Braincrusher In Hell 2023
Der große Festivalbericht
Konzertbericht
Angesichts der langen gestrigen Nacht mit schmackhaften Cocktails vor Ort, erscheint die Startzeit mit der lokalen Truppe MALEDICTO MORTIS um 13 Uhr recht früh. Das noch taufrisch wirkende Quartett ist über das diesjährige Braincrusher In Hell, neben IMHA TARIKAT, die einzige Band, die deutsche Texte in die Menge keift. Leider hören das an diesem frühen Samstagmittag nur etwa 30 weitere Interessenten.
Galerie mit 16 Bildern: Rotting Empire - Braincrusher In Hell 2023Also Zeit genug, den erhöhten Emporenbereich der Jahnhalle auszuchecken und dort bei einem ersten Bierchen den Klängen der Ingolstädter ROTTING EMPIRE zu lauschen. Auch wenn der Sound nach oben hin deutlich verzerrt, so gewinnt man bis hierhin schon den Eindruck, dass die Tonübertragung heute besser funktioniert, was sich im Laufe des Tages auch bestätigen soll. Die Bayern haben es an dieser Stelle recht einfach, die ersten kreisenden Köpfe für sich zu gewinnen, geht doch deren simpel aber wirkungsvoll gestrickter Death/Thrash-Metal gut ins Ohr. Wenn gleich die Ansagen von Sänger Danny Burns ab und zu etwas unbeholfen wirken, bleibt trotzdem ein ordentlicher Wachmacher.
Galerie mit 16 Bildern: Pakkt - Braincrusher In Hell 2023Mit PAKKT folgt schließlich ein frühes Highlight des Tages. Erstmals erscheinen alle Bandmitglieder mit nebulös gehaltenen Identitäten in dunklen Roben und auch das Bühnenbild erhält einen rituellen Anstrich. Auf einem ähnlichen Niveau liefert die Band mit ihrem einzigen Album „To Broken Heights Where Witches Dance“ auch ab. Mit variablen stimmlichen Obskuritäten beißt sich der Sänger förmlich in seine Songs und sorgt, trotz der klassisch schwarzmetallischen Ausrichtung, für die ersten hypnotischen Momente des Tages. PAKKT hätten in der Running Order durchaus noch ein paar Positionen nach vorne rücken dürfen.
Galerie mit 12 Bildern: ArsGoatia - Braincrusher in Hell 2023Anschließend beginnen ARSGOATIA ihren Gig damit, dass ein Gitarrist mehrere Minuten lang einen Ton im typischen Hyper-Picking anschlägt. Dabei kann man schon fast erwarten, dass die Österreicher eine Art Avantgarde-Progressive-Black-Metal auf die Bühne bringen werden. Stoisch blickt der Mann in den Saal, bis sich sein Instrumenten-Kollege zu ihm gesellt und die Atmosphäre seinerseits mit Gitarren-Klängen ergänzt. Das hat schon was. Leider erfüllt die restliche Show nicht ganz die hochgesteckten Erwartungen, wenngleich ARSGOATIA weit mehr als durchschnittlichen Black Metal im Repertoire haben. Für den zweiten Tag eines Festivals ist die Musik für so manche Konzertgänger aber einfach zu anstrengend und so erwischt man doch einige beim Luftschnappen vor der Tür.
Galerie mit 17 Bildern: Serpents Oath - Braincrusher In Hell 2023SERPENTS OATH schaffen es danach schon eher, einige Leute dem Wachkoma zu entreißen. Auf bisher zwei Alben beweisen die Belgier ohnehin, dass sie neben all der Theatralik in ihrer Musik eben auch gut nach vorne gehen. Was dabei heraus kommt, ist wohlgefälliger, Melo-Black-Metal mit dickbesetzter Nietenkutte.
Galerie mit 19 Bildern: Pentacle - Braincrusher In Hell 2023Seit beinahe 35 Jahren aktiv aber bei weitem nicht bei jedem auf dem Schirm sind die Holländer PENTACLE. Entsprechend routiniert betritt das Quartett um Fronter Wannes Gubbels die Bühne und zieht eine Show ab, vor der man nur den Hut zücken kann. Einerseits sitzt hier musikalisch jeder Handgriff, auf der anderen Seite wirken die Jungs durch ihre offensichtliche Nahbarkeit einfach nur unendlich energetisch. Problemlos überträgt sich dieser Spirit auf die inzwischen gut gefüllte Halle und die kernige, teilweise an Bands wie THANATOS erinnernde, Riffgewalt schlägt Schneisen in die Menge. Gubbels hat nach jedem Song ein paar nette Worte parat und die Begeisterung ob dieser kontrollierten Wildheit ist greifbar.
Galerie mit 17 Bildern: Bodyfarm - Braincrusher in Hell 2023Anders agieren da im Anschluss deren Landsmänner BODYFARM, die zwar hinsichtlich ihrer Existenz als Band zehn Jahre jünger als die Vorgänger sind, aber eine Show abziehen, die einfach nur hervorragend eingespielt wirkt. Die Mannen um den zweifellos erhabenen Neufronter Ralph De Boer geben berstenden Druck auf den Kessel und treffen mit jedem Track den Nerv der vollen Halle. Besonders einschneidend wirken die Songs der neuen Platte „Ultimate Abomination“, allen voran die asphyxsche Dampfwalze „The Swamp“, aber auch die vielen Reminiszenzen an melodischen Black Metal schießen wirkungsvoll in Mark und Bein – auch weil, wie bereits angedeutet, der Sound mittlerweile messerscharf daherkommt.
Galerie mit 22 Bildern: Imha Tarikat - Braincrusher In Hell 2023Die Messlatte für ihren Auftritt haben die Hipster von IMHA TARIKAT ob ihrer drei Alben, selbst sehr hoch gelegt. Leider überrascht es kaum, dass der Live-Perfomance ein wenig herablassender Habitus anhaftet. Die jungen Musiker sind sicherlich stolz auf ihre Leistung und die teilweise überragenden Reaktionen, gerade auf das zuletzt erschienene „Hearts Unchained„. Aber auf eine kaum zu ergründende Weise, springt der Funke heute nicht so richtig auf das Publikum über, gleichzeitig wird die Band frenetisch bejubelt.
Galerie mit 17 Bildern: Obliteration - Braincrusher In Hell 2023Auf Platte mindestens interessant erwischen die Norweger OBLITERATION auf dem diesjährigen Braincrusher In Hell gewissermaßen einen blinden Fleck. Das liegt daran, dass deren zweifellos tight gespielter, garstiger Death Metal in seiner häufig gewollt undynamischen Art in der Running Order wie ein kleiner Bremser wirkt und vielleicht früher besser aufgehoben wäre. Auch die Halle hat sich zwischenzeitlich ein wenig geleert, was eigentlich schade ist, denn verkehrt machen die Skandinavier zunächst einmal nichts. Nur will der Funke an dieser Stelle nicht so recht überspringen.
Galerie mit 20 Bildern: Strigoi - Braincrusher In Hell 2023Zu bereits vorgerückter Stunde erscheint Greg Mackintosh (PARADISE LOST) mit seinem Sidekick STRIGOI auf der spärlich beleuchteten Bühne und liefern, wie alle Bands zuvor einen extrem hochwertigen Sound von der Bühne. Die Lautstärke ist mittlerweile auf einem Heavy-Metal-Event würdigen Niveau und die Briten zocken dynamisch und abgeklärt ihr Set. Die Band hat es dennoch schwer, das Publikum so richtig in ihren Bann zu ziehen. Auf der einen Seite stehen GRAVE bereits in den Startlöchern, auf der anderen Seite hat sich nach der BODYFARM-Show so etwas Lethargie in der Halle breitgemacht. Irgendwann plätschert das Konzert nur noch vor sich hin, was aber mitnichten an den Musikern liegt.
Galerie mit 14 Bildern: Grave - Braincrusher In Hell 2023Wenn man an Old-School-Death-Metal denkt, kommt man GRAVE einfach nicht vorbei. Gerade deshalb, weil die Schweden schon seit 1986 unterwegs und damit den meisten Landsleuten einen Schritt voraus sind. Außerdem ziert die Musik nicht ausschließlich das HM2-Pedal, was für die gewünschte Abwechslung sorgt. Neben „Into The Grave“ und „Soulless“ hat die Band nebenbei zwei gefeierte Alben und Meilensteine des Genres veröffentlicht. Von der ersten Sekunde an schaffen es GRAVE, die Meute vor der Bühne zu einem ausgelassenen Stelldichein zu animieren und so wird geschupst und gepogt, es fliegen die Haare und Fäuste werden gereckt. Praktisch jedes Wort von Ola Lindgren wird mitgegrowlt und überall sieht man – jawohl – glückliche Menschen. Basser Tobias Christianson verkörpert den schwedischen Death´n´Roll-Typus wie kein anderer und als Lindgren „You´ll Never See“ ankündigt, gibt es kein Halten mehr. Danach geht alles ganz schnell: Der Groove-Rhythmus am Schlagzeug leitet den Nummer Eins Hit „Soulless“ ein, zum Schluss schickt die Band das Braincrusher In Hell 2023 „Into The Grave“.
Als die Lichter angehen, ist der Abend für viele noch lange nicht vorbei und es entwickeln sich heiße Diskussionen über Musik, es werden neue und alte Freundschaften begossen und mittendrin ein sichtlich dankbarer Veranstalter. Auch das sind die Eindrücke eines familiären, liebevoll inszenierten Festivals, zudem man auch im Jahr 2024 gerne pilgern wird.
Text: Patrick Olbrich, Oliver Di Iorio
Bilder: Stefan Schumann
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Ich war auch vor Ort und stimme dem Bericht weitestgehend zu außer dem doch sehr negativ wirkenden Teil zu Imha Tarikat. Hipster weil man noch keine 30 Jahre Bandgeschichte vorzuweisen hat? Der Funke springt nicht über aber die Band wird frenetisch bejubelt? Ja was denn nun? Ich war jedenfalls sehr angetan von dem Auftritt.
Ich freue mich jedenfalls auf die nächste Ausgabe des Festivals und versuche wieder dabei zu sein. Hier hat man noch das Gefühl eine Veranstaltung von Fans für Fans mitzuerleben.