Braincrusher Nuclear Winter Festival 2024
Der große Festivalbericht
Konzertbericht
Der Samstagmorgen auf dem Braincrusher ist standardmäßig die Zeit für Rauchbier und Weißwurst (Anmerkung der anwesenden Redaktionsmitglieder: Nein). Ein paar eiserne verweilen weiterhin im kleinen Zelt im Außenbereich, eine abgezählte Handvoll lässt sich hingegen von Bamberger Brutal-Deathern SCUMTOMY wecken. Die enorm lichten Reihen lässt sich das Quintett kaum anmerken und präsentiert ordentlichen Schlachtertod, zwar mit ein paar leicht verorgelten Passagen, aber auch nicht zum Davonlaufen.
Ähnlich halten es die danach folgenden Würzburger ANHEIM, nur dass diese eben im Black Metal verwurzelt sind und die Bühne etwas umfassender mit Bannern und düsterer Dekoration umnebeln. Auch hier kann sich der Output größtenteils hören lassen, wenn gleich nicht jede Passage sitzt. Im Gegensatz zum Vorgänger kommen hier auch hin und wieder sphärische Melodiebögen zum Einsatz, welche die rasenden Elemente in kühle Atmosphäre verpacken.
Ying und Yang bilden in der Nachfolge die sächsischen Prügelknaben von BLOODY VENGEANCE und im direkten Anschluss die in diesem Zusammenhang fast schon Feingeister PRIPJAT aus Köln. So schlachtet sich das Leipziger Duo mit seinem Session-Bassisten Apophys durch weltkriegsähnliche Klanglandschaften wie „Mass Suezide“ oder „Stuka Deathstrike“, woraufhin die zum Teil ukrainisch stämmigen Nordrhein-Westfalen den erdigsten, geradlinigsten Thrash Metal dieses Festivals präsentieren. Hier zischen größtenteils US-amerikanisch inspirierte Killerriffs durchs Gebälk und die Band spielt sich immer mehr in Bewegung. Auch zur aktuellen Situation in ihrem Heimatland nehmen PRIPJAT bekanntermaßen kein Blatt vor den Mund und untermauern ihre Verzweiflung mit dem Showhighlight „Kiev Burns!“ vom letzten Album „Chain Reaction“.
Die französischen Hauptstädter von HELL MILITIA benötigen im Anschluss gefühlt ein halbes Leben, um den Aufbau und Soundcheck zu regeln. Immer wieder ziehen Arkdaemon und Saroth die gefühlt selben Akkorde an und scheinen nicht richtig voranzukommen, doch als die Pariser dann ins Set starten ist doch alles in Ordnung. Der Sound drückt und Sänger Spir Ignis schreit sich zu den tieftrüben Klängen die Seele aus dem Leib. Seit jeher hatten HELL MILITIA das Problem, ihr Songwriting nicht immer perfekt zu punktieren. Das wird zum Ende des Gigs hin auch bemerkbar, dennoch stabiler Auftritt.
Zuletzt haben uns die Belgier von SLAUGHTER MESSIAH unter anderem auf dem Dark Easter Metal Meeting mit ihrem garstigen Blackened-Thrash-Metal verzaubert und auch heute versprüht die Band um Sänger/Bassist Lord Sabathan ihren eigenen Charme. Letzterer kommt derart authentisch in seinen Lederklamotten, Nieten und Cowboystiefeln daher, dass wir uns vor Freude die ein oder andere Träne wegdrücken müssen. Neben ein paar EPs haben SLAUGHTER MESSIAH in ihrer 16-jährigen Geschichte leider erst ein vollwertiges Album veröffentlicht, nach dem heutigen Auftritt wünschen wir uns aber mehr.
Wie ein Alien sind THE NIGHT ETERNAL heute auf dem Billing zu lesen, denn mit ihrem violett/schwarzen Heavy Metal wollen die Essener nicht so richtig zwischen all die Black-, Death- und vor allem Thrash-Metaller passen. Gleichzeitig besteht das Quintett um Alleskönner und in diesem Fall Sänger Ricardo Baum auf jeder Bühne. Wirbelte die Band im vergangenen Festivalsommer noch über die größten Bühnen des Landes, hängen sie sich heute mindestens genauso rein und schaffen erneut eine energiegeladene Atmosphäre, die für den zweiten Festival-Tag und im letzten Drittel der Running Order trotzdem erstaunlich vital ist. Wie immer ist das Highlight „Prince Of Darkness“ und wir sind jetzt schon traurig, die Band wohl erst nächstes Jahr wieder zu sehen.
Für ein paar Klassiker ist Hirschaid immer zu haben. Heute sind das in jedem Fall BEWITCHED, die seit den 90ern ihr Unwesen auf dem Heavy-Thrash-Spielfeld treiben. Apropos Klassiker: Davon geben die Schweden heute einige zum Besten. „Blood On The Altar“, „Hellcult“, „Hellblood“ – alles dabei. Die schöne Oldschool-Zerre der Gitarren flirrt so unbesinnlich durch die Jahnhalle, dass es die reinste Freude ist. Und bitte, wer kann einer Band wieder stehen, die einen Song „Hard As Steel (Hot As Hell)“ nennt?
Zum Grand Finale haben WITCHERY geladen, die sich allerdings erstmal mit einer ordentlichen, fast 30minütigen Verspätung unbeliebt machen. Das diffus beleuchtete Bühnenarrangement können wir gar nicht so lange stillschweigend betrachten und verlieren uns – ähnlich wie der verbliebene Rest des Publikums – in so mancher Unterhaltung. Als die Schweden dann endlich die Bühne betreten, ist die Luft bei allen Beteiligten irgendwie raus. Auch Stücke wie „Popecrusher“ und und „Witchkrieg“ können das Ruder kaum noch herumreißen. Sicher – der Sound ist erste Sahne und auch als Headliner machen sich WITCHERY wirklich ordentlich. Die Vielzahl der sehr guten Bands im Vorfeld und das lange Warten überschatten den Abschluss-Gig dennoch.
Alle, die anschließend immer noch nicht genug haben, versammeln sich wie gewohnt im Obergeschoss der Jahnhalle. Dort wartet alljährlich die Cocktailbar (mit einem giftig aussehenden Getränk namens „Nuclear Bomb“) und eine, bis in die Morgenstunden anhaltende Aftershow-Party, bei der sich Publikum, Bands und Veranstalter glücklich in den Armen liegen. Wir sehen uns im März bei der kommenden Ausgabe des Braincrusher In Hell wieder.
Text: Patrick Olbrich, Oliver Di Iorio
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