Bang Your Head!!!
Der große Bericht - Bang Your Head!!! 2012
Konzertbericht
Samstag, 14.07.2012
Im Vergleich zum gestrigen Tage wird es heute richtig voll auf dem Gelände. Klar, Samstag ist auch kein Arbeitstag, zudem spielt heute das Wetter deutlich besser mit, statt Regen gibt’s heute Sonnenbrand. Und wo man bei VENOM gestern noch mühelos mitten in der Show einen Platz in den vordersten Reihen finden konnte, drängt es sich am Abend bei der EDGUY-Show ziemlich dicht vor dem Wellenbrecher, der den Zuschauerraum aus Sicherheitsgründen in zwei Hälften teilt. Soviel also zu der Frage, ob die Hessen einen würdigen Headliner darstellen.
LANFEAR
(10:50 – 11:35)
Noch müde vom extralangen Festival-Freitag komme ich auch heute wieder mit ordentlicher Verspätung in Balingen an. Die Sleaze-Rocker SISTER verpasse ich dadurch zwar, wirklich tragisch finde ich das aber nicht, denn als Aufwach-Mucke brauche ich eh irgendwas anderes – LANFEAR zum Beispiel. Der progressiv angehauchte Power-Metal der Heilbronner weiß mit einem Händchen für gute Melodien und anspruchsvollen, aber nie prätentiös daherkommenden Kompositionen zu überzeugen. Bislang kannte ich wenig mehr als den Namen der Band, nun werde ich sie aber definitiv auf dem Schirm behalten.
Das ist auch der Verdienst ihrer engagierten Show und ihres sympathischen Frontmannes Nuno Miguel de Barros Fernandes. Der portugiesischstämmige Kurpfälzer versucht die Merchandise-Verkäufe durch augenzwinkernde Mitleidsheuchelei anzukurbeln: „Ich will nicht zurück in dieses schwäbische Bergwerk und Maultaschen abbauen!“ In Kombination mit seinem verzweifelten Hundeblick ein wirklich überzeugendes Argument. Musikalisch gibt man sich weniger klamaukig und kann auf ganzer Linie überzeugen. Und vermutlich dürfte ich nicht der einzige Neu-Fan sein, den LANFEAR mit ihrer heutigen Show für sich gewinnen konnten.
Galerie mit 10 Bildern: Lanfear - Bang Your Head!!! 2012
WARBRINGER
(11:45 – 12:30)
WARBRINGER sind typische Vertreter der jüngsten Thrash-Welle. Mit herausragenden Innovationen können sie nicht gerade punkten, dafür zelebrieren sie den klassischen Bay-Area-Sound mit Leidenschaft und Hingabe. Handwerklich ist das super gemacht und weiß auch zu unterhalten, trotzdem wird man das Gefühl nicht los, dass es solche Formationen inzwischen wieder wie Sand am Meer gibt. Folgerichtig lässt sich das Publikum hier nicht wirklich aus der Reserve locken und ich gehe dann bald doch lieber ein Bierchen trinken.
Galerie mit 7 Bildern: Warbringer - Bang Your Head!!! 2012
BREAKER
(12:40 – 13:30)
Dass sie in diesem Jahr ihr 30-jähriges Bandjubiläum feiern, kann man BREAKER überdeutlich anhören. Ihr traditioneller Heavy-Metal-Sound verzichtet auf jedwede modernen Schnörkel und passt damit bestens aufs „Bang Your Head!!!“. Mich fasziniert besonders der Kontrast zwischen dem extrem jugendlich wirkenden und wild posenden Gitarristen Shaun Vanek und dem die gesetzte Seriosität eines Michael Douglas ausstrahlenden Sänger Jim Hamar. So gerät die Show auch ohne echte Höhepunkte recht kurzweilig.
Galerie mit 12 Bildern: Breaker - Bang Your Head!!! 2012
TANKARD
(13:40 – 14:30)
Höhepunkte findet man bei TANKARD reichlich. So haben die Frankfurter unter ihren Fans ein Gewinnspiel veranstaltet dessen zwei Gewinner links und rechts am Bühnenrand auf Bierkästen sitzend die Show aus nächster Nähe genießen und dabei auch noch gratis Bier trinken dürfen. Natürlich trägt man dabei entsprechend schrille Outfits und bangt und post ordentlich mit, so dass die Aktion auch für die Zuschauer vor der Bühne eine extrem unterhaltsame Angelegenheit ist.
Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht aber Rampensau Gerre, dessen erfrischend herzliche und humorvolle Art nicht erst durch die „Rock Guerilla.tv“-DVDs des „Rock Hard“ bekannt geworden ist. Hatte er erst vor kurzem mit Unterstützung der „Weight Watchers“ in ziemlich beeindruckender Weise an Körperumfang verloren, so sind einige der Pfunde offenbar inzwischen wieder zurückgekehrt. Gut in Form ist er dennoch und wird nicht müde, kontinuierlich auf der Bühne hin und her zu rennen und das Publikum zum Abfeiern zu animieren.
Dieses lässt sich auch nicht lange bitten und feiert TANKARD nach allen Regeln der Kunst ab. Mögen die Thrash-Attacken der Hessen noch so simpel gestrickt sein, als Party-Kracher sind sie umso effektiver. Und seien wir mal ehrlich, das ist es auch, wofür TANKARD nach wie vor stehen: Einfach nur Bier trinken und Spaß haben. Das mag den Ansprüchen des Bildungsbürgertums kaum genügen und durchaus ein kleines bisschen asselig sein, aber wer sich darüber ernsthafte Gedanken macht, ist hier ohnehin einfach fehl am Platz.
Mit seiner Rolle als pfundiger Frauenschwarm liebäugelt Gerre beim Titeltrack des aktuellen Albums „A Girl Called Cerveza“. Hier tobt die Tänzerin aus dem zugehörigen Videoclip (die live übrigens noch eine ganze Ecke mehr Sex-Appeal ausstrahlt) mit dem Sänger gemeinsam über die Bühne und nimmt ihn dabei so hart ran, dass er hinterher über seinen lädierten Rücken jammert und sich damit als ganz schön alter Sack outet. Macht aber nix, die Fans lieben Gerre trotzdem und so lassen sich die geforderten „hübschen Mädels“ nicht lange bitten, beim abschließenden „(Empty) Tankard“ auf die Bühne zu kommen und mit der Band zu feiern, wobei „hübsch“ natürlich immer im Auge des Betrachters liegt…
Galerie mit 20 Bildern: Tankard - Bang Your Head!!! 2012
AXXIS
(14:45 – 15:35)
Geschlaucht von der fetten TANKARD-Party und der unbarmherzig brennenden Sonne verkrieche ich mich mit einem kühlen Getränk in den Schatten und verpasse somit einen Großteil des AXXIS-Gigs. Dabei liefern diese dem Vernehmen nach eine absolut runde Show mit hohem Unterhaltungswert ab. Als ich schließlich doch noch vor die Bühne gehe, um ein paar Fotos zu schießen, holt Frontmann Bernhard Weiß gerade einen jugendlichen Festivalbesucher zu sich, blödelt ein wenig mit ihm herum und lässt ihn dann einen Song lang Bühnenluft schnuppern. Eine absolut sympathische Aktion, die mich auch bereitwillig darüber hinwegsehen lässt, dass mir der Hard-Rock-Sound der Band eigentlich eine ganze Ecke zu kitschig ist. Und trotzdem drängt sich meinem sonnenverbrannten Hirn unweigerlich der Gedanke auf, ob man sich in der heutigen Zeit wirklich noch guten Gewissens so kinderlieb geben darf, ohne in den Augen von manch übereifrigem Moralapostel gleich dem Pauschalverdacht der Pädophilie ausgesetzt zu sein…?
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