Blind Guardian
Beyond The Red Mirror Tour - live in Stuttgart 2015

Konzertbericht

Billing: Blind Guardian und Orphaned Land
Konzert vom 2015-05-01 | Liederhalle, Stuttgart

BLIND GUARDIAN

Die Umbaupause fällt erfreulich kurz aus, was zusammen mit dem frühzeitigen Showbeginn zur Folge hat, dass BLIND GUARDIAN bereits zwanzig Minuten vor 21 Uhr auf der Bühne erscheinen. Ein extralanger Konzertabend also? Jein, die von Sänger Hansi Kürsch versprochenen „kommenden zwei Stunden, vielleicht auch etwas länger“ werden zwar eingehalten, dass man sich aber bereits vor 23 Uhr wieder auf dem Heimweg befindet, fühlt sich für regelmäßige Konzertgänger ziemlich merkwürdig an. Sei’s drum, mit knapp drei Stunden Netto-Spielzeit für beide Bands dürfte auch der schwäbischste Konzertgast heute nichts am Preis-Leistungsverhältnis auszusetzen haben.

Selbstbewusst starten BLIND GUARDIAN mit dem „Beyond The Red Mirror“-Opener „The Ninth Wave“ in ihren Set und ernten von Anfang an noch euphorische Reaktionen als ihre Vorband. Das Bühnenbild wirkt aufgeräumt, keine Beamer-Projektionen sollen vom musikalischen Treiben der Band ablenken. Beiderseits des Drumkits ragen dagegen zwei „Spiegel“ empor, in denen flatternde Stoffbahnen immer wieder einen überraschend eindrucksvollen stilisierten Flammeneffekt erzeugen. So spiegelt die Bühnenshow gekonnt den gegenwärtigen musikalischen Stand im Hause BLIND GUARDIAN wieder: Die Krefelder schöpfen mit unverändert großer Kelle aus dem Bombast-Topf, wirken dabei aber gleichzeitig so erdig und bodenständig wie schon lange nicht mehr. Kein Wunder also, dass „Beyond The Red Mirror“ mitsamt der laufenden Tour die Band auf einem neuen Höhepunkt ihres Schaffens zeigt

Galerie mit 18 Bildern: Blind Guardian - Beyond The Red Mirror Tour - Blind Guardian live in Stuttgart 2015

Eine perfekte Setlist zusammenzustellen erweist sich angesichts des umfangreichen BLIND-GUARDIAN-Backkatalogs ohnehin als Ding der Unmöglichkeit – selbst ohne Spielzeitbegrenzung müssten Band und Publikum wohl längst erschöpfungsbedingt die Segel streichen, bevor der letzte „zwingende Klassiker“ verklungen wäre. Angesichts dessen darf man mit der getroffenen Auswahl absolut zufrieden sein, nur nach „Majesty“ verlangt die Menge zwar mehrfach und lautstark, letztlich aber vergebens. Ich für meinen Teil hätte zugunsten des „Battalions Of Fear“-Openers jedenfalls auch darauf verzichten können, zum gefühlt tausendsten Mal „Mirror Mirror“ als Rausschmeißer kredenzt zu bekommen.

Auch wenn BLIND GUARDIAN sich „Majesty“ verweigern, hat die Band offensichtlich – möglicherweise durch die Arbeit am „Traveler’s Guide To Space And Time“-Boxset – die Liebe für die ganz alten Kamellen wiederentdeckt, so gibt es neben dem unvermeidlichen „Valhalla“ auch „Banish From Sanctuary“ und „Guardian Of The Blind“ auf die Ohren. Ihren Höhepunkt erreicht die Stimmung aber beim grandiosen „The Last Candle“, dessen zweistimmige Outro-Chöre von der Menge minutenlang zelebriert werden. Kein Wunder, dass das Publikum mit fortschreitender Konzertdauer Ermüdungserscheinungen zeigt – ganz im Gegensatz zur Band, die von der ersten bis zur letzten Sekunde Vollgas gibt und die Fans erfolgreich dazu anstachelt, auch die letzten Kraftreserven zu mobilisieren.

Eine kurze Verschnaufpause gibt es bei „Miracle Machine“ und „Lord Of The Rings“, bei denen der in bestechender Form den Takt angebende Frederik Ehmke zu einem kleineren Drumkit am vorderen Bühnenrand wechselt, während Marcus Siepen und André Olbrich sich sitzend mit Akustikgitarren bewaffnen. Doch das „Verschnaufen“ ist natürlich umso relativer, wenn man dabei aus voller Kehle den Text mitsingt. Auch „Bright Eyes“, „And The Story Ends“, „Into The Storm“ und natürlich „Valhalla“ strapazieren die Kehlen der Fans offensichtlich so sehr, dass ihnen beim obligatorischen „Bard’s Song“ im Zugabenblock merklich die Puste ausgeht und Hansi Kürsch einen überraschend großen Teil des Gesangs selbst beisteuern muss.

Am Ende wirken also die Zuschauer etwa genauso erschöpft wie die Musiker – ein BLIND-GUARDIAN-Konzert erspart allen Beteiligten den Besuch im Fitnessstudio. Schade, dass es dabei nur die Band ist, die derzeit täglich in den Genuss dieses speziellen Workout-Programms kommt.

 

Setlist BLIND GUARDIAN:

  • The Ninth Wave
  • Banish From Sanctuary
  • Nightfall
  • Fly
  • Tanelorn (Into The Void)
  • Prophecies
  • The Last Candle
  • Miracle Machine
  • Lord Of The Rings
  • Bright Eyes
  • Twilight Of The Gods
  • And The Story Ends
  • War Of Wrath
  • Into The Storm
  • Guardian Of The Blind
  • Valhalla
  • Wheel Of Time
  • The Bard’s Song – In The Forest
  • Mirror Mirror

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07.05.2015

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