Commander
Helion Festival 2008
Konzertbericht
Es war an einem erwartungsvollen Tag im Oktober. Die Wiesn machte die weiß-blaue Stadt zum Narrenfest und bunt gekleidete Mädchen in schwingenden Röcken sowie rüstige Burschen in Lederhosen bevölkerten das gesamte Stadtbild. Das gesamte Stadtbild? Halt, wartet! Denn dort in den Außenbezirken zwischen Fabrikhallen und Sanitäterhauptquartieren, schien sich ein ganz anderes Publikum versammelt zu haben. Schwarze Lederjacken, schwere Stiefel und mit finsteren Textpassagen beschriebene T-Shirts erzählten von einem geheimen Treffen, einer heidnischen Versammlung im christlichen Bayernlande! Eine Zusammenkunft, die in nur wenigen über die Stadt verstreuten Plakaten angekündigt worden war. Eine Huldigung metallener Musik, ein Platz an dem auch Wiesnschlager singende, angetrunkene Festivalbesucher, ein Sänger in Trachtenlederhosen und dirndlbekleidete, eine große Bayernflagge schwingende Mädels auf der Bühne mit EQUILIBRIUM nicht gänzlich fehl waren. Nun, ich geb’s ja zu, so weit war das mit der Originalität dann doch nicht hin.
Doch zurück zur Geschichte. Erwartungsvoll standen also unsere schwarz gekleideten Freunde gegen die dritte Mittagsstunde vor den Toren des Feierwerkes. Die Zeit schien vorwärts zu schleichen, niemand gewährte ihnen Zutritt. Da, als die erste Band, schon zu spielen anfangen sollte, begann es plötzlich zu regnen. Nun wurden die Türen aufgeschlagen und … ein, zwei der Wartenden huschten in die Vorhalle. Dann wieder nur das Ticken der Regentropfen und das Vorüberwehen der Minuten. Erst als der Regen nachzulassen begann, die langen Haare strähnig von den Köpfen hingen und die T-Shirts noch dunkler als zuvor gefärbt waren, kroch die Schlange langsam in die Halle hinein. Drinnen schlängelte sie sich an den Ständen vorbei und breitete sich auf den Bänken im Hansa 39 aus, nur um kurze Zeit später von einem Mitarbeiter darauf hingewiesen zu werden, dass die erste Band – DAMIEN genannt – in der benachbarten Kranhalle spielen wird. Aber ergatterte Plätze wollen gehütet werden und nur Hunde schütteln ihre nassen Haare zum trocknen.
DAMIEN
Die Meute hatte sich schon auf der Bühne aufgestellt. Sechs an der Zahl waren es und das Spektakel begann. Aus den Tönen entstieg eine karge Landschaft, kranke Bäume und Büschel vertrockneten Grases wuchsen, gediehen nur langsam, zu eintönig waren die Melodien. Wagte der Sänger noch sich ein paar neue Pfade frei zu shouten, so blieb die Sängerin gefangen in immer gleichen Tonabfolgen, rief aus dem Dickicht und wusste doch keinen anderen Ausweg, blieb zwischen den Dornen stecken. Und dann, mit einem Mal durchbrach ein Lichtstrahl die Szenerie: Ein Fenster klappte auf und der fröhliche Lärm eines Kindergeburtstages wärmte Musiker und Zuhörer. Der „King of Pop“ setzte dem damienischen Sextett für kurze Zeit seine Krone auf den Kopf, „Beat It“ rief er ihnen zu und es schien, als hätte alles nur auf diesen einen kurzen Augenblick gewartet. So schnell er gekommen war, so schnell war der Zauber auch schon wieder vorbei.
ARS IRAE
In der zweiten Halle, „Oden’s Hall“, wartete das richtige Gewitter. Wo bisher nur Äste im Wind geächzt hatten, da prasselte jetzt das Unwetter richtig los. Die Kunst ließ ihrem Zorn freien Lauf und ARS IRAE folgten. Wie Tropfen prasselten die Rhythmen auf das Trommelfell der locker stehenden Zuhörerschaft. Noch hielten sie die Melodie zurück, sperrten sie in Spielbüchsen die sie unter grollendem Growlen öffneten und blechern erklingen ließen. Blonde Haare flogen über schützende Kettenhemden, doch sie sollten dem Feind nicht alleine gegenüberstehen müssen: im „Elysium“ wartete ihrer Gaby, die sang wo dem Sänger die Töne versagten. Sie rettete die Kunst die später ohne ihr sicheres Geleit beim Gesang ins Rutschen geriet. Selbst ein „Zeitsturz“ konnte das nicht aufhalten.
CULT OF GAIA
Doch wer war er, der namenlose, finstere Gegenspieler? Wir verlangten nach Auskunft und CULT OF GAIA sollten sie uns geben. Aber wie sonderbar: weiblich-sphärischer Gesang erwartete uns. Waren wir etwa erneut im Paradies gelandet, da wir uns in die Hände der Erdmutter begaben? Ob die Engel nur die Pausen bevölkerten oder vom Kommen des Kultes künden sollten, wir erfuhren es nicht, doch so hoch sie geflogen waren, so tief war uns der Sturz da die Bruderschaft ihr Spiel begann. Blass waren ihre Antworten, charakterlos schienen die Gesänge und ihrer Stimme vermochten wir keinen Sinn zu entnehmen. Im „Überwald“ waren jener wohl die Höhen und Tiefen, die Wut und Leidenschaft verloren gegangen. Vielleicht hatten wir zu viel verlangt, doch sobald sie auf „Ares“ zu sprechen kamen ging ein Ruck durch die Gruppe. Wie bei einer geheilten Wunde fiel die eintönige Kruste ab wo die Melodie die Führung übernahm. Ein „Loblied Auf Pandora“ lockte die starren, spärlich gestreuten Laienbrüder zum Tanze und schenkte ihnen ein gänzlich unorakelhaftes „Danke fürs Haarekreisen“.
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