Cherubim Inc.
Cherubim Inc.
Konzertbericht
Die letzten Töne dieses gelungenen Auftritts waren kaum im Trockeneis verhallt, da drängte es auch schon die Jungs und das Mädel von Cherubim Inc. auf die Bühne. Dem Publikum wurde das Verharren in den Winkeln zunächst gekonnt durch eine saftige Ladung Nebel vergällt (einen Blick auf die Bühne wollte schließlich keiner entbehren), und keine Viertelstunde später feuerte die Band aus allen Rohren. Gleich der Opener richtete sämtliche Blicke auf die vereinnahmende Präsenz des Sängers Jaazon. Diesmal zwar nicht mit umgeschlungener Federboa in die Schlacht gegangen, aber dennoch mit einer bizarren Extravaganz bestach diese Figur durch eine gleichsam fesselnde Wirkung auf der Bühne, die durch die unglaubliche stimmliche Dynamik ihre Perfektion erfuhr und auch nach knapp einstündiger Dauerbelastung nicht merklich gelitten hatte. Hinter diese unleugbar zentrierende Persönlichkeit vier weitere gleichrangige Musiker zu stellen, wäre nahezu ein Ding der Unmöglichkeit, und so fügten sich auch die Instrumentalisten von Cherubim Inc. ergeben in die Rolle der Präsentierer. Man mag diese Zurückhaltung (gerade im Stageacting) kritisieren oder gutheißen – Fakt ist, dass die Band eine perfekte Bühne und Spielwiese zur freien Entfaltung des Sängers bot und dadurch treffend ergänzte, ohne sich und ihre Musik auf ihren Frontman reduzieren zu lassen. Insgesamt muss ich den im CD-Review auftauchenden Begriff „Gothic“ revidieren, denn mit Gothic hatte das ganze (obwohl von Bassistin Chris gerne mehr betont) nur noch sehr wenig zu tun. Man kann die Musik sehr schlecht in bekannte Raster einordnen, gerade live entwickeln die Songs einen herrlich frischen Eigencharakter und näher als mit dem Begriff „Rock“ kommt man an die Definition der Musik meines Erachtens nicht heran. Mängel bezüglich der Abmischung der einzelnen Elemente gab es leider auch bei Cherubim Inc. wieder. Der Bass war streckenweise gänzlich unhörbar, das Delay des Sängers ließ jeweils einige bange Sekunden auf sich warten und die unterstützenden Background-Vocals von Chris erstarben irgendwo im Kabel. Schade. Diese kleineren technischen Dürftigkeiten ließen die Band selbst zwar retrospektiv zu der Überzeugung gelangen, einen verkorksten Gig hingelegt zu haben. Meine Sicht der Dinge jedoch, die sich mehr auf die Gesamtheit des Faktors „Band“ konzentrierte, da ich diese zuvor noch nie live erlebt hatte, fiel bedeutend positiver aus. Eben jene geschilderten Aspekte, die für die Band schon zur Routine geworden sind, können den Zuschauer beim ersten Mal vollständig in den Bann ziehen und über kleinere Unvollkommenheiten locker hinweg täuschen. So richtig bewusst wurde mir diese Wirkung auch erst auf dem nassen wie einsamen Fußmarsch durch überflutete Straßen nach Hause, als sich das kältevertreibende Pfeifen als „God Knows The Misery“ entpuppte…
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