Chronical Moshers Open Air 2024
Hauptmannsgrün erhebt sich

Konzertbericht

Billing: Crowbar, Krisiun, Necrophobic, Bewitched, Ektomorf, Suffocation, Crematory, Memoriam, Torture Killer, Vomitory, The Spirit, Assassin, Fall Of Serenity, Bonded, Matricide, Spearhead, Fleshless, Soul Grinder und Moor
Konzert vom 07.06.2024 - 08.06.2024 | Mühlteich, Hauptmannsgrün

Der Metalclub Reichenbach bemüht sich darum, Bands zu buchen, die einen etablierten Namen im (vorwiegend) extremeren Metalsektor haben. So waren Größen wie SODOM, MARDUK, EXODUS, VADER, KATAKLYSM oder BENEDICTION schon zu Gast in Hauptmannsgrün. Eine weitere Philosophie der Veranstalter ist es, lokalen und kleineren Bands eine Bühne zu bieten. So eröffnet die Post-Black-Metal-Band MOOR aus Dresden den zweiten Tag vom Chronical Moshers.

Samstag, 08.06.2024

Das Wetter spielt wie am Vortag mit und eine kleine Menge an Gästen hat sich vor der Bühne versammelt, um sich von den Dresdnern überraschen zu lassen. Der melancholisch vorgetragene Post Black Metal wirkt im Sonnenlicht zwar etwas fehl am Platz, aber dafür kann die Band nichts. Sie bietet zwischen ruhigen Momenten und schnelleren Parts alles, was man unter modernem Post Black Metal versteht. Sängerin Renata hat manchmal Probleme, das Kabel vom Mikro um ihr Keyboard zu bekommen, bietet aber ansonsten eine solide Schreiorgie zwischen Gefühl und Wahnsinn.

FLESHLESS könnten auch eine Art Grindcore-Frühstück bieten, wie man es vom Party.San Open Air kennt. Hier gibt es Grindcore-Mittag, was Songtitel wie „Nice To Eat You“ untermalen. Typische Pig Squeals werden im Wechsel mit Growls serviert, die alle hungrigen Grindcore-Jünger satt machen. Wir freuen uns dagegen mehr, wenn die Tschechen die rockigen Death/Grind Riffs auspacken.

BONDED starten mit ihrem neuen Sänger Manuel Bigs, der sich gesanglich von seinem Vorgänger Ingo Bajonczak unterscheidet. Einen Vergleich gibt es heute sogar live zu erleben: Bajonczak ist mit seiner Band ASSASSIN vor Ort und lässt sich für ein paar Songs bei seinen ehemaligen Bandbrüdern blicken. Die Thrasher setzen ihr Familientreffen zusätzlich mit der Unterstützung vom ehemaligen BONDED-Schlagzeuger Marcus „Makka“ Freiwald, der den Platz an der freigewordenen Schießbude übernimmt, fort. Noch nicht genug? Seit 2022 ist zudem der ehemalige KREATOR-Bassist Christian Giesler am Viersaiter zugange. Dass hier Musikprofis am Start sind, muss man nicht erklären. Vielmehr sticht die Band mit gelebtem Zusammenhalt hervor. Vergleiche mit SODOM hat die Band gar nicht nötig, spielt mit „City Of God“ aber dennoch ein cooles Cover.

Und wo wir schon bei Thrash Metal sind, geht es mit ASSASSIN auch gleich weiter. Ingos Röhre ist durch den vorherigen Auftritt vorgewärmt und die Kult-Düsseldorfer ziehen ordentlich nach. Leider ist die Band nur in der zweiten Reihe der deutschen Thrash-Titanen angekommen, was sicherlich nichts mit ihren Live-Qualitäten zu tun hat. Routiniert zockt die Band ihren an EXODUS erinnernden Thrash, der mit teutonischen Gewürzen verfeinert wird. Nach zwei Thrash-Acts wird es aber wieder Zeit für einen Genre-Wechsel.

Den vollziehen die Black/Death Metaller THE SPIRIT. Über die Entwicklung der letzten Jahre wurde schon viel gesagt. Von vermeintlichen DISSECTION-Worshippern entwickelten sie sich zu einem ernsthaften Act mit eigenem Stempel. Ausgeweitete Songstrukturen und anspruchsvolle Gitarrenharmonien sind Merkmale der Band, die sie fast perfektionistisch zelebrieren. Doch klappt das auch live? Und wie! Die Truppe um Bandchef MT zeigt sich von der besten Seite. Der klare Sound passt perfekt zu den mit Hingabe dargebotenen Songs. MT ist gut bei Stimme und selbst der größte Kritiker findet schwerlich etwas zu bemängeln. Zu guter Letzt gibt MT noch das VÖ-Datum für die neue Scheibe „Songs Against Humanity“, die demnach im Oktober erscheint, bekannt. Das Publikum belohnt die Band mit reichlich Applaus.

Ursprünglich waren TORTURE KILLER als SIX FEET UNDER-Coverband gedacht. Jedoch warfen sie diese Pläne schnell über den Haufen und begannen, eigene Songs zu schreiben. Das ging sogar so weit, dass Chris Barnes selbst als Sänger und Produzent der Band fungierte. Seit 2011 brüllt Kraftpaket Pessi Haltsonen die Texte hasserfüllt ins Mikrofon. Nicht selten fühlt man sich an einen Hauptdarsteller eines Horrorfilms erinnert. Neben räudigem Death Metal bieten TORTURE KILLER saucoole Gitarrenleads, die im Ohr hängen bleiben.

Mit einer Knüppelorgie, die wie ein Maschinengewehr klingt, kloppen uns VOMITORY ihren Old School Death Metal um die Ohren. Über die Verdienste dieser schwedischen Instanz müssen wir keine Worte verlieren. Mit dem letzten Album „All Heads Gonna Roll“ untermauert die Band, wofür sie seit 35 Jahren steht: Brutaler Death Metal, der mehr mit amerikanischen Kapellen gemein hat als mit skandinavischen Vertretern. Die Band beschränkt sich auf eine schnörkellose Show ohne Firlefanz und Rumgepose. Es ist zwar schön, wie souverän die Band ihr Set runterzockt, aber am Ende ist alles etwas zu routiniert.

Die Hüpforgien vor und auf der Bühne, wenn EKTOMORF auftreten, sind auf jedem Festival etabliert. Dazu lädt der von Groove geprägte Metal der Ungarn einfach ein. Jedoch hat sich das über die letzten Jahre etwas abgenutzt. Die Band macht Spaß, hat aber ansonsten musikalisch nicht mehr viel zu bieten. Bandchef Zoli Farkas weiß, wie man die Meute zum Kochen bringt und wir nicken wohlwollend mit, aber Begeisterungstürme entfachen Farkas und Co. nicht.

Da haben die Schweden NECROPHOBIC das passende Gegenmittel. Zwar müssen die Techniker in den ersten Minuten den Sound etwas nachbessern, aber mit ein paar Justierungen passt alles. Spätestens mit dem neueren Klassiker „Tsar Bomba“ haben die Black-Deather das Publikum im Griff. Einen schönen Moment gibt es zu beobachten, als die Band einen sehr jungen Fan auf den Schultern vom Papa headbangen sieht und daraufhin mit ihm interagiert. Sehr sympathisch! Der Titeltrack vom Debüt „The Nocturnal Silence“ bietet einen grandiosen Abschluss.

Es ist Zeit für den großen Headliner: CROWBAR. Vor der Bühne wird es wieder enger, da viele Gäste bei ein paar letzten Bieren den Abend ausklingen lassen wollen. Und wer will schon eine Legende verpassen? Die Meister des Sludge sägen ihre Riffs tief in die Moorgebiete Reichenbachs und Kirk Windsteins Reibeisenstimme ist charismatisches Merkmal der Band. Wahnsinn, was der Mann für ein Organ hat. Die-Hard-Fans sind textsicher und feiern die Amis frenetisch. Freilich wissen wir alle um die Verdienste von CROWBAR und zollen der Ikone mit Applaus Respekt für eine 35-jährige Karriere.

Auch 2024 erweist sich das Chronical Moshers Open Air als perfekter Einheizer für die Festivalsaison. Daran dürfen sich Veranstaltungen ähnlicher Größe in den kommenden Monaten gerne messen. Kleine Feinjustierungen haben sich positiv ausgewirkt (Frühstück, Sicherheit, Hygiene) und dürfen gerne beibehalten werden. Und wenn Bands wie THE SPIRIT, MOOR, BONDED, ASSASSIN, TORTURE KILLER und CROWBAR sich ständig unter den Zuschauerinnen und Zuschauern tummeln, lächeln, für Fotos bereitstehen, Bierchen trinken und andere Bands anschauen, sagt das viel über die familiäre Atmosphäre des Festivals aus. Wir kommen 2025 gerne wieder und freuen uns jetzt schon, dass Acts wie BATUSHKA, INCANTATION, SKELETAL REMAINS u.v.m. nächstes Jahr den Weg ins Vogtland finden.

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08.07.2024

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