Core Fest 2024
Level UP!
Konzertbericht
Text: Tamara Deibler
Fotos: Lea Wittkamm & Stephanie Lauber
Am Freitag, den 1. November 2024, öffnet das Core Fest bereits zum vierten Mal im Wizemann im Norden Stuttgarts seine Pforten. Man erspäht schon am Eingang bekannte Gesichter, aber vieles ist spür- und sichtbar anders als beim ersten Mal: Das Core Fest ist erwachsen geworden. Aus der einst eintägigen Sause in gemütlicher Umgebung hat sich ein ausgeklügeltes, zweitägiges und von insgesamt 27 Bands auf zwei Bühnen dargebotenes Festival entwickelt. Und es nimmt nicht nur über 20 Stunden Spielzeit, sondern auch den letzten Funken Ausdauer aller Anwesenden in Anspruch.
Siebenundzwanzig (!) Bands in zwei Tagen – das klingt nicht nur wild, das ist es auch! Das Festival verspricht absolute Geheimtipps bis hin zu internationalen Musikgrößen der Core-Szene. Erstere sind eine klare Stärke des Core Fests, wobei Letztere im Nachhinein ein paar Fragen offen lassen.
Da bleibt kein Auge trocken: Für jeden ist was dabei!
Was man auf den ersten Blick sagen kann: Das Aufgebot ist enorm! Auf dem Timetable tummeln sich neben einzelnen Schmankerln ganze vier Tourpackages, die gerade durch deutsche Gefilde ballern. Wir haben SELF DECEPTIONs „Destroy The Art“-Tour mit EYES WIDE OPEN und THECITYISOURS. Dazu kommt die „Faces of Death“-Tour von SIGNS OF THE SWARM, VARIALS, CABAL und TO THE GRAVE. DREAM STATEs UK/EU-Tour mit REDHOOK und die „Hell is a Place on Earth“-Tour von ABBIE FALLS mit DEFOCUS und ACCVSED sind auch am Start. Zudem spicken die Veranstalter das Bandpotpourri noch mit lokalen und weiteren Bands der modernen Gangart und es bleibt schlichtweg kein Core-Auge trocken.
Unter die Highlights der 2024er Ausgabe des Core Fests schaffen es vorneweg die Schweizer Modern Metaller BREAKDOWN OF SANITY, die vor Ort ihre allerletzte und eine ihrer besten Shows mit Fronter Carlo zum Besten geben. Hinzu kommen der von TEN56. gewünschte „Ladies only“-Moshpit sowie der durch DREAM STATE, LETTERS SENT HOME und REDHOOK verdreifachte Frauen-Anteil auf der Bühne. TO THE GRAVE belohnen sich am Ende selbst für die Mühen ihrer nervenaufreibenden und langen Anreise mit dem Blick in strahlende Gesichter, indem sie statt der Stage den Publikumsraum ausleuchten lassen, um zu sehen, anstatt gesehen zu werden.
Der Preis für die gruseligste Maske geht auch an TO THE GRAVE und die Kategorie „verstörendstes Outfit“ gewinnt der Bassist von SELF DECEPTION locker im Alleingang. Fotografische Beweise gibt’s in der Galerie zum Fest. Beim Digimon-Intro und „Der Raum riecht nach Liebe!“ verrutscht der Hasenkopf vom SAMURAI PIZZA CATS-Frontmann ganz im Sinne der im kleinen Club gebotenen rhythmischen Sportgymnastik.
Ist das Core oder kann das weg?
So weit, so gut. Während man mit Ende 30 den Altersdurchschnitt spürbar hebt, kommt beim Blick auf die Spielzeiten zum ersten Mal die Frage auf, ob hier noch gekleckert oder schon geklotzt wird. Klar liest sich das alles nett, aber am Ende des Freitagabends drückt man den schmerzenden Rücken durch, weiß nicht genau, wie man den darauffolgenden Samstag schaffen soll, und ob diese schiere Band-Gewalt hinsichtlich der inzwischen überraschend hohen Ticketpreise tatsächlich sinnvoll ist. 150 Euro sind viel Geld und 27 Bands eine große Nummer. Ist es das allen – auch angesichts so vieler „Lückenfüller“ – wert?
Level UP! Darf’s etwas mehr sein?
Wir sind uns einig: Viele der Bands bekommt man, besonders hier im Süden Deutschlands, selten zu sehen und da macht sich angesichts eines so gelungenen Festivals schnell Lokalpatriotismus breit. Inzwischen muss man leider froh sein, wenn überhaupt jemand den Schlenker zur Schwabenmetropole wagt. Karlsruhe und München sind oft Trostpflaster, aber als sich zu späterer Stunde langsam, aber sicher, die Spielzeiten überschneiden und auch die Menge vor der Bühne sichtbar abnimmt, wird es einfach nur noch Arbeit für alle Besucher. Zum Essen, Durchatmen, Genießen und gemütlichen Schlendern durch die Merch-Area bleibt einfach kaum Zeit. Denn entweder verpasst man etwas oder man will den Headliner des Abends vielleicht gar nicht mehr wirklich sehen.
Das mag nun entweder am krassen Workout der vergangenen Stunden oder aber am Hardcore der gewählten Hauptacts liegen, der zu diesem Zeitpunkt nicht mehr so recht mit den vorangegangenen Tönen zusammenpasst. So oder so fällt auf, dass beide Tage mit astreinen Entertainern enden, aber nur noch wenige Leute da sind, was sich wiederum auf die Stimmung auf der Bühne auswirkt. Vielleicht ist weniger einfach mehr?
Apropos „weniger“: Abgesehen davon, dass man sich als Millennial immer und überall darüber auslassen kann, dass man etliche Shows nur noch durch hochgehaltene Handybildschirme sieht, fällt beim Blick auf eben diese und im Gespräch mit den Fotografierenden vor Ort auf, dass man fast genauso viele Tourfotograf:innen wie Musiker abgelichtet hat. Vielleicht kann man sich hier in Zukunft auf ein geklärtes, geteiltes und letzten Endes schönes Miteinander bemühen – wie es auch im Pit vor den Bühnen herzerwärmend gelebt wird.
Core Fest – Top oder Flop?
Machen wir uns nichts vor: Wer einmal auf dem Core Fest war, bleibt von Herzen Wiederholungstäter. Denn was man die ganze Zeit über spürt – und beim Blick an den Seitenrand, wie beispielsweise bei ADEPT, auch sieht – ist, dass alle Mitglieder des Core Fest-Teams selbst große Fans des Ganzen sind. Von Fans für Fans. Besser kann man sich es eigentlich kaum wünschen.
Also holt man sich spätestens Samstagabend sockenlastiges Merch vom Festival und vielleicht noch ein Crop-Top fürs nächste Mal. Man rennt nochmal dem inzwischen umgezogenen und mangels Federboa und LED-Umhang kaum wiedererkennbaren SELF DECEPTION-Bassisten über den Weg und schiebt sich selig seine Käseknöpfle (respektive sein veganes Schnitzelweckle) rein. Und beim Blick auf die angezeigten Bandankündigungen für das Core Fest 2025 trägt man sich schmunzelnd das Datum für die nächste Ausgabe in den Kalender ein.
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