Cannibal Corpse
Europatour 2024
Konzertbericht
Dienstagabend, Kannibalenplatte. Aber nicht nur, denn CANNIBAL CORPSE überraschen beim brutalsten Candle-Light-Dinner des Jahres im direkten Supportslot mit MUNICIPAL WASTE. Davor zocken IMMOLATION erwartungsgemäß passend und mit SCHIZOPHRENIA haben die leichenfleddernden US-Deather eine echte Extreme-Metal-Hypeband als Opener dabei.
Wie gut das alles funktioniert, lest ihr später. Erst mal müssen wir konstatieren: Das Astra ist übertrieben voll. So voll, dass es nach ein paar überverkauften Tickets müffelt. Denn obwohl drinnen schon ab der zweiten Band kaum Platz ist, stehen viele noch im Vorraum.
Ganz ehrlich? Das nervt. Klar bietet das gesamte Gelände genug Platz für alle Anwesenden, aber die Kalkulation funktioniert nur mit dem Konzertbereich. Und es gehört auch bei einem Metal-Konzert zum guten Service, den zahlenden Menschen ein möglichst angenehmes Erlebnis zu bieten – dazu zählt einfach ein gewisser Bewegungsspielraum.
Weil das Package richtig geil ist, quetschen wir uns trotzdem vorfreudig dazwischen. Logisch! (AG)
Bericht: André Gabriel (AG), Marcel Schlensog (MS)
Fotos (vom Konzert aus Geiselwind): Natalia Sokolowska
SCHIZOPHRENIA eröffnen den brutalen Abend perfekt
Beim BURNING Q Festival im Sommer konnten uns die Belgier SCHIZOPHRENIA bereits schwer begeistern. Dementsprechend gespannt sind wir auf ihren Auftritt als Opener der Europatour 2024 von CANNIBAL CORPSE. Das Quartett zeigt schon optisch, zu welcher Art von Metallern sie gehören: Schmissige Bandshirts und Tanktops zieren die Leiber der Gitarristen, die mit Schriftzügen von MORBID ANGEL, HELLRIPPER und der eigenen Band gleich Sympathiepunkte sammeln. Einzig Bassist und Sänger Ricky Mandozzi setzt auf eine Lederkutte.
Das Motto der Kleidung ist auch das ihrer Musik: Die Band ballert uns kräftigen Death Metal mit dezenten Thrash-Metal-Anleihen um die Ohren. Dabei überzeugen SCHIZOPHRENIA nicht nur mit einer authentischen Darbietung – von der ersten Minute an sitzt der Sound perfekt, was bei Openern leider nicht immer der Fall ist.
SCHIZOPHRENIA sind tight eingespielt, haben richtig Bock und verkörpern das, was Bands wie SEPULTURA, SLAYER und MORBID ANGEL Ende der 80er-Jahre ausgestrahlt haben. Ohne den Legenden etwas Böses nachsagen zu wollen, muss man jedoch feststellen, dass diese Energie derzeit nur Bands wie SCHIZOPHRENIA erzeugen. Drummer Lorenzo Vissol gewinnt dabei mühelos den Grimassencontest: Wie ein Dämon schlägt der verrückte Kerl mit seinen Drumsticks auf die Schießbude ein, als hätten die Höllenhunde ihre Knochen freiwillig als Schlaginstrumente geopfert.
Eine Frage von Ricky Mandozzi, welche Band sie heute covern sollen, endet mit einem Sieg von MORBID ANGEL gegen SLAYER und einer grandios dargebotenen Version von „Maze Of Torments“. Die bisherigen Moshpits erreichen mit dem legendären Song ihren Höhepunkt und erste Schweißtropfen fallen von der Decke. Einzig die Spielzeit von 35 Minuten hätte etwas länger ausfallen dürfen. (MS)
Galerie mit 23 Bildern: Schizophrenia - European Tour 2024 in GeiselwindIMMOLATION schmieden ihren Death Metal in der Unterwelt
Können die Legenden von IMMOLATION mit der frischen Energie von SCHIZOPHRENIA mithalten? Sie können es – und beweisen es sofort mit dem Eröffnungsstück „An Act Of God“ vom 2022er-Album „Acts Of God“. Der starke Sound beim Opener war kein Zufall, denn auch bei IMMOLATION sitzt alles. Die Instrumente sind ausbalanciert und jede Feinheit kommt deutlich heraus. Da macht es Spaß, genauer hinzuhören und zu erleben, wie eingespielt eine solche Instanz ist. Besonders hervorzuheben sind die kraftvollen Growls von Frontmann Ross Dolan – der Mann besitzt ein Volumen, das sich die Großmarken verschiedener Subwoofer-Hersteller wünschen würden.
Zusätzlich ist es eine Freude, Robert Vigna beim Spielen zuzusehen. Die Armbewegungen scheinen skurril, sind aber eigenständig und gekonnt. Das muss einfach Liebe zur E-Gitarre sein. Es gibt durchaus Künstler, bei denen diese Art von Gitarrenspiel übertrieben, künstlich oder gar peinlich wirken kann. Robert avanciert so aber zum Hingucker des Abends. Ohne den anderen Bandmitgliedern ihre Live-Aura absprechen zu wollen, doch unsere Blicke schweifen selten vom Sechssaiter ab.
Zudem müssen wir zugeben, dass wir vorher etwas skeptisch waren, ob der dezent verkopfte US-Death-Metal der New Yorker funktionieren würde, nachdem der Party.San-Gig 2023 nicht gänzlich überzeugen konnte. Das mag auch daran liegen, dass Clubshows viel besser zu der Band passen als die Hauptbühne eines großen Festivals.
Am Ende fordern IMMOLATION zum Applaus für die anderen Bands des heutigen Abends auf und Frontmann Ross Dolan stellt fest, dass sie bereits zum siebten Mal mit ihren Freunden von CANNIBAL CORPSE auf Tour sind. Nach diesem steinstarken Auftritt, der Professionalität und musikalische Hingabe vereint, dürfen uns IMMOLATION zukünftig gern als Headliner einer Tour beglücken. Doch jetzt ist nach zwei Death-Metal-Walzen erst mal Zeit für etwas Abwechslung mit MUNICIPAL WASTE! (MS)
Galerie mit 28 Bildern: Immolation - European Tour 2024 in GeiselwindMUNICIPAL WASTE feiern sich den Arsch ab
Nach der Machtvorstellung von IMMOLATION verändert sich die Stimmung. Es wird lockerer, luftiger, dynamischer. Dazu passt auch „Beer Drinkers & Hell Raisers“ von ZZ Top aus der Konserve, bevor MUNICIPAL WASTE die Bühne beschwitzen. Es ist schon erstaunlich, was insbesondere Fronter Tony Foresta auf die Bretter bringt! Da fallen uns glatt die Kinnladen auf die Füße – Fuck yeah (davon gibt es heute Abend so einige).
Es hat etwas gedauert, aber die Amis belohnen das Warten erneut mit sattem Sound. Weil jedes Konzert ein Geben und Nehmen ist, gibt es Circlepits als Direktantwort. Foresta führt indes sein Workout aus Rudern, Boxen und Hüpfen fort. Nach zwei schnellen Songs machen es MUNICIPAL WASTE „faster“ – richtig gelesen, da geht noch mehr Geschwindigkeit und Party. Also schüttet der Sänger erfrischendes Wasser in die Menge und bittet um weitere Security, damit die Leute hochfrequent crowdsurfen können.
Wir bleiben noch ein wenig bei Foresta, denn der ist nicht nur eine coole Rampensau, sondern ein echter Sympath: „Metal ist kein Männerclub, alle sind willkommen, Gender, Herkunft“, ruft er ins Rund. Mehrmals zieht er sein Shirt hoch und zeigt Plauze. Nix mit Bodyshaming hier! Stabil ist auch der „Angel Of Death“-Gedächtnisschrei. Worauf wir hinauswollen: Egal, ob man Lieder wie „Headbanger Face Rip“ mag, MUNICIPAL WASTE bringen durch ihre Energie, Positivität und Spielfreude so viel rüber, dass auch hartgesottene Death-Metaller ein Wippen nicht verstecken können.
„In Hamburg waren mehr Crowdsurfer. Schaut mich nicht an, ich arbeite mir hier oben den Arsch ab.“ Das lässt Berlin nicht auf sich sitzen und hisst stattdessen schon vor dem Songbeginn die Segel. Wären IMMOLATION heute nicht so eine Übermacht, würde der Tagessieg an MUNICIPAL WASTE gehen. Ja, das war ein Spoiler, also rein in den CANNIBAL-CORPSE-Gig. (AG)
Galerie mit 29 Bildern: Municipal Waste - European Tour 2024 in GeiselwindCANNIBAL CORPSE gehen als Schlusslicht in und aus dem Abend
Licht aus, Pfeifen und Grölen an. Der Corpsegrinder kommt mit „Respect the Neck“-Shirt, das ein Foto von ihm selbst ziert, auf die Bühne. Respekt dafür! Allerdings nicht für den Sound, der scheint in einem der wilden MUNICIPAL-WASTE-Pits verloren gegangen zu sein. Es tönt viel zu dünn – was natürlich an der fehlenden Gitarre liegt, denn Erik Rutan muss sich um sein schwer beschädigtes Haus in St. Petersburg kümmern. Fick dich, Helene! Aber auch die Drums machen noch keine gute Tonfigur.
Hinzu kommt ein etwas verwirrt wirkender George Fisher, der zunächst mehrmals ungewohnt untight agiert. Als er sich bei einer Songansage verhaspelt, macht er das immerhin durch selbstironische Brabbelgeräusche wett. Er meinte übrigens „Chaos Horrific“ vom gleichnamigen Album.
Apropos Brabbeln: Kennt ihr diese Leute, die sich wie Trolle nach vorn boxen? Die sind als Baby echt zu selten vom Wickeltisch gefallen. Es ist völlig okay, nach Konzertbeginn in den Pit zu gehen, aber doch bitte wie ein normaler Mensch – Death Metal hin oder her.
Der Sound bessert sich, als die Technik das Schlagzeug weiter nach vorn holt und vor allem der Bassdrum mehr Bums spendiert. Immerhin. Und natürlich braten dir die alten Schinken auch bei okayem Sound genug Nackenmuskeln weg, doch es bleibt die schwächste Show, die wir je von CANNIBAL CORPSE gesehen haben. „Front row is ready, rest is sleeping“, beurteilt Fisher. Tja, das kann heute auch an euch liegen. Also gesellt sich der Gesamteindruck leider zum Wtf-Moment, als wir den Shirtpreis von 35 Euro gesehen haben.
Beim nächsten Mal sind wir trotzdem wieder dabei, denn normalerweise sind die US-Deather eine absolute Bank. Zum Abschluss ein positiver Eindruck: Neben den Alteingesessenen sind einige junge Leute im Publikum – ein gutes Zeichen für den brutalen Todesmetall. (AG)
Galerie mit 22 Bildern: Cannibal Corpse - European Tour 2024 in GeiselwindInteressante Alben finden
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