Bang Your Head!!!
Der große Bericht - Bang Your Head!!! 2012

Konzertbericht

Billing: Orden Ogan, Wizard, Warbringer, Venom, Vanderbuyst, Thin Lizzy, Tankard, Sabaton, Primordial, Primal Fear, Powerwolf, Pain, Arch Enemy, Moonsorrow, Kamelot, Gotthard, Firewind, Exodus, Edguy, Diamond Head, Crashdiet, Axxis und Armored Saint
Konzert vom 2012-07-13 | Messegelände, Balingen

 

PRIMAL FEAR

(15:50 – 16:45)

Obwohl PRIMAL FEAR eine der ersten Metal-Bands waren, mit denen ich mich intensiver auseinandergesetzt habe, habe ich die Truppe in den letzten Jahren etwas aus den Augen verloren. Da ist es umso schöner, dass im Grunde bei der Band alles beim Alten geblieben ist. Freilich, mit Alex Beyrodt und Magnus Karlsson sind inzwischen zwei neue Gesichter an den Gitarren zu sehen, der Trademark-Sound ist jedoch über die Jahre hinweg im Grunde immer gleich geblieben und lädt auch heute zum raschen Mitsingen und Mitwippen ein.

Herausragend ist wieder einmal der Gesang von Frontmann Ralf Scheepers, der gemeinsam mit Bassist Mat Sinner das Rückgrat der Band bildet. Im schnelllebigen Musikgeschäft sind die beiden Schwaben eine große Konstante und PRIMAL FEAR so etwas wie ein sicherer Heimathafen, zu dem man immer wieder gerne zurückkehrt, in dem stets gute Laune und Party-Stimmung garantiert ist und der einen nie ernsthaft enttäuscht. Dass sich hier nichts wirklich aufregendes, neues findet, verzeiht man gerne, wenn der Auftritt schließlich mit einem unvermeidlichen Klassiker wie „Metal Is Forever“ endet, dessen markanter Intro-Schrei in Metaller-Kreisen zwar oft parodiert wird, Ralf Scheepers aber gerade dadurch erst absolut unsterblich gemacht hat.

Galerie mit 20 Bildern: Primal Fear - Bang Your Head!!! 2012

 

PRIMORDIAL

(17:00 – 18:00)

Die Sonne brennt immer noch vom Himmel und treibt den Schweiß aus allen Poren. Und bei diesen Bedingungen soll man die atmosphärisch dichten Black-Metal-Kompositionen der Iren PRIMORDIAL genießen können? Zumindest ich habe damit so meine Probleme und mache mich lieber wieder auf die Suche nach etwas essbarem. Das soll nun die musikalische Leistung der Mannen um Alan A. Nemtheanga keineswegs herabwürdigen, die geben sich alle Mühe und schaffen es auch eine respektable Zuschauermenge bestens zu unterhalten. Dennoch werde ich das Gefühl nicht los, dass sie zu späterer Stunde in der Halle wesentlich besser aufgehoben gewesen wären.

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SABATON

(18:20 – 19:20)

Für einige steht nun so etwas wie der „heimliche Headliner“ auf dem Programm. Und tatsächlich erreicht die Stimmmung bei SABATON ihren absoluten Höhepunkt. Dabei ist der heutige Triumphzug keine Selbstverständlichkeit, denn erst vor kurzem haben Sänger Joakim Brodén und Bassist Pär Sundström ihre gesamte Hintermannschaft ausgewechselt und die Position des Keyboarders gar komplett abgeschafft. Ob die neue Besetzung also an die grandiose Form der „alten SABATON“ anknüpfen kann, die vor zwei Jahren in Balingen bereits zur Mittagszeit frenetisch bejubelt wurden?

Sie kann. Und um die beiden neuen Gitarristen Thobbe Englund und Chris Rörland gleich standesgemäß einzuführen, bekommt jeder der beiden im Laufe des Sets einmal ein Mikro vor die Nase gehalten, um den Gesang für einzelne Textzeilen zu übernehmen. Anschließend weiß man wenigstens, dass die beiden ihren Job ausschließlich ihrer Fingerfertigkeit und nicht ihren oralen Künsten zu verdanken haben. Dem gewaltigen Publikumszuspruch, dass gerade auch die Neumitglieder mit offenen Armen willkommen heißt, tut das keinen Abbruch.

Galerie mit 28 Bildern: Sabaton - Bang Your Head!!! 2012

Natürlich steht Frontmann Joakim Brodén mit Porno-Brille, Irokesen-Schnitt und Brustpanzer-Sixpack im Mittelpunkt des kollektiven Interesses. Es grenzt an ein Wunder, dass er sich mit seinen ausladenden Gesten inmitten all der emporlodernden Flammensäulen nicht die Finger verbrennt. Und obwohl er sichtlich Spaß an seiner Rolle als Frontmann hat, merkt man seinen Ansagen auch noch immer jene unbedarfte Schüchternheit an, die es gar nicht recht glauben will, dass gerade mehrere tausend Menschen ihm zujubeln. Das ist es, was diese Truppe besonders sympathisch macht und auch die altbekannten „Noch ein Bier!“-Rufe und selbstironischen Sprüche nicht abgedroschen wirken lässt.

Die Auftrittszeit vergeht wie im Fluge und obwohl natürlich auch mehrere Stücke vom jüngsten Output „Carolus Rex“ auf der Setlist stehen, sind es vor allem die Klassiker wie „Cliffs Of Gallipoli“ und „Primo Victoria“, die die Fans Wort für Wort mitsingen und wild klatschend abfeiern. Und nachdem Frontmann Joakim intensiv mit dem überdimensionierten, rosafarbenen Aufblas-Penis eines Fans herumgepost hat, lässt er es sich nicht nehmen, seine Sonnenbrille an einen Fan zu verschenken und während des abschließenden „Metal Crüe“ einen kleinen Stagediving-Ausflug ins Publikum zu unternehmen. Starke Show, starke Musik, starke Band.

 

GOTTHARD

(19:40 – 20:55)

Während sich der Abend auf das Messegelände herab senkt, wird es Zeit für GOTTHARD. Auch die Schweizer hatten einen Besetzungswechsel zu verzeichnen, wenngleich dessen Hintergründe eher trauriger Natur sind. Zwei Jahre nach dem tragischen Unfalltod von Sänger Steve Lee steht man nun mit dessen Nachfolger, dem Halbaustralier Nic Maeder, erstmals wieder in Deutschland auf einer großen Festivalbühne. Und dieser liefert eine respektable Leistung ab, wenngleich er nicht ganz an die Leistung seines Vorgängers herankommt.

Im Vergleich mit dem vorangegangenen SABATON-Auftritt ist es im Zuschauerraum zwar ungefähr gleich voll, aber nicht halb so laut. Statt wild mitzufeiern ist hier eher stilles Genießen angesagt. Dennoch vermag die GOTTHARD-Show mitzureißen. Die Setlist weist genügend launige Hard-Rock-Nummern auf, die zudem erstaunlich kitscharm daherkommen. Bei „Lift U Up“, „Dream On“ oder „Hush“ kann man gar nicht anders als mitzuwippen, lauthals den Refrain zu singen und zu klatschen. Das einzige, was mich ernsthaft nervt, ist die „Mighty Quinn“-Coverversion, die GOTTHARD zwar nicht ganz so sehr verschandeln wie es der Komponist des Stücks Bob Dylan persönlich bisweilen zu tun pflegt, wirklich besser macht das die Sache aber auch nicht.

Galerie mit 13 Bildern: Gotthard - Bang Your Head!!! 2012

 

EDGUY

(21:15 – 22:50)

Bereits mit seiner ersten Ansage erfüllt Tobi Sammet wieder einmal die Erwartungen aller Fans und Gegner seines speziellen Humors gleichermaßen: „Wir haben gestern in Tschechien gespielt,“ erklärt er – und natürlich war das Publikum dort um Welten besser als heute in Balingen. „Da könnt ihr leider gar nix dagegen tun, das ist halt einfach so. Ihr könnt mir auch gerne alle den Stinkefinger dafür zeigen – ich komm dann auch nicht und hau euch eine aufs Maul dafür…“ Ein starkes Statement, Tobi, beide Daumen hoch dafür, auch wenn zu diesem Zeitpunkt wohl bei weitem noch nicht alle Zuschauer die Anspielung auf die Geschehnisse des Vorabends verstehen können.

Doch genug von Tobi Sammets Sprüchen, reden wir lieber über die Musik von EDGUY. Denn musikalisch bewegen sich die Fuldaer inzwischen längst auf Headliner-Niveau, da beißt die Maus keinen Faden ab. Die Power-Metal-Wurzeln beschreiben den Sound der Band inzwischen nur noch sehr unzureichend, längst hat die Stadionrock-Komponente an Gewicht gewonnen. Und damit passen EDGUY perfekt auf ein Festival wie das „Bang Your Head!!!“, was auch ein Großteil der anwesenden Fans so sieht. Die Reaktionen sind zwar nicht ganz so heftig wie bei SABATON, aber doch durchaus positiv.

Auf der Setlist stehen heute – wie Tobi auch vollmundig ankündigt – einige Raritäten. So wird mit „Tears Of A Mandrake“ ein Bandklassiker gleich an zweite Stelle gesetzt und „Vain Glory Opera“ gar gänzlich gestrichen, damit Platz für unter anderem „Spooks In The Attic“, „Out Of Control“ und „9-2-9“ geschaffen wird. Doch auch Standards wie „Superheroes“, die Ballade „Save Me“ oder „Lavatory Love Machine“ werden berücksichtigt. Die Gitarristen Dirk Sauer und Jens Ludwig, sowie Bassist Tobias Exxel posen wieder einmal wild um die Ecke und haben sichtlich Spaß an der Show. Soweit also eigentlich alles beim Alten.

Galerie mit 40 Bildern: Edguy - Bang Your Head!!! 2012

Doch dann verläuft dieser Auftritt plötzlich überhaupt nicht mehr nach Plan. Während eines Solo-Parts in „9-2-9“ turnt ein gewohnt hyperaktiver Tobi Sammet auf dem in die Zuschauermenge hinausragenden Bühnensteg herum, macht einen Rückwärtsschritt – und ist plötzlich verschwunden. Während die Zuschauer noch spekulieren, was da eben passiert ist, müssen die sichtlich verwirrten Instrumentalisten eine gute Minute ohne ihren Frontkasper überbrücken. Doch gerade als sie den Song abbrechen wollen, kehrt Sammet blutüberströmt auf die Bühne zurück und singt das Lied zu Ende.

Tatsächlich hat sich der Frontmann beim unglücklichen Sturz vom rund zwei Meter hohen Steg auf den Asphaltboden des Bühnengrabens neben ein paar Schürfwunden auch einen Nasenbeinbruch, sowie schwere Prellungen an Rippen und Hüfte zugezogen. Die besorgten Gesichter der Helfer am Bühnenrand sprechen Bände und immer wieder muss Sammet kurz an die Seite treten und sich das Blut aus dem Gesicht tupfen lassen. Doch ein Showabbruch kommt für ihn nicht in Frage, unter sichtlichen Schmerzen bringt er den Auftritt professionell zu Ende.

Üblicherweise müsste ich nun über das wieder einmal viel zu lange und nichts neues bietende Drum-Solo von Felix Bohnke schimpfen (hatte ich bereits erwähnt, dass ich Drum-Soli generell ziemlich überflüssig finde?). Da sich hier aber wenigstens den Sanitätern einmal die Gelegenheit bietet, Sammets Verletzungen etwas genauer unter die Lupe zu nehmen und zu versorgen, erfüllt das Solo heute endlich einmal einen sinnvollen Zweck. Sammet selbst scheint sein Unfall etwas peinlich zu sein, wenngleich er sich nicht zu schade für den ein oder anderen Witz auf eigene Kosten ist.

„Für diejenigen unter euch, die gesagt haben ‚EDGUY ist ein Scheiß-Headliner, die können wir in Balingen gar nicht gebrauchen‘, hab ich schlechte Nachrichten. Der Arzt hat gesagt, das Set heute Abend können wir schon noch fertig spielen, bevor die Nase amputiert wird.“ So kommt man auch noch in den Genuss von „Babylon“, dessen Ende für das kurze Anspielen von IRON MAIDENs „The Trooper“ unterbrochen wird. Nach „Ministry Of Saints“ geht die Band dann schließlich von der Bühne und angesichts der Tatsache, dass sich in den Zeitplan im Laufe des Tages immer mehr Verspätungen eingeschlichen haben und das Curfew bereits verdächtig nahe gerückt ist, fürchte ich kurzzeitig sogar, dass es das tatsächlich schon gewesen sein könnte.

Doch glücklicherweise irre ich mich. „Der Arzt hatte leider noch keine Zeit für mich – ich bin halt nur Kassenpatient,“ verkündet Sammet grinsend. So gibt es noch „Out Of Control“ und das obligatorische „King Of Fools“ zu hören, wobei letzteres bereits mit dem großen Abschluss-Feuerwerk zusammenfällt. Man muss EDGUY nicht unbedingt mögen, aber wie sie sich heute präsentiert haben, lässt keine Zweifel an ihrer Headliner-Würdigkeit zu. Vor allem aber muss man der Professionalität Tobi Sammets Respekt zollen, für den trotz schmerzhafter Verletzungen ein Abbruch der Show nicht in Frage kam. Wo am Vortag eine gebrochene Nase noch den verachtungswürdigen Ausraster eines Gitarristen gegenüber einem Zuschauer markierte, so ist sie heute das Zeichen für einen im positiven Sinne herausragenden Einsatz eines Sängers für sein Publikum – welch bemerkenswerte Ironie des Schicksals!

 

Sei’s drum, eigentlich will ich mir nach der EDGUY-Show noch EXODUS in der Halle angucken. Offensichtlich bin ich da aber nicht der einzige und angesichts der Menschenmassen, die nun alle in dieselbe Richtung strömen, sowie meinem fortgeschrittenen Erschöpfungsgrad, beschließe ich, von meinem Vorhaben Abstand zu nehmen und direkt nach Hause zu fahren. Damit habe ich heute zwar alle drei Hallenbands – neben EXODUS spielten die griechischen Thrasher SUICIDAL ANGELS und Peter Tägtgrens Electro-Pop-Spielwiese PAIN – verpasst, doch sei’s drum. Man kann eben nicht überall gewesen sein.

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27.07.2012

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