Culthe Fest 2019
Dunkelheit über Münster
Konzertbericht
CULTHE FEST 2019 – Tag 1, Samstag, 20.04.2019
Zum Auftakt liefern EWIG.ENDLICH. im Café passablen, abwechslungsreichen Post Black Metal, mit dem sie zwar wenig eigene Akzente setzen, dafür aber schon zur frühen Mittagszeit einige Köpfe in Bewegung bringen. Für ein wenig Amüsement sorgt insbesondere Sänger Simon, der mit seinen Bewegungen eher dem Hardcore-Stereotyp entspricht.
Im Triptychon gibt es anschließend hingegen deutliche ruhigere Töne. Die Art Stage wird von SPECTRALE eröffnet, die sich musikalisch nahezu ausschließlich akustisch präsentieren. Die Gruppe um den ehemaligen Sänger von THE GREAT OLD ONES nimmt im Stuhlkreis Platz und gibt sich hingebungsvoll ihren Instrumenten hin. In dramatischen Passagen wechselt einer der Musiker an ein kleines Drum-Kit, ein weiterer untermalt einige Momente durch elektronische Effekte, sodass dem Auftritt eine gewisse Dramatik innewohnt. Das Experiment der Veranstalter mit einer weiteren Bühne, um die musikalische Bandbreite zu erweitern, geht auf, was allein am Interesse und Beifall der zahlreich anwesenden Personen zu erkennen ist.
Die Sputnikhalle hingegen wird vom Doom-Trio RITUALS OF THE DEAD HAND eröffnet, die den Fokus ganz auf die Musik legen. Keine Ansagen und eine stets eintönig gehaltene Beleuchtung von hinten, dazu reichlich Nebel. Mit ihrer ungehobelten Art erinnern sie stellenweise an dem langsamen Bruder von MANTAR. Dies kommt beim Publikum gut an, welches in den raren Songpausen fleißig applaudiert. Zum Abschluss gibt’s mit einem “Under The Funeral Moon”-Cover und Gastsängerbeitrag von Alboin (EÏS) sogar noch ein fettes Ausrufezeichen.
Im zu früher Zeit schon gut gefüllten Cafe spielen dann die Lokalmatadoren AUßERWELT auf. Auch wenn die Gitarren leider etwas im Gesamtsound untergehen, liefern die Münsteraner ambitioniert ab. In vielen Songs finden sich ruhige Momente, die das Publikum still genießt, in den flotteren Abschnitten sind aber auch vereinzelte Headbanger auszumachen. Mit Ersatzmann Hannes am Bass werden hier und heute sogar auch noch zwei neue Songs präsentiert, die sich nahtlos in den bisherigen Post-Black-Metal-Kosmos der Band einreihen.
In stilistischer Hinsicht stellen CRONE auf der Art Stage wieder einen deutlichen Farbtupfer im ansonsten doch überwiegend schwarz gehaltenen Billing des Festivals dar. Ebenfalls mit Ersatzmann angereist, diesmal jedoch an der zweiten Gitarre, zeigt sich die nur selten zu erlebende Band um Sänger und Gitarrist sG von SECRETS OF THE MOON erstaunlich vital. Der Sound kommt ziemlich basslastig daher, was die Melodien ein wenig an ihrer Entfaltung hindert. Zudem scheint das Quartett im Gegensatz zu den Songs in Albumversion auf jegliche Samples zu verzichten. Ausdrucksstarkem Material wie “The Ptilonist” und “The Perfect Army” kann dies aber nichts anhaben, sodass auch CRONE die Daseinsberechtigung der Festivalerweiterung unterstreichen.
Eine Etage tiefer heizen WALDGEFLÜSTER aus dem Süden Deutschlands dann wieder etwas traditioneller in bisheriger Culthe-Fest-Manier ein. Passend zum Bandnamen “versteckt” sich die Band hinter reichlich Geäst, während “Der Steppenwolf” von der Kette gelassen wird. Hinter der Bühnendeko zeigt sich die Band aber freizügig mit teilweise gelüfteten Oberkörpern und ausgelassenem Stageacting. Vor Kurzem ist mit “Mondscheinsonaten” das bereits fünfte Album erschienen, dessen quasi-Titeltrack “Von Winterwäldern Und Mondscheinsonaten” auch heute direkt live dargeboten wird. Zumindest im vorderen Bereich der Sputnikhalle ist leider der Background-Gesang kaum hörbar, was die gefühlvollen, teilweise auch mit etwas arg viel Zucker versehenden, Stellen etwas schmälert. “Und Immer Wieder Schnee” peitscht zum Ende hingegen wieder ordentlich nach vorne, sodass WALDGEFLÜSTER von zahlreich gereckten Hörnern verabschiedet werden.
Mit der Podiumsdiskussion über künstlerische Ausdrucksformen jenseits der Musik ist ein ungewöhnlicher Programmpunkt enthalten. Ernie von Krackmucker TV hat sich Phil Jonas (u.a. CRONE und SECRETS OF THE MOON), Florian “Alboin” D. (u.a. EÏS) und dem Künstler Alex (Irrwisch) zu diesem Thema eingeladen. Die diskutierten Themen reichen von dem Verständnis des Gesamtkunstwerks über die wechselseitige Arbeit zwischen Musiker und Künstler bis hin zu der Relevanz von Musikvideos. Die Gäste punkten durch ihre lockere und offene Art, während Ernie bei seinen Moderationen gerne auch mal wie gewohnt ausholt bzw. abschweift. Zu Beginn ist die Geräuschkulisse sehr hoch, weshalb die Diskussion teilweise nur in Fetzen zu verstehen ist. Ein Programmpunkt, der leicht modifiziert sicherlich Potential für die Zukunft bereithält, was auch die zahlreich vor der Bühne sitzenden Zuhörer deutlich machen.
Platz nehmen ist bei HERETOIR hingegen nicht angesagt, vielmehr Platz sichern: Das Café platzt erstmals aus allen Nähten, sodass einige Besucher vor dem Konzertraum im Innenhof des Veranstaltungsgeländes ausharren müssen. Der Post Black Metal stößt auf großen Anklang und die Band zahlt die Vorschusslorbeeren mit einem unfassbar emotionalen Auftritt zurück. Blickfang schlechthin ist Frontmann Dave, der sich und seine Dreads perfekt in Szene setzt und seine Songs selbst vermutlich am stärksten durchlebt, während er parallel lupenrein an Gitarre und Gesang (Growls & Klargesang) abliefert. Schon früh wird das in Fankreisen beliebte “Graue Brauten” gefordert, was im Laufe des Auftritts auch seinen Platz auf der Setlist ergattert. Mit dem mitreißenden Titeltrack vom vor zwei Jahren erschienen “The Circle” rundet die vornehmlich aus Bayern stammende Band ihren Auftritt überwältigend ab.
EÏS sind hingegen angetreten, um einen Schlussstrich zu ziehen: Die Band wird vorerst auf, nunja, Eis gelegt. Dies soll jedoch nicht geschehen, ohne vorerst gebührend Adieu zu sagen. Die Formation um Bandchef ALBOIN hat eine bewegende Vergangenheit vorzuweisen, musste sie sich doch aufgrund einer drohenden Klage im Jahr 2010 umbenennen. Zuvor unter dem Banner GEÏST aktiv, wurden mit “Patina” (2005), “Kainsmal” (2006) und “Galeere” (2009) drei Alben veröffentlicht, die auf großen Anklang gestoßen sind. So zaubert die Ankündigung von Alboin (“Heute Abend tun wir nochmal so, als wären wir GEÏST”) vielen Anwesenden ein erwartungsvolles Funkeln in die Augen. Und tatsächlich, es werden bei ziemlich hämmerndem Sound ausschließlich Songs der ersten drei Alben gespielt … bis zum Ende des Sets klar wird, dass noch fünf Minuten an Spielzeit verbleiben. Um auch diese zu nutzen, haut die Band mit “Mann Aus Stein” noch einen EÏS-Song als Zugabe raus, ehe sich die Musiker sichtlich gerührt vom Publikum verabschieden.
Auch der Auftritt von DORNENREICH steht unter einem besonderen Stern. Der bereits mit HERETOIR aufgetretene Dave ergänzt die sonst als Trio auftretenden Österreicher am Bass sowie Gesang. Zudem konzentriert sich die Band vornehmlich auf Alben, die bereits mehr als zehn Jahre zurückliegen. Der Opener “Jagd” ist zwar noch jüngerem Datums, mit “Schwarz Schaut Tiefsten Lichterglanz” von “Her Von Welken Nächten” geht es anschließend aber ans Eingemachte. In den vorderen Reihen sind viele Besucher zu sehen, die mit geschlossenen Augen mitgehen, andere unterstützen Frontmann Eviga bei seinem eigenwilligen, aber auch sehr ausdrucksstarken und emotionalen Gesang. Der Einsatz der Geige, die teilweise auch als Ersatz für frühere Keyboard-Passagen der Songs dient, ist und bleibt für einige Fans ein streitbares Thema. Dass dem Material so oder so seine Klasse keineswegs abzusprechen ist, beweisen DORNENREICH auch mit neuerem Material (“Erst Deine Träne Löscht Den Brand”), ehe das obligatorische “Trauerbrandung” die Lichter im Café für das Culthe Fest 2019 am heutigen Tage final ausknipst.
In der Sputnikhalle leuchtet ein Licht hingegen richtig hell auf: Das Scheinwerferlicht und Augenmerk vieler Besucher ist für die kommende Stunde definitiv auf Austin Lunn gerichtet. Mit seiner Band PANOPTICON ist der US-Amerikaner erstmals in Deutschland zu Besuch, weshalb vor dem Auftritt auch eine gewisse Anspannung vor der Bühne zu spüren ist. Davon gänzlich unberührt zeigt sich der überaus gelassen und gemütlich wirkende Austin, der am heutigen Abend (bzw. auf der aktuellen Tour) von vier Musikern unterstützt wird und nach kurzem Intro mit “Snow Burdened Branches” vom aktuellen Album “The Scars Of Man On The Once Nameless Wilderness I And II” in den wilden Reigen startet. Große Ansagen gibt’s den Auftritt über keine, die Bühne ist lediglich mit einer Minnesota- und einer Commonwealth-of-Kentucky-Flagge geschmückt. Diesem Understatement die Krone aufsetzen kann heute nur Bassist Andy Klokow, der den gesamten Auftritt über hinter den Frontlautsprechern versteckt am Bühnenrand sein Instrument bedient und das Haar rotieren lässt. Die Setlist konzentriert sich vornehmlich auf die flotteren und weniger folk-lastigen Stücke aus der Repertoire der Band: Auf “Living In The Valley Of The Shadow Of The Death” und “Living Eulogy” aus dem Jahr 2010 folgt mit “Sheep In Wolves Clothing” noch ein aktuelles Stück, ehe der “Roads To The North”-Doppelschlag “Capricious Miles” und “Sigh Of Summer” das Ende einläutet. Da noch ein paar Minuten verbleiben, servieren PANOPTICON spontan “Into The Northwoods”, was die wirklich letzten Kräfte mobilisiert. Zur Einordnung dieses Auftritts dienen zwei Situationen direkt im Anschluss: Auf der einen Seite wird im Publikum heiß über die Berechtigung des Headliner-Slots für PANOPTICON diskutiert, auf der anderen Seite erhält Austin im Bereich neben der Bühne persönliche Danksagungen von vereinzelten Fans, die dem Frontmann ihr Herz ausschütten. Summa summarum auf jeden Fall ein lohnender Abschluss des ersten Tages!
Interessante Alben finden
Auf der Suche nach neuer Mucke? Durchsuche unser Review-Archiv mit aktuell 37294 Reviews und lass Dich inspirieren!
Dornenreich, Eis, Heretoir, Waldgeflüster, Sun Worship und Ultha auf Tour
24.01.25 | Harakiri For The Sky - Scorched Earth Release Shows 2025Harakiri For The Sky und HeretoirKronensaal, Hamburg |
25.01.25 | Harakiri For The Sky - Scorched Earth Release Shows 2025Harakiri For The Sky und HeretoirVAZ Pfarrheim Burglengenfeld, Burglengenfeld |
26.01.25 | Harakiri For The Sky - Scorched Earth Release Shows 2025Harakiri For The Sky und HeretoirClub Vaudeville, Lindau |
Alle Konzerte von Dornenreich, Eis, Heretoir, Waldgeflüster, Sun Worship und Ultha anzeigen » |
Kommentare
Sag Deine Meinung!