Blind Guardian
Somewhere Far Beyond Tour 2022
Konzertbericht
BLIND GUARDIAN haben jüngst mit „The God Machine“ endlich ihr neues Album vom Stapel gelassen, das beim Kollegen Hans Völkel sehr gut ankam und auch von einem weiteren Teil der Redaktion überwiegend positiv aufgenommen wurde. Doch das neueste Werk der Krefelder sollte auf der aktuellen Tour nur eine untergeordnete Rolle spielen. Denn die derzeitige Konzertreise der Band steht ganz im Zeichen eines ihrer größten Klassiker. „Somewhere Far Beyond“ wird dieses Jahr 30 Lenze alt und eigentlich sollte bereits im vergangenen Jahr eine Jubiläumstour dazu stattfinden, was dann aus den allseits bekannten Gründen nicht ging. Ähnlich wie schon vor ein paar Jahren, als BLIND GUARDIAN „Imaginations From The Other Side“ in voller Länge darboten, so sollte auch heute das 1992er-Werk im Fokus der Setlist stehen. Wir haben uns die Shows in Oberhausen und Osnabrück angeschaut und unsere Ergebnisse in Bild- und Textform festgehalten.
BLIND GUARDIAN spielen „Somewhere Far Beyond“ in Albumreihenfolge…
Wer braucht schon Vorbands, wenn das Set lang genug ist? Das denken sich von auch BLIND GUARDIAN, die gegen viertel nach acht ihr Intro laufen lassen, das aus Ausschnitten einer Dokumentation über „Somewhere Far Beyond“ und dessen Entstehungsprozess besteht. Szenen aus einer anderen Ära mit den damals noch blutjungen Musikern, welche aber damals schon mit einer großen Vision agieren. Die Introsequenz ist mit über zehn Minuten zwar etwas lang geraten und manch einer im Publikum versteht es ein Stück weit auch als Selbstbeweihräucherung, das ist jedoch bei einer Band diesen Formats, die solch einen Klassiker im Gepäck hat auch gerechtfertigt.
Als BLIND GUARDIAN die Bühne dann betreten fällt der Vorhang und die Band legt, natürlich, mit „Time What Is Time“ los. Wer schon einmal auf einem Konzert der Gruppe war weiß, dass hier Perfektionisten am Werk sind und so ist der Sound von Minute eins an sehr druckvoll, differenziert und nahezu perfekt abgemischt. Zwischen den einzelnen Stücken leitet ein sichtlich gut aufgelegter Hansi Kürsch durch das Konzert. Seine Ansagen haben was die Länge betrifft heute fast Tobias-Sammet-Niveau, doch das muss bei der Aufführung eines so wichtigen Albums innerhalb der Banddiskografie eben sein, so Kürsch. Warum sogar Interludes wie „Black Chamber“ einer eigenen Ansage bedürfen erschließt sich zwar nicht jedem, ist aber auch nicht so wichtig.
Die ersten zehn Stücke der Setlist kann jede:r nachschauen, der das Album bei sich im Regal hat. Besonders geschätzt werden natürlich selten live gespielte Hits wie „Theatre Of Pain“ und auch „Ashes To Ashes“ und der Titeltrack kommen mehr als nur sehr gut an. Das durch die Albumposition recht früh im Set befindliche „The Bard’s Song – In The Forest“ trifft auf warmgesungene Kehlen, Kürsch überlässt die Aufgabe des Singens hier, wie immer, größtenteils der Crowd des ausverkauften Hyde Parks. Als die letzten Töne von „Somewhere Far Beyond“ verklingen, ist natürlich aber noch lange nicht Schluss mit dem Konzert.
Galerie mit 28 Bildern: Blind Guardian – play Somewhere Far Beyond Tour 2022…und anschließend noch ein Best-Of-Set mit Neunziger-Fokus
Deutlich weniger Ansagen gibt es in der zweiten Setlistenhälfte. BLIND GUARDIAN lassen hier die Musik für sich sprechen und haben noch einen bunten Strauß voller Klassiker im Gepäck, wobei kaum eines der Stücke aus der 2000er-Ära kommt. Den Anfangsdreier des Best-Of-Sets machen „Lord Of The Rings“, „Nightfall“ und „Born In A Mourning Hall“, womit die Band direkt konzeptuell ins Schwarze trifft. Erst dann gibt es die Information, dass die Band ja auch ein neues Album am Start hat und mit „Deliver Us From Evil“ hören wir den einzigen Song des Abends, der nicht mindestens 24 Jahre auf dem Buckel hat.
Danach gibt es dann noch ein wenig BLIND GUARDIAN par excellence mit „Lost In The Twilight Hall“ und dem üblichen, vorzeitigen „Abschied“ in Form von „And The Story Ends“. Natürlich lässt sich das Publikum davon nicht beeindrucken und die Zugaberufe wären auch kaum nötig gewesen, so schnell ertönt das Intro zum Zugabenblock, der mit „Into The Storm“ eröffnet wird. Anschließend folgen noch die letzten beiden Songs, ohne die ein Konzert der Power-Metal-Legende wohl kaum komplett wäre. „Valhalla“ wird vom Publikum wie immer auf gefühlte fünfzehn Minuten gestreckt und das Set beschließt „Mirror, Mirror“. Unter tosendem Applaus verabschieden sich BLIND GUARDIAN dann von der Bühne.
BLIND GUARDIAN hinterlassen an diesem Abend viele glückliche Gesichter, die bestätigen, dass mit „Somewhere Far Beyond“ eine goldrichtige Wahl für eine Livedarbietung getroffen wurde. Doch seien wir mal ganz ehrlich: die Band könnte so ziemlich jedes Werk ihrer Diskografie in voller Länge darbieten und die Fans würden ihnen aus der Hand fressen. Nach dieser Vollbedienung an Klassikern wird es nun aber hurtig Zeit für eine „The God Machine“-Tour, denn an diesen Abenden haben BLIND GUARDIAN erneut bewiesen, was für eine Live-Macht sie sind.
Fotos: Janine Ulbrich (Oberhausen, 13.09.)
Text: Jannik Kleemann (Osnabrück, 17.09.)
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