTVA per Fahne solidarisch mit der Ukraine. Ein fantastischer und berührender Auftritt! (AG)

MORK, Halle (20:55)

Als Thomas Eriksen vor genau zwei Jahren sein ersten Deutschland-Konzert mit MORK an gleicher Stelle gegeben hat, waren die meisten Menschen im Publikum begeistert. Seitdem tourt die Band um den Erdball und hat einiges an Routine zugelegt. Gleichzeitig zeigen sich die Musiker während der Signing-Sessions weiterhin als extrem zugängliche und sympathische Zeitgenossen. Die Halle droht aus allen Nähten zu platzen, während wir einen Platz abseits des Gedränges im hinteren Teil finden. Erstaunlicher Weise bleibt der Sound nicht in den ersten Reihen hängen und wir erfreuen uns an einer starken Setlist, die aus dem bisherigen Gesamtwerk der Band schöpft. Damit sollte für jeden – von unterkühltem Raw Black Metal aus den Anfangstagen, bis hin zu orchestralen Mitsinghymnen aus der „Katedralen„-Ära – für jeden etwas dabei sein.

Gleichzeitig begeistern uns MORK nicht mehr mit ihrer ungekünstelten Herangehensweise und Spielfreude, wie sie es noch vor einem Jahr getan haben. Scheinbar wird aus dem durchgehend Auf-Tour-Sein irgendwann einfach harte Arbeit, die MORK zwar überdurchschnittlich gut erledigen, das letzte Quäntchen Leidenschaft bleibt heute aber im Tourbus. (ODI)

TIAMAT, Werk (21:50)

Wir geben zu: TIAMAT stehen heute nicht weit oben auf unserer Beliebtheitsskala und stechen als Gothic-Metal-Act beim DEMM etwas hervor. Dennoch ist TIAMATs Wichtigkeit im Extreme-Metal-Bereich nicht zu leugnen. Gerade zu Anfangszeiten bewegte man sich noch stark im Black- und Death Metal, bis man sich musikalisch immer mehr öffnete und zum Wegbereiter des Gothic Metal wurde. So stehen die Schweden zu Recht als Headliner am Samstag auf der Bühne und sorgen für eine große Kulisse, die gespannt darauf ist, wie gut (oder schlecht) heute Bandchef und einziges verbliebenes Gründungsmitglied Johan Edlund drauf ist.

Gleich zu Beginn fällt die Kleidung vom Frontmann auf. Der Schwede hat sich heute für ein gestreiftes Hemd mit weißem Bandana entschieden. Dazu gibt es eine Sonnenbrille, die den Blick auf die Augen nicht zulässt. Das hat was von einem Gefängnisinsassen, der sich vor Sonnenlicht schützt. Aber genug mit der Fantasie. Wir konzentrieren uns auf die Musik und die scheint heute zu passen. Die gesamte Truppe ist gut eingespielt, die Stimme von Johan sitzt und Spielfreude ist bei allen Mitstreitern zu beobachten. Nicht jeder in der Halle ist ein TIAMAT-Fan, aber Hingabe muss man der Truppe am heutigen Abend attestieren. Dies geschieht auch mit ordentlich Applaus. Dieser darf auch der Tontechnik gewidmet werden, denn der Sound ist ausbalanciert und jedes Instrument (inklusive Stimme) kommt gut zur Geltung. Als Highlight betritt noch Gründungsmitglied Stefan Lagergren zum Song „The Sleeping Beauty“ die Bühne. Für Nostalgiker ein Gänsehaut-Moment, bevor es dann mit Übersong „Gaia“ den krönenden Abschluss gibt. (MS)

DEATHRITE, Club (23:00)

Erste Ermüdungserscheinungen machen sich breit und somit ist es nicht mehr ganz so voll im Club. Das sah tagsüber noch etwas anders aus. Dennoch verteilen sich noch genügend Headbanger, die den eigenständigen Death Metal der Sachsen von der ersten Minute abfeiern. Die Band hat einen guten Sound und der leichte Hall bei den Vocals erzeugt eine coole Atmosphäre, die besonders beim Song „Delirium“ zur Geltung kommt. Der Refrain wird von Teilen des Publikums sicher mitgegröhlt und beweist, dass sich DEATHRITE in den letzten Jahren eine gute Fanbasis erarbeitet haben. Von Minute zu Minute ballert sich die Band immer mehr in Rage und zieht das Publikum in den Bann. Die Ermüdungserscheinungen verziehen sich Dank einer energiereichen Performance im Handumdrehen.

Das Posen von Sänger Tony passt zur Punk-Attitüde der Band und wirkt zu keinem Zeitpunkt überzogen. Es passt einfach zur Musik. DEATHRITE hinterlassen nicht nur einen verschwitzten Club, sondern Eindruck, der neue Fans mit sich zieht. (MS)

PSYCHONAUT 4, Halle (23:00)

Es ist spät. Genau genommen fünf Minuten nach TIAMAT, die einigen Stimmen zufolge sehr lange recht einschläfernd waren. Glücklicherweise hat der im Depressive verwurzelte Post Black Metal von PSYCHONAUT 4 viele stimmungsvolle Momente, sodass uns die Georgier in der proppevollen Halle noch mal wachrocken. Graf emotionalisiert die tiefgehenden Stücke zusätzlich durch leidenschaftliche Gesten, verzweifelte Schreie und beherzte Kniefälle. „Parasite“ vom Debüt „Have A Nice Trip“ leitet die Show ein, bevor PSYCHONAUT 4 mit „We Will Never Find The Cure“ und „Moldy“ einen Doppelschlag vom Überalbum „Diposmania“ spielen, das in der heutigen Setlist am stärksten vertreten ist. (AG)

KAMPFAR, Werk (00:05)

KAMPFAR lassen sich ordentlich Zeit, bis die Show endlich beginnt. Trotz der späten Stunde finden sich viele Fans in der Halle ein, um die Pagan-Black-Metal-Instanz zu bestaunen. Die Band agiert mit dem Publikum, hat die ein oder andere Ansage parat und sichtlich Spaß am eigenen Auftritt. Die teilweise hymnisch vorgetragenen Songs werden in den ersten Reihen textsicher mitgesungen, während der sympathische Frontmann Dolk die Faust immer wieder gen Himmel streckt und irgendwann oberkörperfrei auf der Bühne steht.

Die Beine werden indes schwer, die Äuglein wollen nicht mehr so recht und im Hinterkopf schwirrt auch schon der zweite Festivaltag herum. Somit beenden wir den Samstag im Backstage mit einem tollen Auftritt von KAMPFAR und begeben uns in Hotels, Vans und Wohnungen in der Stadt München. (MS)

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21.04.2024

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