Cradle of Filth
Inquisitional Tourture 2015 – live in Berlin
Konzertbericht
CRADLE OF FILTH sind recht fleißig im Jahr 2015. Neben Festivalauftritten – unter anderem beim Wacken Open Air, Summer Breeze und Rockharz – haben die Briten ihre schmutzige Wiege auch in etlichen Clubs ausgekippt. Dann wieder schön vollgemacht und ab in die nächste Stadt! Betrachtet man es musikalisch, ist die Wiege natürlich alles andere als dreckig. Wer ein Album wie „Hammer Of The Witches“ im Gepäck hat, ist für die Live-Front gut gerüstet. Entsprechend entspannt sind die dunkelromantisch veranlagten Extreme Metaller Mitte Oktober in Nottingham zu ihrer ausgedehnten „Inquisitional Tourture 2015“-Reise aufgebrochen – mit einem Halt im Berliner Columbia Theater am 14. November.
Columbia Theater? Eine neue Location am Columbiadamm? Diese Fragen stellten sich wohl einige. Und die Antwort ist dann doch recht simpel: Was früher mal Columbia Fritz und dann C-Club hieß, öffnet seine Pforten seit dem 09. Oktober diesen Jahres unter dem Banner „Columbia Theater“. Also eine neue alte Location, wenn man so will. Genau genommen sogar eine Reunion, denn als das Kino damals (1951) für auf dem Flughafen Tempelhof stationierte US-Soldaten eröffnet wurde, trug es den Namen „Columbia Theatre“. Langer Rede kurzer Sinn, wo gibt’s hier kühles Bier?
Warum ist die Menschenschlange zur Columbiahalle eigentlich so lang, die guten Bands spielen doch hier? Immerhin gibt es ein Dixie, da kommt gleich mal etwas Festivalstimmung auf. Also rein in die alte Stube. Und siehe da: So viel hat sich auf den ersten Blick gar nicht verändert. Ok, die kleine Garderobennische zur Rechten fehlt. Erste gelungene Optimierung: An der Stelle, an der man früher nur links in Richtung Außenbereich gehen konnte, offenbart sich einem eine zweite potenzielle Richtung. Geht man von Neugierde gepackt nach rechts, gelangt man nun in einen separierten Raum fürs Merchandise, und wer die Treppe weiter hinten entdeckt, erreicht sogar die neue und größere Garderobe. Nett. Weniger nett: DARKEST HORIZON spielen schon. Jungs und Mädels, davon abgesehen, dass die Vermittlung von Einlass- und Beginnzeit nicht selten etwas wischiwaschi ist, wird vor allem der geplante Start oftmals nicht eingehalten. Schade, denn die Hessen machen schon auf das erste Gehör einen guten Eindruck. Die „verkunstnebelte“ Performance ist agil, die Haare rotieren sowohl vor als auch auf der Bühne, die Soli sitzen ebenso angegossen wie alles, was die Rhythmusfraktion aus den Saiten hext. So spielen sich DARKEST HORIZON durch ein von vorn bis hinten gelungenes Set, das seinen Fokus selbstredend beim 2014er-Debüt „The Grand Continuum“ ansiedelt – da wurde sicherlich der eine oder andere Melodic-Death-Metal-Fan ins Boot geholt.
Auch beim direkten Support ist der Zuschauerraum noch überraschend leer – Freunde, heute ist Samstag! NE OBLIVISCARIS sind zum ersten Mal in Berlin und stören sich daran herzlich wenig – das passt auch zu den progressiven Nummern. An erster Stelle stehen die Kompositionen und das Verflechten der metallischen Instrumente mit der aus dem Bandsound herausstechenden Violine, erst dann kommt der Party-Aspekt. Genau das funktioniert aber so einwandfrei, das die Songs – mal ruhig, mal brachial – punktuell abgestimmt aus den Boxen knallen. Auch der Wechsel von cleanen Vocals und Growls trägt zum durchweg guten Eindruck bei, den NE OBLIVISCARIS augenscheinlich nicht nur bei mir hinterlassen. Das letzte Studioalbum „Citadel“ ist knapp ein Jahr alt, und allein das über 45 Minuten lange Werk ist so abwechslungsreich, um ein Support-Set zu füllen: Da fegt man zuweilen durch Black-Metal-Passagen, wirft ausgedehnte Melodien und reine Bassspuren ein und zergeht sich in gänzlich unverzerrten Zwischenspielen. Die schon erwähnte Geige, die nicht selten als Lead-Instrument fungiert, ist der Trumpf im Ärmel der Australier. In kurzen Worten: starker Sound, technisch einwandfrei, songstrukturell spannend – und demnach eine richtig positive Überraschung.
CRADLE OF FILTH! Ein Auftritt der legendären Briten hängt auch immer von der Soundqualität ab. Das geht selbstverständlich jeder Band so, doch die umfangreichen Arrangements aus den bekannten Instrumenten, dem Keyboard, der Stimmvielfalt von Dani Filth und den weiblichen Backing-Vocals erfordern einfach einen mindestens ordentlichen Sound. Schön zu hören, dass der heutige deutlich darüber hinausgeht. Und so können CRADLE OF FILTH frisch von der verdorbenen Leber weg mit einem erfreulich oldschooligen „Dusk And Her Embrace“-Doppelschlag in Form von „Humana Inspired To Nightmare“ (Intro) und des wütenden „Heaven Torn Asunder“ starten. Mit „Cruelty Brought Thee Orchids“ vom 1998er-Album „Cruelty And The Beast“ bleibt es rückwärtsgesinnt, bevor die schwarze Magie musikalisch mit dem ersten aktuellen Song („Blackest Magick In Practice“) praktiziert wird. CRADLE OF FILTH liefern heute wirklich in jeder Geschwindigkeit ab, ob das Midtempo wabert, die Doublebass rattert oder die Knüppel fliegen – so gut waren die Engländer hierzulande zuletzt auf dem Rockharz, nur dass die Show im Club noch mal eine ganz andere Intensität erreicht. Es hagelt weiterhin Hits, darunter auch so klassische Perlen wie „Queen Of Winter, Throned“ von der meisterhaften „V Empire“-EP (1996) und „The Forest Whispers My Name“ vom 94er-Debüt. Bei einer so fetten Diskografie fallen automatisch etliche Songs durchs Raster, die man gern mal live hören würde, insgesamt kann und sollte sich aber niemand über die „Inquisitional Tourture“-Setlist beschweren, die sich in der Summe deutlich von den Festival-Sets unterscheidet. Es verwundert keineswegs, wenn so einige im Nachgang kundtun, dass sie CRADLE OF FILTH noch nie oder selten so gut wie am heutigen Abend gesehen haben.
SETLIST CRADLE OF FILTH:
Humana Inspired To Nightmare (Intro)
Heaven Torn Asunder
Cruelty Brought Thee Orchids
Blackest Magick In Practice
Lord Abortion
Right Wing Of The Garden Triptych
Malice Through The Looking Glass
Deflowering The Maidenhead, Displeasuring The Goddess
Queen Of Winter, Throned
Zugaben:
Walpurgis Eve (Intro)
Yours Immortally…
Nymphetamine (Fix)
The Twisted Nails Of Faith
Her Ghost In The Fog
The Forest Whispers My Name
Blooding The Hounds Of Hell (Outro)
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