Bang Your Head!!!
Der große Festivalbericht 2014
Konzertbericht
Freitag, 11.07.2014
Eine schlechte Nachricht gibt es für Fans der Düsseldorfer Thrasher WARRANT gleich zu Beginn des Festivals: Die Band muss ihren Auftritt aufgrund einer Sehnenscheidenentzündung ihres Drummers leider absagen. Schade, hatten sich doch etliche Fans auf den Gig der Band gefreut. Die Rolle des Openers übernehmen die Lokalmatadoren von TRAITOR, die sich ebenfalls im Thrash Metal heimisch fühlen und dem – zugegebenermaßen noch nicht allzu zahlreich erschienen – Publikum ordentlich einheizen. Einen Originalitätspreis wird die Band nicht mehr gewinnen, aber ihr Thrash, den man eindeutig dem Jahr 1985 zuordnen kann, weiß live zu überzeugen und so kann die Band sich mit der Erkenntnis mehr als ein würdiger Ersatz gewesen zu sein von den Fans verabschieden.
Auch die folgenden ACCU§ER lassen sich von der frühen Spielzeit nicht beeindrucken und kredenzen ihren Fans ein Thrash-Brett, das sich gewaschen hat. Frank Thoms und seine Bande scheinen seit ihrer Reunion im Jahr 2002 immer besser zu werden. Hier sitzen die Breaks, die Riffs spalten einem den Schädel und mit Hymnen wie “Who Dominates Who” im Gepäck kann man eigentlich nicht viel falsch machen. Tun ACCU$ER auch nicht, weshalb auch sie ihren Gig als vollen Erfolg werten können.
Nachdem es zum Wachwerden zwei Mal kompromisslos zur Sache ging, stehen um kurz nach elf Uhr die Zeichen auf Epik und Melodie. In vielen Fällen wird der Begriff ‘kult’ eindeutig überstrapaziert, aber im Fall von WARLORD trifft er den berüchtigten Nagel auf den Kopf. Die wiedererstarkte Band um Mastermind Bill Tsamis konnte in den Achtzigern, trotz zweier bärenstarker Releases, nie über den Status eines Geheimtipps hinaus kommen. Einem breiteren Publikum wurden WARLORD erst durch die HAMMERFALL-Coverversion “Child Of The Damned” auf deren Debütalbum bekannt. Natürlich ist die Nummer auch heute im Set und kann an zweiter Stelle in selbigem schon dazu beitragen, dass WARLORD überzeugen. Viele Positionswechsel, sowie ein bestens aufgelegter Bill Tsamis und Material vom Schlag “Winter’s Tears”, “Lucifer’s Hammer” oder “Deliver Us From Evil” sorgen für den Rest. Zwar ist vor der Bühne auch bei WARLORD längst nicht das komplette BYH-Publikum versammelt, abgefeiert wird die Band aber auch so. Alles Andere wäre beim ersten Tageshighlight auch völlig unverständlich.
VAIN haben die sehr gute Leistung ihrer Landsleute von WARLORD wohl mitbekommen und gehen von Beginn an sehr ambitioniert zu Werke. Sänger Danny Vain ist gut bei Stimme und seine Sidekicks ziehen mit ihrem Glam Metal etliche Fans vor die Bühne. Dass ein Großteil sich mittig im Set der Band wieder entzieht, liegt weniger an dem nicht wirklich optimalen Sound und auch nicht an der Performance der Band. Ein heftiger Platzregen hat das Gelände erreicht und so suchen die meisten Fans Schutz unter den wenigen überdachten Stellen. VAIN machen natürlich gute Miene zum bösen Spiel, können nach diesem kleinen Bruch den Faden aber nicht mehr richtig aufnehmen. So steht unter dem Strich ein guter, aber nicht überragender Gig.
Galerie mit 10 Bildern: Kissin' Dynamite - Bang Your Head 2014
Den wiederum spielen KISSIN‘ DYNAMITE, die ein Heimspiel haben und nach 2009 zum zweiten Mal auf dem BYH spielen. Damals waren die Burschen um Sänger Hannes noch blutjung und hatten einen Bubi-Bonus, der heute natürlich wegfällt. Man muss den Schwaben attestieren, dass sie über die Jahre zu einer extrem guten Liveband gereift sind. Hannes hat das Publikum von der ersten Sekunde an im Griff, stolziert bei “I Will Be King” wie einst Freddie Mercury in rotem Umhang über die Bühne und feixt die ganze Zeit über mit dem Publikum. KISSIN‘ DYNAMITE addieren zu ihrem Glam Metal eine gehörige Portion Spielfreude, ein wenig Rockstargehabe (inklusive Mitsingspielchen) und gehen auch aufgrund des Gute-Laune-Faktors als zweites Highlight über die Ziellinie. Trotz anfänglicher technischer Probleme liefert das Quintett eine starke Show. Hut ab!
Auch RIOT (oder wie sie heuer heißen RIOT V) passen mit ihrem energiegeladenen Power Metal zum BYH wie die Faust aufs Auge. Mit einem weinenden und einem lachenden Auge kann man auch die Show der Band bezeichnen. Auf der einen Seite haben RIOT V eine sehr gelungene Songauswahl für das BYH zusammengestellt (u.a. “Johnny’s Back”, “Thundersteel” und “Fight Or Fall”) und werden dafür vom Publikum auch zu Recht gefeiert. Andererseits fehlt der vor zwei Jahren gestorbene Bandgründer Mark Reale aufgrund seines Charismas doch sehr. Ersatzmann Nick Lee ist alles andere als ein schlechter Gitarrist und spielt sich die Bälle mit Mike Flyntz ähnlich gekonnt zu wie Flyntz es mit Mark Reale getan hat. Auch Sänger Michael Todd Hall ist kein Schlechter und weiß das Publikum zu dirigieren, das ihm spätestens nach “Wings Are For Angels” aus der Hand frisst. Trotz der gelungenen Show ist man immer noch etwas wehmütig, wenn man einen Gig von RIOT V sieht.
Galerie mit 16 Bildern: Exodus - Bang Your Head 2014
Viel Zeit für Trauer bleibt aber nicht, denn in Form von EXODUS kommt die ultimative Zerstörungsmaschine auf die Bühne und bläst alles weg. Eigentlich kann die Band keine schlechten Konzerte spielen, dafür sind die Riffattacken des Gitarrendoppels Holt/Altus zu präzise und das Spiel von Drummer Tom Hunting zu sehr in die Magengegend gehend. Mit Rückkehrer Steve ‘Zetro’ Souza (der zuletzt 2004 mit EXODUS auf einer Bühne stand) für Sänger Rob Dukes, sind EXODUS für nicht wenige Fans in ihrer stärksten Besetzung in Balingen vor Ort. Zetro hat sich erneut perfekt ins Bandgefüge eingebunden und genießt es augenscheinlich absolut, wieder mit der Band auf der Bühne stehen zu können. Das war es dann aber auch mit Harmonie und so, denn vornehmlich standen erste Klasse Thrasher wie “Bonded By Blood”, “War is My Shepard”, “Piranha” oder “The Toxic Waltz” auf dem Tableau, die mit ordentlichen Pits abgefeiert werden und eindrucksvoll unterstreichen, dass die Bay Area Thrasher eine der besten Livebands überhaupt sind. Die anwesenden Thrasher sind nach dem Gig erwartungsgemäß ausgepowert, orientieren sich in Richtung Tränke, und auch uns steht der Kopf nach Stärkung in Form von Nahrungsaufnahme, wodurch eine detaillierte Begutachtung von MICHAEL SCHENKER’S TEMPLE OF ROCK ins Wasser fällt, Augenzeugen uns aber berichten, dass “der Typ ordentlich gerockt hat”.
Pünktlich zu SEBASTIAN BACH sind wir dann in freudiger Erwartung vieler “Fuck them”, “Motherfucker” oder einfach “Fuck You” wieder auf dem Gelände. Als ich Herrn Bach das letzte Mal in Balingen gesehen habe, war ein freundliches “Fuck” (in erstaunlich vielen Varianten) die meistbenutzte Vokabel des ehemaligen SKID ROW-Fronters. Bei SEBASTIAN BACH wird das BYH von etwas Rockstarflair erfüllt. Der Mann rockt, wirbelt mit dem Mikro herum, singt und interagiert mit dem Publikum, wie man es von ihm kennt. Schon nach zwei Songs wird der erste Roadie lang gemacht, weil Bach Probleme mit seinem Mikrofon hat (woran das wohl liegen mag?) und es gibt die ersten Kraftausdrücke zu vernehmen. Alles wie immer also? Nicht ganz, denn heute schreit Bach mehr als er singt und macht dadurch Nummern wie “Slave To The Grind” oder “Big Guns” ganz schön kaputt. Da bringt es auch nichts, wenn man eine super aufeinander eingespielte Band dabei hat. “18 & Life”, “I Remember You” und das geniale “Youth Gone Wild” singt er hingegen wieder perfekt. Warum nicht über die gesamte Distanz so? Unter dem Strich geht die Performance in Ordnung und irgendwie war die Show auch witzig, allerdings habe ich SEBASTIAN BACH schon besser gesehen.
Galerie mit 10 Bildern: Axel Rudi Pell - 25th Anniversary Show - Bang Your Head 2014
Dass der Freitagabend ganz im Zeichen von AXEL RUDI PELL steht, war schon nach dem Interview mit metal.de zu seinem aktuellen Album klar. Eine dreistündige Show inklusive STEELER-Reunion hatte der Saitenhexer ausgerufen und dabei nicht zu viel versprochen. Pünktlich um 20:00h gehen STEELER (Axels erste Band) dann auch auf die Bühne und legen mit “Call Her Princess” sofort ordentlich los. Sound gut, Licht gut – die PELL-Party kann beginnen. Chronologisch arbeitet der Meister seine Karriere ab und hat sich dafür etliche (ehemalige) Gastmusiker ins Boot geholt. Jeff Scott Soto ist ebenso dabei wie Rob Rock und Harry. Harry? Ja, der Polizist aus Bochum (“Toto & Harry” anyone?) fungiert zwischen den einzelnen Abschnitten der Pell‘schen Karriere als Moderator, macht dabei aber keine wirklich gute Figur. Das mag der Tatsache geschuldet sein, dass der Mann üblicherweise nicht vor so einer Menschenmenge sprechen muss – deshalb Schwamm drüber. Das gilt natürlich nicht für Herrn Pell selbst, der bei den ersten Nummern einige Probleme mit seinem Monitorsound hat, sich davon aber die gute Laune nicht verderben lässt. Auch seine Mitstreiter haben mächtig Spaß bei dem Auftritt, so dass man allerorts zufriedene Gesichter sieht. Kein Wunder, denn die Band bringt mit AXEL RUDI PELL-Standards wie “Rock The Nation”, “Fool Fool” oder “Nasty Reputation”, das ganz stark von Rob Rock vorgetragen wird, genau das, was die Fans für eine ausgiebige Rockparty brauchen. Zwar sind drei Stunden Pell am Stück auch für Die-Hard-Fans eine Herausforderung und gegen Ende des regulären Sets stellen sich leichte Erschöpfungserscheinungen ein. So geht “Rock The Nation” als letzter Song ein erstes Mal an die Reserven der Fans, die die Band dann doch mit lautstarkem Applaus in eine kurze Pause entlassen. Es folgt eine Umbaupause, die in einem Drum-Battle zwischen Vinnie Appice (u.a. ex-BLACK SABBATH) und dem aktuellen AXEL RUDI PELL-Drummer Bobby Rondinelli mündet. Von der Idee her nicht schlecht, kann man aus einer solchen Aktion doch interessante Sachen hervorbringen. Da die beiden Herren primär auf Synchrondrumming setzen, wird so etwas wie ein Spannungsbogen natürlich nicht aufgebaut und es ergeht den beiden wie den meisten Drummern bei ihren Soli (was hier auf keinen Fall abwertend gemeint sein soll – es ist aber leider so) widerfährt: Die Trauben um die Getränkestände werden zusehends größer. Nach diesem kleinen Stimmungstief entschädigt die Band aber mit einem furiosen Zugabeteil, der sogar die Zeitvorgabe des Ordnungsamts überschreitet und von Veranstalter Horst Odermatt mit den Worten “heute könnt ihr so lange spielen, wie ihr wollt. Wir zahlen die Zeche” kommentiert wird. Kein Wunder, denn die Stimmung ist zum Wiedereinstieg in die Show über dem Siedepunkt. DEEP PURPLEs “Black Night” ist als Einstieg in den Zugabeteil perfekt gewählt und wird von PRETTY MAIDS-Frontmann Ronnie Atkins stark intoniert. Dass AXEL RUDI PELL ein Blackmore-Fan ist, weiß jeder Hard Rocker und so ist es nicht verwunderlich, dass sich mit “Mistreated” später noch eine PURPLE-Coverversion eingeschlichen hat. Aber auch die anderen Coverstücke (u.a. “Sympathy” (URIAH HEEP), “Tush” (ZZ TOP), “Since You’ve Been Gone” (RUSS BALLARD/RAINBOW, gesungen von Graham Bonnet)) sind die perfekten Partysongs und mit dem unvermeidlichen “Smoke On The Water” bilden einem wunderbaren Abschluss des ersten Festivaltages. Glückseelig werden die Fans bei noch ein oder zwei Getränken in die verdiente Nachtruhe entlassen.
Interessante Alben finden
Auf der Suche nach neuer Mucke? Durchsuche unser Review-Archiv mit aktuell 37240 Reviews und lass Dich inspirieren!
Axel Rudi Pell, Ektomorf, Exodus, Grave, Kissin Dynamite, Mad Max und Traitor auf Tour
07.12.24 | metal.de präsentiertThe Hard Circle - Festival 2024 (Festival)RuhrCongress, Bochum, Bochum |
13.12.24 | metal.de präsentiertThe Hard Circle - Festival 2024 (Festival)Oberschwabenhalle, Ravensburg |
14.12.24 | metal.de präsentiertThe Hard Circle - Festival 2024 (Festival)Knock Out Festival, Karlsruhe |
Alle Konzerte von Axel Rudi Pell, Ektomorf, Exodus, Grave, Kissin Dynamite, Mad Max und Traitor anzeigen » |
Kommentare
Sag Deine Meinung!